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Ein Neubau und ein Einzeldenkmal


Autor: Jutta Behr-Groh

Bischberg, Samstag, 25. Juni 2011

Zwei von 219 Bauwerken, die am Wochenende bayernweit als Beispiele zeitgemäßer Architektur im Blickpunkt stehen, befinden sich in Weipelsdorf (Gemeinde Bischberg) und im Bamberger Stadtteil Wildensorg.
Renate und Klaus Schulz vor ihrem Haus in Weipelsdorf Foto: Barbara Herbst


Wie das Haus eines Försters sieht das Gebäude am Rennersberg 9 in Weipelsdorf nicht aus. Eher minimalistisch. Bauhaus-Stil. "Viele haben erwartet, dass wir uns ein Blockhaus bauen", sagt Klaus Schulz. Aber die gefallen ihm und seiner Frau Renate überhaupt nicht.
"Wir wollen es mal übersichtlich haben", sagt sie. Gerade wohnen die beiden auf einem Gehöft aus dem 19. Jahrhundert mit Stallungen und mehreren Gästezimmern. In ihrem neuen Haus gibt es nur noch eines. Dorthin ziehen sie aber erst, wenn Klaus Schulz in den Ruhestand geht.
Ein bisschen kam der Förster aber doch durch: Ständer, Dämmung, Fußböden - fast alles ist aus Holz. "Bäume sind dazu da, dass man etwas Gescheites daraus macht", sagt er.
Ökologisch und energieeffizient sei das Haus, bestätigt auch Architekt Bernd Wögerbauer. Geheizt wird im Winter mit Pellets, im Sommer mit Solarzellen. Ein Wärmetauscher sorgt dafür, dass man die riesigen Fenster nicht öffnen müsste - wäre es nicht so schön, aus dem Wohnzimmer auf die riesige Süd-Terrasse mit Blick über das Tal zu treten.
Schlafräume und Bad sind im Untergeschoss, mit den Wohnräumen verbunden durch eine breite Treppe. "Da kann dann zur Not auch ein Treppenlift hin", sagt Renate Schulz. Hätten sie seniorengerecht gebaut, wäre das Haus einstöckig geworden. "Das hätte nicht gepasst."
"Die jetzige, zweistöckige Bauweise leitet sich vom Grundstück ab", sagt Architekt Wögerbauer. Es steigt quasi mit dem Hang. Und ist doch flach. "Die Nachbarn waren erfreut, weil sie nach wie vor eine schöne Aussicht haben", sagt Klaus Schulz und lacht.
Für Brigitte Jupitz, Vizepräsidentin der Bayerischen Architektenkammer, steht das Gebäude für den Mut von Bauherrn und Architekt, heutige Bauformen in einem Dorf umzusetzen. Es zeige, "dass man auch in einem kleinen Ort ein Haus bauen kann, das kein geneigtes Dach hat". Die Architektin hebt hervor, dass auf dem Weipelsdorfer Flachdach die Solarzellen sehr dezent und trotzdem wirkungsvoll angebracht seien. Dagegen würden Sonnenkollektoren auf geneigten Dächern oft sehr störend im Ortsbild wirken.
Die Außenfassade und das obere Stockwerk können am Samstag und Sonntag besichtigt werden. Am besten ist das Gebäude vom Ortsrand zu Fuß erreichbar.
Das einzige Objekt in Bamberg kann am heutigen Samstag nur von außen näher betrachtet werden. Es handelt sich um ein Einzeldenkmal an der Hauptstraße 52 im Stadtteil Wildensorg, das nach Westen hin eine moderne Fassade erhalten hat.
Die Bauherrn möchten namentlich nicht in der Zeitung stehen. Ihr Architekt ist Johannes Sieben. Für ihn war es die besondere Herausforderung, das Kleinhaus aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert und seine Scheune so zu sanieren und umzubauen, dass alt und neu sich klar abgrenzen, aber harmonieren. Dabei stand der Wunsch der Besitzer im Mittelpunkt, nach Westen möglichst viele Fenstern zu haben. In Abstimmung mit der Denkmalpflege sei die Fassade von innen heraus entwickelt worden, erläutert Sieben. Die unterschiedlichen Öffnungen lassen von außen die Nutzung erkennen und werden durch eine Verkleidung aus Holzlatten "wie ein Rahmen" zusammen gehalten. Die "Architektouren" sollen nach Angaben der Bayerischen Architektenkammer der Öffentlichkeit nicht nur Einblicke in den architektonischen Entstehungsprozess bieten, sondern "auch verdeutlichen, wie wichtig das persönliche Zusammenspiel zwischen Architekt und Bauherr ist. Architektur ist immer eine sehr individuelle Angelegenheit, bei der es gilt, die Wünsche und Bedürfnisse eines jeden Bauherrn optimal zu berücksichtigen. Genauso individuell wie ein Bauherr ist die Architektur selbst".
Dass aus dem Raum Bamberg diesmal nur zwei Vorzeigeobjekte dabei sind, dürfe nicht zu der Schlussfolgerung führen, dass es in der Region nicht mehr gute aktuelle Beispiele für zeitgemäßes Bauen und Sanieren geben würde, betonte Brigitte Jupitz auf Anfrage. Es gebe verschiedene Gründe, dass die Zahl der Bewerbungen zu den "Architektouren" von Jahr zu Jahr und Region zu Region unterschiedlich sei. Manchmal sei ein Objekt bei Ablauf der Bewerbungsfrist noch nicht ganz fertig, so dass die Unterlagen nicht überzeugend sein könnten.
In solchen Fälle rate der zuständige Beirat, noch ein Jahr zu warten. Es sei auch nicht leicht, alle erforderlichen Informationen samt Fotos auf zwei DIN-A-3-Blätter zu komprimieren. Dann gebe es auch Fälle, in denen der Architekt sich bewerbe, aber die Bauherrn keine Öffentlichkeit wollten. Immerhin kommen laut Jupitz durchschnittlich 200 Interessierte zu einer angebotenen Führung.
Wichtiges Kriterium zur Aufnahme bei den "Architektouren" ist es nach den Worten der Vizepräsidentin, dass das Objekt "einen Schritt weiter geht" als herkömmliches Bauen. Das könne zum Beispiel ein besonders sparsamer Umgang mit Grundfläche sein, ein sehr niedriger Energieverbrauch oder der beispielhafte Einsatz eines bestimmten Baumaterials. Letzteres gelte etwa für das Bamberger Anschauungsbeispiel mit seiner Holz verkleideten Fassade.