Ein Flugblatt sorgt für Aufruhr
Autor: Anette Schreiber
Bamberg, Dienstag, 23. Februar 2016
Am Freitag wird im Tierschutzverein neu gewählt. Ein Flugblatt sorgt im Vorfeld für Aufruhr: Es wirft der Vereinsführung Geldverschwendung vor.
Schlammschlacht oder Revolte? Egal wie man es nennt, beim Tierschutzverein Bamberg und Umgebung brodelt es. Diesen Freitag finden turnusgemäß Neuwahlen statt. Genau dazu kursiert ein Flugblatt. Auf dem wird unter anderem gefordert: "Geldverschwendung stoppen." Überall werde er darauf angesprochen, müsse er sich rechtfertigen, erklärt Vereinsvorsitzender Liebhard Löffler. "Das ist Rufmord, da muss man sich doch zur Wehr setzen."
Vor gut einer Woche war ihm das Traktat zugespielt worden. "Kein Vorstand mehr nach Gutsherrenart. Mit Ihrer Stimme", heißt es da in dem Werk, in dem sich fünf Männern mit verschiedenen Forderungen als alternatives Vorstandsteam positionieren.
"Das haben wir nicht verdient", stellt Löffler fest. Seit elf Jahren führt er den Tierschutzverein. Mit circa 1600 Mitgliedern in der Stadt und dem Landkreis gehört dieser zu den mitgliederstärksten in der Region; und unter den Tierschutzvereinen Deutschlands in einigen Bereichen zu den führenden, so Löffler; der beispielhaft neben der Zertifizierung, den Quarantänebereich und den Medizin-Trakt nennt. Keine Geldverschwendung, sondern aus Sicht des Tierschutzes sinnvolle Investitionen, sagt er. Der Verein stehe finanziell so gut da wie noch nie in seiner 67-jährigen Geschichte. "Wenn man will, findet man immer was."
Keine Basis
Den weiteren Anwürfen auf dem Flugblatt - "Mehr zuhören, Klare Regeln für alle, Keine Einschüchterung, Respektvoller Umgang", fehle die Basis, so Löffler. Er vermutet dahinter Retourkutschen von Mitgliedern, die seitens der Vereinsführung vor den Kopf gestoßen worden waren. Letztlich gehe es um Befindlichkeiten, folgert der Vorsitzende.Beim Tierschutz seien immer auch Gefühle im Spiel, die letztlich ja dazu führten, sich zu engagieren. Genau hier entstünden tierschutzvereinstypische Konflikte etwa zwischen Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen. "Wir schätzen und brauchen Ehrenamtliche", so Löffler. Allerdings arbeiten die Hauptamtlichen täglich mit den Tieren, kennen diese dadurch besser und seien zudem fachlich qualifiziert. Entscheidungen müsse letztlich die Vorstandschaft treffen, "wir halten auch den Kopf hin."
Gut 30 Stunden wöchentlich sei er in Sachen Tierschutz aktiv, so Löffler. Der Verein mit seinem Jahresumsatz von einer halben Million Euro entspreche einem mittelständischen Betrieb und müsse in gewisser Weise auch so geführt werden. Den Vorwurf der Geldverschwendung weist der Vorsitzende jedenfalls weit von sich und seinen Vorstandskollegen.
Konkret auch, was etwa den Fall der 20 aus einem illegalen Transport beschlagnahmten Welpen betrifft. Das sei die originäre und in der Vereinssatzung verankerte Aufgabe. Angesichts dessen, dass die wesentlich schlechter ausgestatteten und kleineren Tierheime in Schweinfurt und Lichtenfels 22 bzw. 16 Tiere aufgenommen hätten, seien die 20 Bamberger selbstverständlich. "Was hätten wir machen sollen, vielleicht nur sechs aufnehmen und die anderen 14 verrecken lassen?", empört sich Löffler.
Wie auch immer der Freitag ausgehen mag, dem Tierschutz werde er, so Löffler, in jedem Fall ebenso verbunden bleiben wie dem Verein. In dem Wissen, dass eine neue Vorstandschaft mit den gleichen Problemen konfrontiert sein wird, wie die aktuelle und die vorherigen.
Der Hallstadter Peter Frank ist einer der fünf Männer vom Flugblatt, die als eine komplette Vorstandsteam-Alternative antreten.
Auf Nachfrage des Fränkischen Tags erklärte Frank, dass man sich vor den am Freitag stattfindenden Wahlen nicht über ein öffentliches Medium äußern, konkret keine Beeinflussung der Mitglieder vornehmen wolle. Dies insbesondere angesichts der Kritik über die Veröffentlichung vereinsinterner Probleme (Anmerkung der Redaktion: gemeint ist die Angelegenheit von zwei Ehrenamtlichen, die keine Hunde mehr ausführen dürfen). Keiner der fünf Männer "möchte im Vorfeld ein Statement abgeben," so Frank. Er spricht nach eigenen Angaben damit auch im Namen von Robert Pfuhlmann, Peter König, Heinz Häfner und Marco Heinzel.
KOMMENTAR:
Die Crux der Tierschutzvereine
Vielleicht ist der Aufruhr gar nicht so verkehrt. Zumindest bringt er Aufmerksamkeit und könnte in der Folge zu einer wirklich gut besuchten Jahreshauptversammlung führen.
Die Crux jedes Tierschutzvereins liegt bereits in seinem Zweck, Hilfe für hilfsbedürftige Lebewesen leisten, die sich nicht artikulieren können. Dagegen tun dies die Tierschützer umso mehr. Nach außen, wenn sie Missstände anprangern , um sie beheben zu können. Das ist notwendig.
Aber auch innerhalb des Vereins wird viel artikuliert. Das kann Chance, aber auch Gefahr sein; in jedem Tierschutzverein. Denn jeder Aktive nimmt für sich und in bester Absicht in Anspruch, genau zu wissen was das Tier und in der Folge oft auch der Verein insgesamt braucht. Dabei kommen Befindlichkeiten, Machtansprüche und durchaus auch Eitelkeit ins Spiel.
Dann ist da noch die Sache mit dem Geld. Viele Tierheime scheitern gerade daran. Emotionen alleine reichen nicht für erfolgreiches Arbeiten auf diesem Sektor. Es geht auch um Betriebswirtschaft, die nüchtern zu handhaben ist. Hier prallen dann erneut wieder Welten und Weltanschauungen aufeinander.
In der Summe heißt das: Tierschutzarbeit reibt auf; den Einzelnen wie auch ganze Leitungsteams.
Fazit: Wer auch immer sich in vorderer Reihe in einem Tierschutzverein engagiert, muss eine hohe Leidensfähigkeit mitbringen. Trotzdem, wie auch immer diese Arbeit gemacht wird, entscheidend ist, dass es Menschen gibt, die sich zur Verfügung stellen.
Schade nur, dass ein Großteil der wertvollen Energie auf Nebenkriegsschauplätzen verpulvert wird. Das gilt nicht nur für den Bamberger Tierschutzverein.