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Ein Fußballstadion für Oberhaid!


Autor: Anette Schreiber

Oberhaid, Freitag, 06. November 2015

Am Schulspielplatz macht sich eine Gruppe breit, die Unordnung hinterlässt. Am Löschweiher in Staffelbach sollte ein Geländer angebracht werden. Deutlich formulieren Gemeindebürger ab 7 Jahren Kritik, Wünsche und Anliegen.
So wird politische Arbeit versüßt: Naschsachen, und wenn sie ein Draculagebiss darstellen. Die Kids in Oberhaid hat das jedenfalls motiviert.Foto: Anette Schreiber


Ein Schwimmbad ist immer dabei. Doch dieses Mal gesellte sich noch ein Fußballstadion dazu. Diese Wünsche der Oberhaider Jugend werden wohl unerfüllt bleiben. Was dagegen eine Jugenddisco, Spielgeräte und wieder Ordnung am Schul-Spielplatz anbelangt, bestehen realistische Chancen auf Umsetzung.

Rund 40 Jugend-Bürger - im Alter ab sieben Jahren - aus Oberhaid, Unterhaid und Staffelbach waren der Einladung von Gemeinde, Jugendbeauftragten, Jugendpfleger und Bürgermeistern zur nunmehr vierten Jugendbürgerversammlung in die Schulaula gefolgt. Trotz Ferien und bester Fernsehzeit. Ob's am Popcorn, Pizza und dem Kinofilm lag? Wohl eher nicht. Wie die Vielzahl der Äußerungen unterstrich.

Doch zunächst einmal oblag Bürgermeister Carsten Joneitis (SPD) wie in jeder regulären Sitzung der Begrüßungsteil.

"Hi und servus" und "Ihr könnt Carsten zu mir sagen", unterschied sich die dann doch etwas von den anderen Sitzungen; ebenso wie die Tatsache, dass des Bürgermeisters Gesprächspartner mit Kopfhörer oder Skateboards aufliefen. Und noch eins, in so heiterer und motivierter Grundstimmung trifft man nirgendwo ein kommunales Gremium an.

Für solche lässt der Bürgermeister aber auch keine Dracula-Gebiss-Süßigkeiten anrollen. "Die hatte meine Frau besorgt, aber ich kam erst nachts heim", entschuldigte sich Joneitis vorab. Nachdem auch die Jugendbeauftragten - Zweiter Bürgermeister Peter Deusel, Rainer Fischer und Dominik Mc Corvey sowie Jugendpfleger Oliver Schulz und die Vorsitzende des Vereins für Kommunale Jugendarbeit, Gemeinderätin Stefanie Stretz-Jeltsch sich unters junge Publikum gemischt hatten, ging's zur Sache. Und weil es eine offizielle Veranstaltung war, musste Nadja Göhl, die sich in der Gemeindeverwaltung dem Jugendbereich widmet, die Dinge auch mitverfolgen.

Wer hier schüchterne Kinder erwartete, sah sich enttäuscht. Die Themen sprudelten nur so aus den ab Siebenjährigen. Die zehnjährige Tamia brennt vor Begeisterung für ein Hip-Hop-Studio, wobei Joneitis vorsichtig nachfragte, ob das was mit Tanzen zu tun hat. Ums Tanzen ging es denn auch um die zweite Anregung des Mädchens: Sie wünscht sich eine Jugenddisco. Zumindest eine Veranstaltung zum zweiten Wunsch sollte sich machen lassen, signalisierte der Jugendpfleger. Schon bald könnte an der Schule ein Ballfangnetz angebracht werden, wie es der elfjährige Thomas vorschlug. Weitaus schwieriger, weil es nicht Oberhaid entscheiden kann, verhält es sich mit der Anregung der achtjährigen Eva:


Wenigstens ein Zebrastreifen

Um die Sicherheit der Kinder zu erhöhen, regt sie die Errichtung einer Ampel nahe der Kirche an, "oder wenigstens einen Zebrastreifen". Weitere Spielgeräte an verschiedenen Plätzen wie von unterschiedlichen Jugendbürgern vorgeschlagen, dürften sich wohl auch zeitnah umsetzen lassen.

Ein Fußballstadion, wie es der neunjährige Simon gerne in Oberhaid hätte, dazu musste der Bürgermeister dann doch schmunzeln und einfühlsam eine Absage erteilen: "Das ist ein toller toller Wunsch, und ein Traum." Auch einen Klettergarten, wie ihn sich Kim (9) vorstellt wird es in Oberhaid in absehbarer Zeit wohl ebenso wenig geben wie den Spielzeugladen, den Emma (11) gerne in Oberhaid sähe. Ob die von Leon (13) angeregte Dirtbike-Bahn hingegen kommt, wird davon abhängen, ob und wie viele engagierte Mitstreiter sich finden. "Sprecht den Jugendtreff an", empfahl Oliver Schulz und der Bürgermeister versprach Unterstützung über einen Aufruf im Amtsblatt.

Damit ist vermutlich nicht getan, was das Anliegen der neunjährigen Sarah anbelangt: "In der Spielstraße in Unterhaid fahren die Autos immer noch wie die Verrückten", weshalb Spielen hier unmöglich ist. Als Erstmaßnahme sagte Joneitis zu, dass ein Tempo-Messgerät aufgestellt werde. Ein Sicherheitsanliegen äußerte der Staffelbacher Yannis (14), am Löschweiher hätte er gerne rechts und links ein Geländer. Sollte klappen. Mehrfach angesprochen wurden Probleme mit einer Gruppe junger Leute am Schulspielplatz. "Ruft uns an", legten Joneitis und Schulz der Jugend ans Herz, "kommt ins Rathaus". Drei große Seiten umfassten jedenfalls die Wünsche, Anregungen und Kritikpunkte der Jugend, die nun als Hausaufgabe abzuarbeiten sind, spätestens in der nächsten Versammlung in zwei Jahren werden die Resultate besprochen.

Am Ende des gar nicht langweiligen (Eva, 8) Diskussionsteils jedenfalls waren die jungen Teilnehmer überwiegend zufrieden. Auch wenn Niklas (14) meint, einiges sei geäußert worden, was nicht hierher gehört, so gebe es eine solche Veranstaltung nicht i jeder Gemeinde Gut sei jedenfalls, dass man Vorschläge machen kann, so Selina (13). "Wenn Wünsche erfüllt werden, ist Oberhaid mehr was für Kinder", resümierte Emma.


Wo die Jugend mitspricht:

Jugendparlamente Bereits seit 2004 gibt es ein Jugendparlament in Strullendorf. Es amtiert jeweils für zwei Jahre. Ein Jahr später wurde das Jugendparlament in der Stadt Hollfeld mit sechsjähriger Amtszeit etabliert, 2010 stellte es den Betrieb ein. Die Gemeinde Litzendorf stellte 2009 ein Jugendparlament auf, das sich nach der ersten Amtszeit 2011 auflöste. In der Stadt Hallstadt wurde 2012 die Gründung eines Jugendparlamentes vorbereitet, aber mangels Teilnehmer nicht umgesetzt.

Jungbürgerversammlung In Bamberg sollte ursprünglich 2005 auf Vorschlag der SPD ein Jugendparlament ins Leben gerufen werden, was aber nicht klappte. Stattdessen findet seit 2007 alljährlich eine Jungbürgerversammlung statt. Seit 2008 gibt es eine solche in Oberhaid und in diesem Jahr erfolgte auch in der Stadt Scheßlitz die erste derartige Versammlung.

Jugendsprechstunde Landrat Johann Kalb hat im Juli 2014 die erste Sprechstunde speziell für Kinder und Jugendliche eingeführt.
Eine spezielle Jugendsprechstunde gibt es auch in der Stadt Hallstadt.

Kommentar

Vor etwa zehn Jahren hat es begonnen: Bemühungen, die jungen Bürger fürs politische Mitgestalten zu begeistern. Jugendparlamente schienen das Mittel der Wahl. Doch so wirklich durchgesetzt hat sich dieser Ansatz nicht. Politik gilt nicht unbedingt als cool. Vielleicht schrecken auch die Verpflichtung und das gesetzt Regelmäßige ab. Eine andere Erfahrung ist die, dass Zugpferde älter werden, sich ins Berufsleben oder Studium verabschieden und mit ihrem Weggang ein Vakuum entsteht. Viele Jugendparlamente haben keine zweite Legislaturperiode erlebt. Der Anspruch, eine Miniatur des großen Gremiums zu schaffen ist meist zu hochgegriffen und nicht wirklich realistisch. Vielleicht ja auch weil es sich etwas handelt, wovon Erwachsene meinen, es würde den Jüngeren gut tun.
In Strullendorf funktioniert das Jugendparlament, aber auch nur, weil es konkrete Projekte definiert und abarbeitet, sowie hundertprozentig durch Bürgermeister und Jugendarbeitsprofis unterstützt wird. Freilich steht und fällt politische Integration nicht mit der Existenz eines solchen Gremiums. Weil in großen Teilen des Landkreises und in der Stadt zwischenzeitlich weit vernetzte professionelle Jugendarbeit greift, werden "junge" Anliegen gleichfalls an die Politik herangetragen, über niedrigschwellige Einstiege. Spezielle Sprechstunden und Versammlungen sind sinnvolle Einstiege in den politischen Prozess. Wenn dabei formulierte (realistische) Anliegen ernst genommen, diskutiert und eventuell umgesetzt werden, wird Politik greifbar.

Was ein Profi zum Thema sagt:

Michael Gerstner leitet beim Bamberger Verein für Innovative Sozialarbeit (iSo) den Bereich Gemeindliche Sozialarbeit. Damit ist er beruflich eng auch mit dieser Sparte von Jugendarbeit verzahnt, denn iSo betreut landkreisweit 13 Gemeinden über das Jugendarbeitsmodell JAM. "Mitbestimmung ist wichtig", sagt der Diplom sozialpädagoge. Über das Modell Jugendparlament sei dies aber eher schwieriger umzusetzen, wie die vergangenen Jahre gezeigt hätten.

Das Strullendorfer Jugendparlament bezeichnet Gerstner als "Exoten". Dass sich das erste im Landkreis gegründete Jugendparlament gehalten habe, liege wohl daran, dass man sich mit ganz konkreten Projekten beschäftige. "Am Projekt Skaterbahn haben mehrere Parlamente gearbeitet", weiß er. Man braucht ein bestimmtes Betätigungsfeld. Und eine Bezugsperson sei wichtig, denn "ohne Begleitung geht das nicht".

Der Iso-Ansatz über eine Heranführung an die Übernahme von Verantwortung liegt eher anders. Man hole die Jugend beispielsweise in Leitungs-Teams wie Haus-Teams mit herein. Oder aber integriert sie in Teams, die große Jugendveranstaltungen stemmen, wie etwa die "Poolparty".

Bewährt habe sich aber auch die Einbeziehung in die Gestaltung von Ferienprogrammen, oder bei Dorffesten, wo es um Mitarbeit, aber auch Mitbestimmung gehe. Weniger über etwas reden, als das Machen stehe dabei im Vordergrund. Wichtig sei dabei zu vermitteln, dass die Jugend und ihre Anliegen ernst genommen werden.

Gerstner sieht diesen Aspekt auch in den verschiedenen Formen von Treffen zwischen Jugend und Bürgermeistern gegeben. Denn es sei ein grundsätzliches Anliegen, Jugend und politisch Tätige zusammen zu bringen.