Eli Wasserscheid ist "die Neue" am Tatort in Franken
Autor: Michael Schulbert
Bamberg, Freitag, 22. August 2014
Letzte Woche Theater, nächste Woche Tatort. Gestern Killerin, morgen Kommissarin. Alles fließt bei Eli Wasserscheid. Ob wir der Bambergerin vor Drehbeginn ein paar Geheimnisse entlocken können?
Nierentische, Lampenschirme aus plissiertem Plastik, ein Fernsehschrank - das extravagante Foyer des Metropol-Theaters im Münchner Stadtteil Freimann ist eine Hommage an die fünfziger Jahre. Mit Ausdauer und Einsatz hat es ein harter Kern in 15 Jahren geschafft, die Adresse zu einer der renommiertesten Off-Theater-Bühnen im deutschsprachigen Raum zu machen. Gespielt wurde vor der Sommerpause "Kinder des Olymp" nach dem Film-Klassiker von 1945. Im ehemaligen Kinosaal. Das passt.
Eli Wasserscheid hat gleich vier Rollen übernommen. Das passt auch, denn sie lässt sich ungern festlegen. "Ich habe immer frei gearbeitet und war nie im festen Engagement. Das ergab sich so. Aber dadurch hatte ich auch die Chance, viel Verschiedenes zu machen", erklärt die Schauspielerin, die in Hamburg und Mannheim, Berlin und Bregenz, in Landshut und am Gostner Hoftheater Nürnberg gearbeitet hat. Das "Metropol" ist seit 2008 ihre künstlerische Heimat geworden, wo sie auch mal Co-Regie führt.
"Kinder des Olymp" - das ist fast eine Hinführung auf das Abenteuer, das jetzt vor Eli Wasserscheid liegt. Ganz oben in der TV-Königsdisziplin ist sie angekommen, wenn am Dienstag in Nürnberg und Umgebung die Dreharbeiten für den ersten "Tatort" aus Franken beginnen, der im Frühjahr 2015 ausgestrahlt werden soll. "Ich schaue Sonntagabend regelmäßig Tatort. Das ist ein Ritual. Und ich habe schon früher bei Freunden aus Spaß immer gesagt, ich würde da mal Kommissarin, weil ich das Format so mag", freut sich Eli und klatscht in die Hände, als könne sie es immer noch nicht so richtig glauben, dass sie nun mit dabei sein wird. "Es ist ein Geschenk. Überwältigend."
Die Detektivarbeit der Schauspielerin
Max Färberböcks Buch trägt den Titel "Der Himmel ist ein Platz auf Erden" und wird von der Schauspielerin seit Wochen gehütet wie ein Schatz. "Ich darf nichts verraten", sagt sie. Aber Gedanken mache sie sich schon über diese Wanda Goldwasser. "Dieser Name stand fest, bevor ich besetzt wurde. Goldwasser - Wasserscheid. Was für ein schöner Zufall." Ob sie eine Sportive ist, eine Beflissene, eine Neunmalkluge oder eine Durchtriebene? "Man erarbeitet das: mit dem Regisseur, der Redakteurin, dem Autor, den Kostüm- und Maskenbildnern. Aber interessant ist ja, was zwischen den Zeilen steht. Wie bewegt sie sich, was strahlt sie aus. Das ist die Detektivarbeit, die wir Schauspieler leisten." Kommissarin Goldwasser - heißt es - werde im Franken-Team eher die Rolle einnehmen, die früher Michael Fitz im Münchner "Tatort" bei Nemec und Wachtveitl innehatte. BR-Redakteurin Stephanie Heckner verriet kürzlich, das "jüngste Kind" von Deutschlands erfolgreichster Krimi-Reihe werde "radikal darin sein, Figuren zu ergründen und in Psychologien tief einzusteigen - auch bei den Hauptkommissaren". Kein "Heimatkrimi" also.
In der neuen "Tatort"-Mordkommission Nürnberg, die mit der Rechtsmedizin in Erlangen und Würzburg kooperieren soll, werden neben Eli Wasserscheid noch ihre Kollegen Fabian Hinrichs, Dagmar Manzel und Matthias Egersdörfer ermitteln. Man muss keine Angst haben, dass "Wanda" im Quartett abtaucht: Eli ist Team-Playerin. "Wir waren zu Hause sieben Geschwister - sechs Mädchen und ein Junge. Ich bin die Nummer vier, also mittendrin. Ich hatte das Glück, von allen etwas mitzubekommen. Das Gelenk sozusagen. Das nutzt mir auch in diesem Beruf, der ja sehr viel mit Teamgeist zu tun hat. Ich habe gelernt, Dinge zu verbinden", verdeutlicht die 35-Jährige.
Aufgewachsen ist die Tochter eines Konrektors und einer Ärztin mitten in der Bamberger Altstadt in unmittelbarer Nähe des heutigen Künstlerhauses. Schon als Gymnasiastin zog es sie in die Schultheatergruppe: "Die war nur für die Oberstufe und ich noch viel zu jung. Aber ich habe so lange gebettelt, bis man mich aufgenommen hat." Die erste Rolle: ein Bratsche spielender Baum im "Sommernachtstraum". Über die VHS-Theatergruppe kam die Schülerin zum Brentano-Theater, wo Martin Neubauer ihr Mentor wurde. "Mir war klar, dass dies mein Beruf werden musste." Von 1998 bis 2001 absolvierte die Darstellerin eine Ausbildung an der Neuen Münchner Schauspielschule bei Ali Wunsch-König. Regelmäßig ist Eli Wasserscheid neben ihrer Thea terarbeit im Fernsehen zu sehen, spielte u. a. in den Serien "München 7" und "Um Himmels Willen" und war 2013 Pathologin in zwei Münchner "Tatorten", einer davon unter der Regie von Dominik Graf. Mit ihm drehte sie jüngst ihren ersten Kinofilm "Die geliebten Schwestern".
Auch wenn sie in der Landeshauptstadt lebt, zieht es die Schauspielerin regelmäßig nach Bamberg: "Die Familie ist meine Kraftquelle. Hier tanke ich auf. Zeit haben, Natur genießen - über den Michelsberg oder durch den Domgrund zur Altenburg spazieren. Ein Konzert der Symphoniker. Das ist einfach schön." Beim Familientreffen zu Pfingsten wird das Auto von Eli, die selber noch keinen Nachwuchs hat, schon mal Anziehungspunkt für ihre 13 Neffen und Nichten, die hier Kinder-HipHop zu hören bekommen.
Angst, mit dem "Tatort" nicht mehr so frei zu sein und in ein Korsett geschnürt zu werden, hat Eli Wasserscheid nicht. Theater bleibt in jedem Fall weiter eine Herzensangelegenheit: "In einer Zeit, in der alles gespeichert wird, lebt die Bühne für den Moment. Das ist toll." Gleich nach Abschluss der Dreharbeiten beginnen im "Metropol" die Proben für das Stück "Die Opferung von Gorge Mastromas", das am 23. Oktober herauskommt. Eli Wasserscheid ist froh: "Ich muss mich von nichts verabschieden."
Kommentar: Alles ganz geheim
Irgendwie finde ich es schade, dass Hannelore Hoger als ZDF-Ermittlerin Bella Block 2015 den Dienst quittieren will. Nicht nur, weil in ihren Fällen mehr Rotwein als Blut geflossen ist und dies der Spannung trotzdem keinen Abbruch tat. Auch die Art, wie sie ihre Lebenspartner, Kollegen oder gar den Chef anblaffte, während sie den Seelenqualen von Opfern und Tätern vergleichsweise sanft, am Ende aber doch knallhart begegnete, machten diese Kommissarin zu etwas ganz Besonderem.
Aber vielleicht gibt es ja in der ARD eine junge Nachfolgerin aus Bamberg, wer weiß? Eli Wasserscheid, die wir Ihnen hier etwas näher vorstellen konnten, darf mitwirken im ersten Franken-"Tatort". Und ihr Rollenname als Kommissarin - Wanda Goldwasser - klingt doch fast noch ein bisschen flüssiger als Bella Block oder Rosa Roth. Auf der Bühne im Münchner Metropol-Theater ist die 35-jährige Schauspielerin jedenfalls grandios. Wir sind gespannt, wie sie sich bei der Nürnberger Mordkommission schlägt.
Ansonsten macht der Bayerische Rundfunk um seinen neuen Krimi ja ein Riesen-Geheimnis. Wenn der BND nicht das Handy des Intendanten abgehört hätte, wüssten wir wahrscheinlich nicht einmal, dass sich Pelzig "bälzt" und erst mal guckt, ob er vielleicht beim zweiten Mal mitmacht. Aber ganz im Ernst: Die Informationsquellen aus dem Vatikan sprudeln üppiger als die aus dem BR-Hochsicherheitstrakt. Jetzt - wo doch sogar die BND-Zentrale in Pullach bei München ihre geheimen Diensträume geöffnet hat und die Büros fotografieren ließ, nachdem die Spione ausgezogen waren.
Ich hoffe ja bloß, dass sich "Tatort"-Autor Max Färberböck nicht im Schlaflabor verbarrikadiert hat, sondern einen spannenden Fall aus Franken mit aufgeweckten Ermittlern schöpft. Dann hätte die Geheimniskrämerei wenigstens Sinn gehabt.