Druckartikel: Ein starkes Stück von Bamberg - Kommentar zur bedrohten Sandkerwa

Ein starkes Stück von Bamberg - Kommentar zur bedrohten Sandkerwa


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Donnerstag, 04. Mai 2017

Was ist Bamberg ohne Sandkerwa? Ein Kommentar von unserem Redaktionsmitglied Michael Wehner.
Sandkerwa bei Tag. Foto: David Ebener/ dpa


Kann es ein Bamberg geben ohne Sandkerwa? Ohne das sprichwörtliche Gewühl im Sand, die bunte Wimpel über den Gassen der Altstadt, das Fischerstechen und den Charme der Lichter vor Kleinvenedig?

Alle News zur Absage der Sandkerwa 2017 in Bamberg

Wohl kaum. Die Sandkerwa gehört zum so genannten Fränkischen Rom. Ebenso wie Bier, Basketball oder der Barock. Andererseits: Das Riesenereignis, das seit dem Erstling 1951 zum Selbstläufer wurde, ist seinen Machern über den Kopf gewachsen. Nicht erst der gewalttätige islamistische Terror hat Schatten auf das Spektakel zwischen den Fachwerkhäusern geworfen. Schon die Katastrophe auf der Loveparade in Duisburg 2010 öffnete die Augen über die Gefahren von Massenveranstaltungen.

Deshalb verbieten sich schnelle Vorwürfe an die Adresse der Stadt oder auch des Veranstalters, der nachweislich keinen Gewinn aus der Kerwa gezogen hat, auch wenn sie ein weithin bekanntes Markenzeichen war. Es ist nicht nur möglich, es ist auch erlaubt, dass eine Non-Profit-Organisation die Reißleine zieht, wenn sie die Grundsatzfrage stellt: die der Verantwortung, die angesichts der gefühlten und echten Bedrohungen todernst zu nehmen ist.

Doch warum wurde sogar die Stadtverwaltung von der Absage kalt überrascht? Ein Zeichen: Der Verein fühlte sich allein gelassen von einer Politik, die sich in der Beliebtheit des Festes sonnte, aber ansonsten kein Füllhorn über der Kirchweih ausschütten wollte - oder auch konnte. Denn die öffentlichen Aufgaben sind vielfältig. Letztlich: In der Bamberger Öffentlichkeit gibt es zugegeben nicht nur Begeisterung für den Trubel im August. Nicht wenige Einheimische haben der Kerwa den Rücken gedreht, weil sie das Fest mehr und mehr als Saufspektakel empfanden, das nur noch wenig mit der ursprünglichen Distriktskirchweih zu tun hatte.

Ob die Rettung angesichts der knappen Zeit noch gelingt, ist fraglich. So oder so ist die Absage eine Gelegenheit über scheinbar Selbstverständliches nachzudenken. Wie wichtig ist die Sandkerwa für Bamberg? Wie könnte, wie sollte sie künftig sein? Welche Lücke hinterlässt sie in der Stadt?