Eine Reise entlang dem 50. Breitengrad
Autor: Petra Mayer
Bamberg, Dienstag, 06. November 2012
Mädchen der Bamberger Maria-Ward-Schulen dokumentierten mit Gleichaltrigen aus vier weiteren Ländern das Leben entlang der europäischen Mittellinie. Was sie zum Lachen, Träumen oder Staunen brachte, zeigen 70 Moment-Aufnahmen ab 9. November im Medienhaus an der Gutenbergstraße.
Kahle Bäume, durch deren Zweige die Sonne schimmert. Halbversunken sind unter einer samtenen Schneedecke Grabsteine: Stumme Zeugen, die an jene erinnern, die man hier zur letzten Ruhe bettete - im Lauf von fünf Jahrhunderten. Welche Schicksale stehen hinter den Inschriften, kaum mehr zu entziffernden Namen?
"Schatten der Vergangenheit" nannte Katharina Rittmaier ihre Aufnahme vom jüdischen Friedhof in Walsdorf. Sie gehört zu den 70 Bildern der Ausstellung "Transit @ school", die 130 Jungen und Mädchen aus fünf Ländern bei ihrer Reise durch Frankreich, Belgien, Luxemburg, Deutschland und Polen entlang dem 50. Breitengrad festhielten: einer Linie im Koordinatensystem der Erde, die zwei Jahre lang 22 Schülerinnen aus Bamberg mit Jugendlichen aus Deauville, Bastogne, Luxembourg, Kaiserslautern und Siemianowice Slaskie verband. Denn sie alle gingen auf Spurensuche, um das Leben an der Mittellinie Europas einzufangen und nun bei einer Wanderausstellung des Comenius-Projektes zu präsentieren, die im Medienhaus an der Gutenbergstraße noch bis 8. Dezember zu sehen ist.
Blick in eine fränkische Familie
"Nein, ein Stück höher." Noch einmal betrachtet Michelle Röhrig ihren Ausstellungsbeitrag.
Der Schulalltag in anderen Ländern
"Ich fand's interessant, Gleichaltrige aus anderen Ländern kennenzulernen - etwas über ihre Interessen und natürlich auch ihren Schulalltag zu erfahren", sagt Lisette Toewe. Sie wählte als Bildmotiv "Stolpersteine". Auf diese Weise zeigt die 16-Jährige Messingtafeln mit Namen ermordeter Juden, die dem Rassenwahn der NS-Zeit zum Opfer fielen. "Die Erinnerung an diese Menschen ist wichtig, damit sich alles irgendwann nicht wiederholt", sagt die Bambergerin. Wobei Lisettes Beitrag zur Wanderausstellung, die in Frankreich, Belgien, Luxemburg und Polen ebenfalls zu sehen ist, belegt, wie intensiv sich deutsche Jugendliche noch immer mit den Verbrechen des Dritten Reichs befassen.
So erzählen die 70 Fotos der Ausstellung Geschichten: von Menschen hinter der Kamera, die Schönheit, Romantik, aber auch Einsamkeit und Trostlosigkeit zu thematisieren suchten. Und Menschen vor der Kamera, die den Betrachter aus einer Stimmung heraus anlächeln oder gänzlich zu ignorieren scheinen.
Manche Szenerie bleibt auch menschenleer, verlassen wie auf Marisa da Silva Oliveiras Bild "The transition of life". Wollte die Luxemburgerin über welke Blätter, die die Straße säumen, Vergänglichkeit ausdrücken? Worum ging's Louise Caille aus Deauville bei ihrem verlassenen "Walk of Fame" - mit den Namen von Stars wie Michael Douglas, Margan Freeman, Al Pacino und anderen, um die sich sonst die Massen scharen?
Farben des Lichts
"Mich faszinierten die Farben des Lichts, die die Mittagssonne auf Häuserfassaden schimmern ließ", sagt Anna Artes, deren Bild - ebenso menschenleer - Wärme und Geborgenheit ausstrahlt. "Ja, man fühlt sich auch durch die vielen Pflanzen und offenen Fenster eingeladen", meint die 14-Jährige. Während ihre Freundinnen weitergingen, hielt sie beim Bummel durch den kleinen belgischen Ort in der Nähe von Bastogne inne, um das Foto zu schießen, das prompt unter die 70 besten gewählt wurde. Und nun weiter durch die sechs anderen Schulen der fünf Länder Europas wandert - entlang dem 50. Breitengrad.