Einsatz für die Hälfte: Bamberger Notärzte kritisieren Vergütung
Autor: Sebastian Martin
Bamberg, Dienstag, 13. Januar 2015
Seit dem 1. Januar gelten neue Vergütungsregeln für Notfallmediziner in Bayern. Das verändert auch die Voraussetzungen in Stadt und Landkreis Bamberg. Experten äußern große Bedenken.
Den Bamberger Notärzten ergeht es in diesen Tagen ähnlich wie ihren gefrusteten Kollegen in Nürnberg oder Augsburg. Dort ist der Streit um die neugeregelte Vergütung bereits eskaliert. In Augsburg waren Anfang Januar zwei Notarztwagen für einige Stunden nicht besetzt. Es wollte kein Arzt freiwillig Dienst schieben. Ein Zeichen des Protests, der für Aufmerksamkeit gesorgt hat - schließlich geht es hier um Menschenleben.
Seit Anfang Januar gilt die neue Vergütung für Notärzte. Diese sei "ein heißes Eisen", sagt auch ein Bamberger Notarzt, der nicht genannt werden will. Demnach wird pro Einsatz nur noch ein Betrag von 45 Euro bezahlt, der noch versteuert werden muss - ganz egal, ob am Tag oder in der Nacht und wie lange der Einsatz dauert. Bis zum Dezember waren es noch 90 Euro pro Einsatz am Tag und 111 Euro in der Nacht.
Standort Bamberg betroffen
Einschneidend ist diese Änderung vor allem für die 20 bis 25 Notärzte unmittelbar am Standort Bamberg, wo allein in einer normalen Nacht vier bis fünf Einsätze gefahren werden.
Notärzte erhalten zwar auch eine Standortpauschale, die leicht erhöht wurde von vier auf 13 Euro pro Stunde am Tag und von acht auf 16 Euro pro Stunde in der Nacht. Doch kann das an einem Standort mit vielen Einsätzen wie Bamberg (6000 im Jahr) die geringere Einsatzvergütung nicht ausgleichen.
"Nicht der richtige Weg"
"Es ist eine Halbierung des Gehalts", sagt Dr. Lothar Beierlein, ärztlicher Leiter Rettungsdienst und Notarzt im Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Bamberg-Forchheim. Ein Grund für den Frust vor allem für selbstständige Notärzte, die auch noch Krankenversicherung, Berufshaftpflicht und Altersvorsorge komplett aus der eigenen Tasche bezahlen müssen.
Die Neuregelung durch die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB), die für die Notärzte zuständig ist, sollte ländliche Standorte, wo es naturgemäß weniger Einsätze gibt, attraktiver machen, indem die Pauschale - also der Stundenlohn - erhöht wurde. Doch gibt es wohl einen Fehler im System: "Die Bezahlung an Standorten mit wenig Einsätzen hat sich zwar verbessert, aber man hat das Geld größeren Standorten weggenommen. Das kann nicht der richtige Weg sein", kritisiert Beierlein.
Und auch an den kleineren Standorten lohne sich das neue Vergütungssystem nur unter bestimmten Umständen: Der 58-Jährige selbst war in der vergangenen Woche Mittwoch- und Donnerstagnacht im Dienst. In den beiden Nächten hatte er keinen einzigen Einsatz. Nach der neuen Regelung hat er also mehr Geld bekommen als früher, da die Bereitschaftspauschale erhöht wurde. Doch: Hätte er bereits zwei Einsätze gehabt, wäre er wohl aufgrund der Reduzierung des Einsatzgeldes mit weniger nach Hause gegangen als noch nach der alten Regelung.
Beierlein glaubt, dass die Änderung auch an den kleinen Standorten auf Dauer ein Nullsummenspiel ist.
"Es wird nicht mehr die Leistung belohnt", sagt Beierlein. Früher gab es außerdem entsprechende Zeitzulagen, wenn Einsätze länger als 90 Minuten dauerten, wie etwa bei schweren Autounfällen mit eingeklemmten Personen. Doch auch das ist passé.
Was passiert im zweiten Quartal?
"Die notärztliche Versorgung in Bamberg ist geregelt und gesichert", versichert Hans-Joachim Herold, Sprecher der Bamberger Notärzte. Das sagt auch sein Kollege Lothar Beierlein über den gesamten Zweckverband Bamberg-Forchheim mit den Notarztstandorten Bamberg, Scheßlitz, Schlüsselfeld, Ebermannstadt, Forchheim und Gräfenberg. Allerdings kann man das laut Beierlein nur für das erste Quartal sagen. Schließlich seien die Dienstpläne bereits im Dezember gemacht worden - noch bevor die neue Regelung bekannt gegeben wurde.
Die Einbußen der Notärzte seien für das erste Vierteljahr auch auf maximal 15 Prozent gedeckelt worden. Wie es danach aber weitergehe, könne man noch nicht abschätzen.
In Augsburg jedenfalls konnten aufgrund des Vergütungsstreits manche Notarztdienste kurzfristig nicht besetzt werden. Wobei: Die Sicherstellung der Versorgung liegt bei der KVB. Im Notfall müsste sie Lücken im Dienstplan mit externen Notärzten auffüllen. Eine Unterversorgung dürfte also nicht drohen.