Ein Selbstversuch als Dagobert Duck
Autor: Anette Schreiber
LKR Bamberg, Sonntag, 14. Februar 2016
Einmal Dagobert Duck sein - nicht auf ganz viel Geld sitzen, sondern mittendrin stehen - Besuch im Tresorraum einer Bank im Landkreis.
Hier begegnen sich Fantasie und Realität: In den Katakomben eines Geldinstituts im Landkreis. Hier lagern Existenzen. Ganz sicher. Gesichert: im Tresorraum der Bank. Wir kamen ihnen ganz nah. Wie nah? Top secret!
Schwer ist es, an die Vermögenswerte zu kommen. Genau darin liegt der Sinn dieser Einrichtung, in der Diskretion oberstes Gesetz ist. Gemeinsam mit Sicherheit. Darauf fußen schließlich die Säulen von Banken. Darauf wollen Kunden vertrauen können.
Gut so. Auch mein Geld könnte dabei sein. Könnte, wenn ich hier Kunde wäre und entsprechende transportable Werte hätte. Hab' ich aber nicht. Dafür aber Bonität. Meine Währung: Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit. Sonst stünde ich nicht hier. Dennoch, ich werde eskortiert. Bewacht, trifft es wohl besser. Was, wenn es nicht so wäre? Wer weiß!
Wer an die Werte kommen will, hat's schwer. 3230 Kilo, um genauer zu sein. Umgerechnet zwei Automobile müssen bewegt werden, bevor man ins Herz des Geldinstituts, oder zumindest dessen Vorhof gelangt. Mehrfach gesichert, überwacht, von Mensch und "Maschinen". Schlüssel, Zahlenkombinationen, Alarmschaltungen. "Allein kommt hier niemand rein", lässt mein persönlicher Security-Mann wissen. Wie viel Geld er in seinem Banker-Leben schon bewegt hat? Schulterzucken. Berufsgeheimnis. Bankgeheimnis.
Egal. Die zwei Kleinwagen sind beiseite gewuchtet, die stählerne Gittertür aufgeschlossen. Silberfarbene Oberflächen glänzen matt im düsteren Lampenlicht. Wer genauer hinsieht, erblickt Spuren. Fingerabdrücke, leichte Kratzspuren von Schlüsseln. Verursacht von den Inhabern der Schließfächer. Aus welchen Gründen sie nervös und dann fahrig waren? Ich werd's nicht erfahren. Dafür zeichnen sich gut die vier verschiedenen Größen - vom ganz schmalen bis zum päckchengroßen - der Schließfächer ab. Rückschlüsse auf die dahinter lagernden Summen, das heißt, was verbirgt sich hinter dem gepanzerten Stahl? Vielsagendes Schulterzucken: "Fahrzeugscheine, Versicherungspolicen, Schmuck, Bargeld, je nachdem."
Aha, der workarge Zahlenmensch lässt sich doch etwas entlocken. Auch, dass die Inhaber der Schließfächer nur während der Schalterzeiten kommen können. Zudem dürfen sie nur in Begleitung eines Bankangestellten an ihre Pretiosen. Der Schließfachmieter hat einen Schlüssel für sein Fach. Der funktioniert aber nur, wenn ein Banker gegenschließt.
Gemütlich ist es hier nicht unbedingt, auch nicht unbedingt einladend für Menschen mit Ansätzen zur Klaustrophobie. Aufenthaltsqualität gleich Null. Soll ja auch nicht.
Was hat es mit der "Wahlkabine" - kleines Brett, zwei Stifte, breiter Sichtschutz - auf sich? "Wenn jemand nachsehen, sich was aufschreiben möchte", sagt der Sicherheitsbeauftragte.
Was aufschreiben? Die genaue Summe des Geldes vielleicht? Passagen aus Dokumenten? Nummern von Versicherungspolicen? Daten aus Kfz-Scheinen? Auszüge aus Geheimdokumenten? Codes illegaler Transaktionen? Nein - soweit wollen wir nicht fantasieren! Obwohl. Wer weiß.
"Mister Sicherheit" beäugt mich misstrauisch. Entwarnung. Ich plane keinen Banküberfall. Obwohl. Wo, wenn nicht hier, liegen solche Gedanken näher als im realen Leben. Bank, Tresor und Überfall. Filme von Millionencoups laufen vor dem geistigen Auge ab. Doch die wenigsten hatten ein richtiges Happy End. Die Akteure landeten meist hinter Gittern. Gitter, wie an der Gittertür vor dem Tresorraum. Ein beklemmendes Gefühl, wenn die ins schwere Schloss einrastet. Und man auf der anderen Seite zusammen mit vermutlich jeder Menge Fremdvermögen total gesichert ist. Grauer Boden, graue Decke, silberfarbene Wände, geschätzte drei mal drei Meter. Sehr sicher. Sehr einsam. Sehr verborgen. Nein, jetzt reicht's.
Mein Sicherheitsgarant befreit mich. Sein weiteres großes Geheimnis freilich bleibt neben dem Inhalt der Schließfächer, was sich in seinem Kassenraum verbirgt. Noch eine Stufe höher als top secret. Gut so, möchte ich den Kunden dieser Bank und Inhabern all der Werte hinter Stahl zurufen. Wer sie sind und wie sie zu dem gekommen sind, was sie hier deponieren? Fantasien hätte ich da schon.