Ein Lied für die Geisdorfer Glocke
Autor: Hans-Werner Penning
Geisdorf, Mittwoch, 16. Januar 2013
Bisher läuteten die Bürger des 30-Seelen-Ortes täglich selber zum Gebet. An den Feiertagen übernahm eine Bläsergruppe diese Aufgabe. Doch schon bald soll ein automatisches Läutwerk in einem neuen Glockenturm installiert sein.
Seit 1984 wird in dem kleinen Ort der Gemeinde Heiligenstadt täglich drei Mal eine Glocke geläutet. Das heißt: wurde, denn am 15. November vergangenen Jahres musste die provisorisch zwischen zwei Linden aufgehängte Glocke auf Geheiß der Gemeinde abgenommen werden. Eine Untersuchung der beiden Bäume, an denen der Glockenbalken aufgehängt war, hatte ergeben, dass die tragenden Äste vielleicht eines Tages brechen könnten. Dieser Gefahr wollte die Gemeinde keinen der Bürgerinnen und Bürger aussetzen, die im wöchentlichen Wechsel die Glocke läuteten. Doch ohne ihren Glockenklang früh, mittags und abends wollten die Geisdorfer nicht sein.
Was also tun? Fürs erste blieben nach 28 Jahren in dem 30-Seelen-Ort die gewohnten Klänge zum Angelusgebet erst einmal aus. Das war an den "Werktagen" unumgänglich, doch über die Feiertage ließen sich die Geisdorfer dafür eine umso feierlichere Variante einfallen. Immerhin sechs Ortsbürger spielen ein Blasinstrument und so traf man sich an Weihnachten und Neujahr jeweils an dem Platz, an dem einmal die Glocke hing, zur geblasenen Variante des "Gebetläutens".
Aber auch das ist inzwischen vorbei und ob es an Ostern noch einmal nötig sein wird, darf bezweifelt werden. Denn inzwischen sind die Geisdorfer auch politisch aktiv geworden und treiben das Projekt "Glocke" voran. Dazu wurde zunächst der Verein "Unter den Geisdorfer Linden" gegründet, ein mittlerweile auch eingetragener Verein, der den Bau eines neuen Glockenturmes zum Ziel hat. "Unser Verein ist als gemeinnützig anerkannt", betont Vorsitzender Josef Pickel, was die Ausstellung von Spendenquittungen möglich macht. Auf einer eigenen Internet-Seite (www.geisdorfer-linden.de) informiert man über die eigenen Absichten. Und die sind schnell erzählt.
"Nach anfänglichem Unverständnis haben wir uns schließlich mit der Abnahme der Glocke abgefunden", sagt Vorstand Josef Pickel. Und gleichzeitig Pläne gemacht, wie es nun weitergehen soll. Mit dem Bamberger Architekten Peter Bruha war schnell ein Fachmann gefunden, der ein Konzept für eine neue Läutanlage erstellte. Dazu gehört natürlich ein Finanzkonzept, denn die geschätzten Kosten beliefen sich immerhin auf rund 18 000 Euro. "Der Verein will das neue Glockentürmchen oder Glockenhäuschen aus Spenden finanzieren", unterstreicht Josef Pickel.
Kleine Glocke soll bleiben
Ein Anfang dazu ist gemacht, denn nicht nur stellte die Erzdiözese Bamberg einen Zuschuss in Höhe von 20 Prozent der Baukosten in Aussicht - auch einige Vereine beteiligen sich mit nicht unerheblichen Beträgen. So zum Beispiel die Feuerwehr Herzogenreuth mit 2000 Euro oder die Soldatenkameradschaft Tiefenpölz mit 500 Euro. Mit dem heimischen Landtagsabgeordneten Heinrich Rudrof steht man in aussichtsreichen Gesprächen über die Spende des Bauholzes. Weitere 3500 Euro sollen aus Eigenleistungen von sieben Haushalten des Ortes erbracht werden - pro Familie 500 Euro. "Derzeit haben wir noch eine Finanzierungslücke von 3500 Euro, einige Antworten stehen aber noch aus" zieht der Vorsitzende Zwischenbilanz.
Nicht erneuert werden muss die kleine Glocke des Ortes. Das gute Stück stammt aus den 20er Jahren und tat bis 1984 seine Dienste in Oberngrub, bevor es nach dem dortigen Kirchenbau nach Geisdorf kam. Dennoch geht mit dem Bau eines neuen Glockentürmchens, das wohl aus einer Holzkonstruktion bestehen wird, eine Neuerung einher. Denn die Glocke soll ein automatisches Läutwerk erhalten - für Geisdorf eine umwälzende Neuerung, wurde sie doch bisher täglich drei Mal von Hand geläutet, wobei sich die örtlichen Haushalte abwechselten. Das wird jetzt anders: "Eine Mehrheit im Verein hat sich für ein automatisches Läutwerk ausgesprochen", so Pickel.
Noch nicht geregelt ist allerdings, wo im Ort der neue Glockenturm stehen soll. Zur Auswahl stehen zwei Plätze: unter den beiden Linden oder am Dorfkreuz. Bei ihrer nächsten Zusammenkunft voraussichtlich am 2. Februar wollen die 21 Vereinsmitglieder darüber befinden.
Zurückhaltend zeigt man sich indes bei der Marktgemeinde Heiligenstadt. Bürgermeister Helmut Krämer war gestern nicht zu erreichen, der Herzogenreuther Ortssprecher Josef Kraus sieht "noch Hürden zu überwinden". Weil es dabei um Grundstücks- und Finanzierungsfragen geht, nennt er keine Einzelheiten. "Im Gemeinderat ist jedenfalls noch nichts beschlossen", so seine Auskunft.