Druckartikel: Empört über Vorwurf von Partyterror in Bamberg

Empört über Vorwurf von Partyterror in Bamberg


Autor: Jutta Behr-Groh

Bamberg, Dienstag, 02. April 2013

Der Stadtmarketing-Verein fühlt sich in der wieder entfachten Debatte um Events in der Fußgängerzone zu Unrecht an den Pranger gestellt. Und teilt seinerseits aus.
Der Bamberger Maxplatz als Fanmeile Foto: Ronald Rinklef/Archiv


Sind es wirklich die Großveranstaltungen, die Krach, Vandalismus und Verschmutzung nach sich ziehen? Oder hat es vielmehr mit der veränderten Ausgehkultur und einer zunehmenden Rücksichtslosigkeit zu tun, dass Innenstadt-Bewohner unter Wildpinklern und Lärm leiden, der ihnen den Schlaf raubt?

Für Klaus Stieringer, den Geschäftsführer des Vereins Stadtmarketing, geht die von genervten Bürgern geübte Kritik an den Festen und Feiern in der Stadtmitte jedenfalls zu weit.

Namentlich Gisela Schlenker, der Frau, die sich seit einigen Jahren zum Sprachrohr der Lärm geplagten Bewohner gemacht hat, unterstellt er, sie wolle sich auf Kosten anderer profilieren. Stieringer im FT-Gespräch wörtlich: "Ich lasse mir die Veranstaltungen nicht kaputt machen, nur weil jemand in den Stadtrat will!"

CSU-Mitglied Schlenker hat, wie sie sagt, polemische Reaktionen wie diese erwartet, nachdem sie und andere Bewohner der Innenstadt sich im FT vom 28./29. März sehr kritisch geäußert hatten.

Unter der Überschrift "Partyterror: Lärm, Müll, Fäkalien" hatte die Lokalredaktion Leute zu Wort kommen lassen, die morgens immer wieder Speisereste oder Erbrochenes vor ihren Haustüren und Urin im Briefkasten beseitigen müssen. Und die einen Zusammenhang herstellen mit Großveranstaltungen, wie sie auch der Verein Stadtmarketing ausrichtet.

Stieringer redet die Lärmproblematik nicht klein. Das ist auch für ihn ein Problem, rührt seiner Meinung nach aber mehr vom Nichtrauchergesetz her, das die Leute zum Nikotinkonsum aus den Lokalen ins Freie nötigt, und davon, dass Jüngere erst ausgehen, wenn die Älteren schon ihre Ruhe haben wollen.

Daraus entstehende Interessenskonflikte seien in einer Universitätsstadt wie Bamberg eben größer als dort, wo es keine oder wenige Studenten gibt.

Der Stadtmarketing-Mann will sich jedenfalls den "Schwarzen Peter" nicht zuschieben lassen. Er verweist auf "umfangreiche Maßnahmen", mit denen der Verein in der Vergangenheit auf Bitten und Beschwerden aus der Bevölkerung eingegangen sei, räumt aber ein: "Es gab Veranstaltungen, die die Stadt belastet haben." Deshalb gehören die Biertage und die Eisbahn der Vergangenheit an, sei das Benefiz-Open-Air auf Wunsch der Anwohner vom Maxplatz auf die Jahnwiese verlegt worden.

Auch bei den etablierten Events, die das Stadtmarketing an insgesamt 17 Tagen veranstaltet, sei der Verein den Bewohnern der Innenstadt vielfach entgegengekommen, betont Stieringer: "Bamberg zaubert" etwa habe früher bis 24 Uhr gedauert, seit drei Jahren sei um 22.30 Uhr Schluss. Beim Blues- und Jazzfestival auf dem Maxplatz spiele die Musik nur bis 22 Uhr. Im vergangenen Jahr erreichten ihn laut seiner Aussage zwei Beschwerden. Unkontrollierte Partys in lauen Sommernächten seien vermutlich lauter, glaubt der Citymanager.

Claus Hofmann, der Vorsitzende des Einzelhandelsverbands in Bamberg, argumentiert ähnlich: "Das Hauptproblem ist und bleibt die Verunreinigung und der Lärm. Jedoch ist das an allen Tagen der Fall, sobald das Wetter schön ist - egal ob es eine Veranstaltung gibt oder nicht."

Als Inhaber des Cigarrenhauses Weinig in der Hauptwachstraße profitiert Hofmann nach eigenen Angaben von Veranstaltungen auf dem Maxplatz. Er beziffert das Umsatzplus an solchen Tagen auf 20 bis 30 Prozent.

Matthias Hinz, der im Krackhardtshaus an der Ecke Maxplatz/Grüner Markt mit Mode und Waffen handelt, beurteilt die Veranstaltungen im Herzen der Stadt ebenfalls eher positiv. Fast alles sei besser als der leere Platz.

Insbesondere das Jazz-und Blues-Festival bringt nach seinen Worten "nicht nur Musik, sondern auch Kundschaft, wertige Kundschaft".

Laut Hinz ist der örtliche Handel mittlerweile sogar auf Frequenz bringende Veranstaltungen angewiesen, weil Einheimische ihre Einkäufe zunehmend in den Gewerbegebieten am Stadtrand erledigen würden, wo es reichlich Parkplätze gibt.

Den Ärger über Wildpinkler und nächtlichen Lärm kann der Kaufmann verstehen. Doch auch er glaubt, dass es sich um Phänomene handelt, die nichts mit den organisierten Veranstaltungen zu tun haben. Ihn ärgern zum Beispiel all die Hundehalter, die zulassen, dass ihre Vierbeiner an die Fassade seines Ladens pieseln. Es sollen gar nicht wenige sein.

Stieringer, der auch Mitglied des Stadtrats ist und seit Kurzem der SPD-Fraktion angehört, geht noch weiter. Er behauptet, wenn es auf dem Maxplatz zum Beispiel kein Public Viewing gäbe, dann käme es für die Anwohner während einer Fußball-Weltmeisterschaft eher schlimmer.

Seine Begründung: Wer die Fanmeile (veranstaltet von Radio Bamberg) besucht, wird am Einlass kontrolliert, darf weder Waffen, Alkohol noch lärmende Vuvuzelas mitnehmen. Ohne Public Viewing würden sich die Fans trotzdem in der Innenstadt treffen und vermutlich grenzenlos feiern.

Die Kritik aus Bürgerkreisen scheint den Citymanager auch deshalb so zu wurmen, weil er tut, was sein satzungsgemäßer Auftrag ist - und dafür auch schon verschiedene Preise erhalten hat: die Frequenz in der Innenstadt zu steigern, zur Lebens- und Aufenthaltsqualität beizutragen. Die Veranstaltungen seien kein Selbstzweck, sondern sollten dem (auch wirtschaftlichen) Wohl Bambergs dienen. Weil sie kostenfrei seien, hätten auch viele etwas davon.