Eine "Explosion der Hoffnung"
Autor: Marion Krüger-Hundrup
Bamberg, Freitag, 29. Mai 2020
Senioren, geistig behinderte Menschen und Häftlinge schufen eine besondere Installation zum Pfingstfest, die am Wochenende vor St. Elisabeth erstrahlt.
Tja, die Kirche als solche ist wirklich uralt. Gebrechlich, voller Macken und Fehler, starrsinnig feiert sie zu Pfingsten ihren über zweitausendsten Geburtstag. Denn damals begannen die verängstigten Jünger, das Evangelium zu verkünden. Öffentlich und angesichts von inzwischen Milliarden Christen in aller Welt auch erfolgreich. Dennoch bleibt Pfingsten "ein schwieriges Fest in geistloser Zeit", sagt Hans Lyer. Umso mehr brauche die Menschheit diese "Explosion der Hoffnung, der Ermutigung", fügt der Pfarrer der Gottesdienstgemeinde von St. Elisabeth im Sand hinzu. "Pfingsten war eine Explosion", keine zerstörerische, sondern belebende.
Lyer meint das lodernde Feuer des pfingstlichen Heiligen Geistes, das "die Apostel, Maria, die Jünger und Jüngerinnen erfasst hat". "Dieses Feuer brauchen wir heute in der Kirche, die kreativ sein muss gerade in der Corona-Zeit", erklärt der Priester, der auch Gefängnisseelsorger in der JVA Ebrach ist.
Vorpfingstlich hat sich Pfarrer Lyer selbst beim Wort genommen. Er griff die Idee zu einem außergewöhnlichen Projekt von der Bamberger freischaffenden Künstlerin Katharina Hückstädt auf und schritt zur Tat.
Lyer ging - ganz im Sinne von Papst Franziskus - an die Ränder der Gesellschaft: zu geistig behinderten Menschen, zu Senioren, zu Häftlingen. Und gewann sie für den Plan, Pfingsten bildnerisch umzusetzen in einer besonderen Installation gegenüber der Elisabethenkirche.
Biblische Grundlage dieser Pfingstinstallation ist der Text aus der Apostelgeschichte 2,1-11: "Und als der Pfingsttag gekommen war, waren alle zusammen am selben Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen ...Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten ...". Genau diese Feuerzungen sollten auf sechs mal zwei Meter große Stoffbahnen gemalt werden. Und die angesprochenen Personengruppen machten sich mit Feuereifer ans Werk. Inspiriert vom Heiligen Geist entstanden sieben Kunstwerke, die am Sandschlössla (Sandstraße 31) angebracht werden.
Ausdruck in der Malerei
Carmen zum Beispiel ist eine dieser Künstlerinnen. Sie gehört zu den Schützlingen der "Lebenshilfe Bamberg", beugt sich gerade im Atelier der "Kufa" (Kulturfabrik der Lebenshilfe in der Ohmstraße) über eine Stoffbahn. Carmen spricht kaum. Findet ihren Ausdruck aber in faszinierender Malerei. Sie mischt die Farben orange und gelb, bringt mit der Farbrolle viele kleine Feuerzungen auf den Stoff. Carmens Sitznachbarin Irmi lässt die Zungen großflächiger zündeln. Und Stefan hat sichtlich seine Freude daran, den Pinsel schwingen zu können: "Macht richtig Spaß!", strahlt er.
Nur behutsam leitet Harald Ring, künstlerischer Leiter der "Kufa", die Runde an. Erzählt ihr vom Sinngehalt des Pfingstfestes: "Da kommt der Heilige Geist", sagt Ring und reicht Irmi ein Schwämmchen, mit dem sie die noch feuchte Farbe besser auf der Stoffbahn verwischen kann. Für Harald Ring ist die Mitwirkung der "Kufa" an der Pfingstinstallation "wichtig für unsere Inklusionskultur". Und das gemeinsame Projekt sei "ein Symbol für gelingende Inklusion".