Ein Jahr Ankerzentrum Bamberg: Die Kritik reißt nicht ab
Autor: Andreas Thamm
Bamberg, Montag, 29. Juli 2019
Seit einem Jahr heißt die Asyleinrichtung in Bamberg nun Ankerzentrum. Und die Kritik von Bewohnern und Hilfsorganisationen reißt nicht ab. Flüchtlinge leiden demnach unter rabiatem Sicherheitspersonal und Abschiebungen.
Die große Flüchtlingsunterkunft im Osten Bambergs mit derzeit 1170 Bewohnern taucht meist dann in den Medien auf, wenn dort ein Polizeieinsatz stattgefunden hat. Und selten wegen schöner Nachrichten. Kein Wunder also, dass der Blick auf ein Jahr Ankerzentrum kritisch ausfällt.
So ist noch der nächtliche Großeinsatz im Dezember 2018 präsent, als eine Auseinandersetzung zwischen Securitys und Bewohnern eskalierte und auch Pflastersteine auf Polizisten geflogen sein sollen. Ein Beamter war verletzt, vier Bewohner in U-Haft genommen worden. Die Ermittlungen gehen in alle Richtungen.
Zuletzt sorgte dann Anfang Mai eine Recherche des Bayerischen Rundfunks für Aufsehen. Darin ging es nicht nur um eine rechtsradikale Chatgruppe eines Teils des Sicherheitspersonals - "Sons of Odin" -, sondern auch um den Vorwurf bis heute anhaltender systematischer Gewalt gegen Geflüchtete.
Auch Vorwürfe gegen Securitys
Angestellte eines Subunternehmens hatten sich nach Vorfällen im September 2017 an ihren Vorgesetzten gewandt. Die zusammenfassende E-Mail ist sicher das erschütterndste Zeugnis von Gewalt im Ankerzentrum. Darin ist unter anderem die Rede davon, wie sich 20 Securitys um einen am Boden sitzenden Bewohner gruppierten, wie ein zweiter am Kopf gepackt und auf den Rücken geworfen, wie sein Gesicht durch den Schotter gezogen worden sei, "wie bei einer Käsereibe".
Die anschließenden Verfahren gegen Securitys wurden eingestellt, zwei weitere bezüglich des Vorfalls im Dezember 2018 sind anhängig. Für Flüchtlingshelfer wie Thomas Bollwein vom bayerischen Flüchtlingsrat oder Pfarrerin Mirjam Elsel eine untragbare Situation: Die Angst vor Sicherheitsleuten sei in jedem Gespräch über die Bedingungen Thema, so Elsel, die die Flüchtlingsarbeit des Dekanats Bamberg koordiniert. "Die Bandbreite der Gewalt ist relativ groß: das geht von Schikane, gezielter Provokation und Einschüchterung, bis zu körperlicher Gewalt: Fixieren von Bewohnern, schmerzhafte Nackengriffe, Ganzkörperdurchsuchungen, Einsperren, Hiebe mit Fäusten, Tritte, Einsatz von Pfefferspray."
Die Firma Fair Guards weist solche Vorwürfe von sich, und betont die einwandfreien Führungszeugnisse und die regelmäßigen Überprüfungen der Mitarbeiter durch den Verfassungsschutz. Die in der Vergangenheit beschuldigten Mitarbeiter seien suspendiert worden.
Die Regierung von Oberfranken teilt mit: "In unserer tagtäglichen Arbeit beobachten wir in aller Regel ein gutes Verhältnis zwischen Mitarbeitern der Security und Bewohnern." Auch Mitarbeiter und Flüchtlingshelfer beschreiben große Unterschiede: zwischen einzelnen Personen des Personals, aber auch hinsichtlich des Umgangs tagsüber - und nachts.