Eisberge im Memmelsdorfer Kindergarten-Keller
Autor: Anette Schreiber
Memmelsdorf, Dienstag, 05. August 2014
Hagel vereiste Montagabend die Gullys und quetschte Eis durch den Kellerschacht des Mem mels dorfer Christopherus Kindergartens. Ausnahmezustand! Feuerwehr, Bürgermei ster und Pfarrer waren im Sondereinsatz.
Ausnahmezustand in Memmelsdorf: 20 Uhr heftigster Regen, dann Hagel satt. Die Folge: vereiste, komplett dichte Gullys, Eis im Kindergartenkeller, Rückstaus bis ins Berggebiet - jede Menge Arbeit für die Feuerwehren. Erster Alarm um 20.11 Uhr, Einsatzende 2 Uhr. Mittendrin Erster Kommandant Udo Winkler, Bürgermeister Gerd Schneider und Pfarrer Peter Barthelme.
Feuertaufe fürs Gemeindeoberhaupt, temporärer Rollentausch für den Kommandanten, denn erstmals war auch sein Keller voll gelaufen. "So was haben wir hier noch nicht erlebt", sagt der Kommandant und meint den Hagel. Er wohnt seit 47 Jahren in der Filzgasse und dort hat er ebenso lange noch keinen gefluteten Keller erlebt. Und kein Regenrohr, das von oben bis unten vereist war - zugestopft mit Hagel. Der hatte eine solche Konsistenz, dass er sich sogar teilweise bis zum Dienstag gehalten hat.
"Der ganze Hang war weiß," beschreibt Sybille Groß die befremdende Szenerie. In ihrer Einfahrt haben sich zwei komplett vereiste Hagelkornstreifen bis Dienstagvormittag gehalten. Nicht stand hielten dem Toben hingegen Kräuter und Gewürze, "entblättert," stellt die Memmelsdorferin aus der Waldstraße trocken fest. Zum Glück nahmen die Autos in der Einfahrt keinen Schaden. Keine Selbstverständlichkeit, hat sie in ihren Blumenkasten doch noch Hagelkörner entdeckt "so groß wie Murmeln."
Wie auf dem Gletscher
Die formierten sich zu dem, was die (ehrenamtliche) Kindergartengeschäftsführerin Silvia Pfister als Gletscher beschreibt. Zunächst hatte Pfarrer Peter Barthelme die Kirchenpflegerin "nur" deswegen angerufen, weil er Fotos für die Versicherung von den Wasserschäden in der Sakristei machen lassen wollte. Und Hilfe beim Trockenlegen brauchte. Wie hat Barthelme die Bescherung überhaupt entdeckt? "Wenn es so stark regnet, ist es selbstverständlich, sich umzusehen." Naturgemäß in der Kirche, aber da war im Gegensatz zur Sakristei nur minimal Wasser durch den Türspalt eingedrungen.
Nach getaner Arbeit sah Silvia Pfister, dass die Feuerwehr bei der Pizzeria pumpt. So kam sie spontan auf die Idee auch beim nahe gelegenen Kindergarten St. Christopherus nachzusehen. Sie wollte ihren Augen nicht trauen: "Eisberge! Wie aufm Gletscher." Und jede Menge schmutziges Wasser. Über 70 Zentimeter hoch. Silvia Pfister hat zuerst die Feuerwehr und dann den Pfarrer verständigt: "Hier ist Weltuntergang." Sofort rückte Barthelme - in seinen Sonntagstretern und der guten Hose an. Wenig später stießen Ministranten, die ebenfalls in der Feuerwehr aktiv sind, von ihrem Zeltlager dazu, um zu helfen. Die vielen Kartons mit Kleinteiligem und Papier erschwerten die Arbeit und verstopften die Pumpen.
"Wenn wir die Feuerwehr nicht gehabt hätten, die haben mehr gemacht, als sie müssten," ist Silvia Pfister dankbar. Das reguläre Personal war am Dienstag mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Bis der Geruch verschwindet, wird es dauern. Nächste Woche sind Kindergartenferien, wagt Barthelme einen Ausblick. Dann wird richtig saubergemacht. Er ist jedenfalls erleichtert, dass nur der Keller betroffen ist und kein Mensch zu Schaden kam. Und die Kirchenpflegerin kann nur immer wieder das tolle Engagement der Feuerwehrleute loben.
Ordentliche Ausrüstung ist das A und O
Voller Einsatz für Feuerwehr, aber auch für Pfarrer und Bürgermeister. Schneider hat jedenfalls gleich einiges gelernt: Wie wichtig es ist, die Gemeindefeuerwehren ordentlich auszurüsten. Das nimmt er von seinem Einsatz an der Koordinierungs-Front mit.
Winkler spricht von 19 Einsatzorten in Memmelsdorf, also voll gelaufenen Kellern. Nach Eingang der Meldung werden sie abgearbeitet. Ein Einsatz betraf wie bereits erwähnt Winklers eigenen Keller. "Zum Glück gehen die Waschmaschinen noch." Vieles andere muss er wie die Mitbetroffenen auf die Straße schaffen und in die Abfallcontainer bringen, die der Bauhof am Dienstag aufstellte. Auch hier Mehrarbeit. Manche Wohnung war unbewohnbar geworden, hat Schneider am Rande erfahren. Etwa von fünf Personen. Aber die kommen zum Glück bei Familienangehörigen unter.
Außer in Memmelsdorf waren wegen des Unwetters unter anderem die Hallstadter und Breitengüßbacher Wehren im Einsatz. "Für den Einzelnen sicher nicht schön, aber keine Katastrophe zumindest aus unserer Sicht," sagt Rüdiger Heußinger vom Katastrophenschutz am Landratsamt.