Ein finanzieller Drahtseilakt: So kommen die drei Millionen Euro aus dem Rettungsschirm in Stadt und Landkreis Bamberg an

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Der Hochseilgarten bei Veilbronn bietet Nervenkitzel, während der Betreiber finanziell eher Ruhe und Stabilität schätzt. Foto: Christian Donner
Der Hochseilgarten bei Veilbronn bietet Nervenkitzel, während der Betreiber finanziell eher Ruhe und Stabilität schätzt.  Foto: Christian Donner
 
 

Der drei Millionen Euro starke Rettungsschirm der Stadt und des Landkreises Bamberg sollte heimischen Firmen in der Krise helfen. Zeit für eine Zwischenbilanz: Ein Betroffener erklärt, was ihn ärgert.

Langsamer Aufstieg, schneller Fall: Wer wüsste das besser als ein Kletterer - oder der Betreiber eines Kletterwaldes, wie Christian Donner. Der Unternehmer und Wirt bei Veilbronn bei Heiligenstadt hatte im Frühjahr durchaus den finanziellen Abgrund am Horizont auftauchen gesehen.

"Jetzt im März hätten wir hier Dauerbelegung gehabt. Aber seit der Schließung habe ich null Euro Umsatz. Das ist ein Genickbruch", berichtete der Chef von fünf festen und 20 Saisonarbeitskräften in Klettergarten und Biergarten im März.

Wie geht es ihm heute?

Sechs Monate später ist er wieder guter Dinge. Am 19. März hat er einen Antrag auf ein zinsloses Darlehen über 20 000 Euro aus dem Rettungsschirm des Landkreises Bamberg gestellt, per E-Mail seine Situation erklärt und die Investitionen genannt. "Innerhalb von einer Woche war das Geld auf dem Konto", berichtet er.

Heute ist Donner noch immer dankbar dafür: "Bei uns hat sich der Rettungsschirm definitiv positiv ausgewirkt, weil wir in den Monaten März bis Mai wirklich auf Null heruntergefahren waren. Und das Geld als Überbrückungshilfe war wichtig." Weitere Hilfen habe er nicht in Anspruch genommen. Bisher sei er gut über die Runden gekommen. "Ich musste niemanden entlassen", berichtet der Chef.

Auch Friseur Sven Sußmann war im März und April von viel Unsicherheit geprägt. "Man wusste nicht, wie es weitergeht", berichtet der Chef von zwei Angestellten. "Nach und nach stellte sich etwas Normalität ein." Dennoch bliebe die Frage: Ist die Krise nun schon vorbei? "Kredite wären für mich nicht in Frage gekommen, da ich keine weiteren Verbindlichkeiten aufnehmen möchte. Die Soforthilfe des Freistaates hat das Gröbste abgefedert."

Heimische Unternehmer nicht im eiskalten Corona-Regen stehen lassen: Das war auch das Ziel des Rettungsschirmes, den Stadt und Landkreis Bamberg aufgespannt haben. Noch bevor Land und Bund je eigene Finanzhilfen organisiert oder auch nur beschlossen hatten, stülpten die Verantwortlichen in Bamberg bereits kurz nach der Kommunalwahl Mitte März einen lokalen Schirm über ihren Wirtschaftsstandort. Genauer gesagt waren es sogar zwei Schirme, jeder davon 1,5 Millionen Euro groß.

Und groß war auch die Nachfrage, in der Stadt wie im Kreis. "Der Rettungsschirm ist faktisch ausgeschöpft. Die Rückmeldung war super. Er hat sicherlich vielen in dieser schwierigen Zeit geholfen", zieht der städtische Wirtschaftsreferent Stefan Goller eine positive Zwischenbilanz. 119 Unternehmen und Selbstständige bekamen Geld.

Kritik an den Darlehen

Damals gab es auch kritische Stimmen: "Was bringt ein zinsloses Darlehen über 20 000 Euro, das man wieder zurückzahlen muss?", fragte etwa ein Friseur aus dem Landkreis. Seine Kritik: Das verschiebe das Problem ja nur, ohne es zu lösen.

Anders als zum Beispiel die Soforthilfe des Freistaates, waren die Gelder von Stadt und Landkreis keine Zuschüsse, sondern nur geliehen. Dennoch wurden sie von der heimischen Wirtschaft im Klein- und Mittelstand aufgenommen, wie Regen in einem trockenen Blumentopf.

Das schnelle Geld

Entscheidend für den Erfolg sei die Schnelligkeit gewesen, erklärt der städtische Wirtschaftsreferent Goller heute: "Wir waren die ersten, noch vor den staatlichen Programmen."

Auch im Landkreis sehen die Initiatoren das so: "Das von Landkreis und Stadt Bamberg gemeinsam gestartete Projekt zeigt großen Zulauf und bietet neben den Corona-Soforthilfeprogrammen vom Freistaat Bayern und vom Bund weitere Mittel für die von Krise stark betroffenen Unternehmen", erklärte Landrat Johann Kalb (CSU). Von den im Kreis zur Verfügung stehenden 1,5 Millionen Euro sind 1,028 Mio an 80 Unternehmen ausgezahlt worden. 17 Unternehmen haben laut Inge Werb von der Wirtschaftsförderung im Landratsamt ihre Anträge zurückgenommen. Zwei Anfragen konnten wegen fehlender Unterlagen noch nicht bearbeitet werden.

Wie geht es weiter?

Für Christian Donner hat der Rettungsschirm genau sein Ziel erfüllt. Seit Pfingsten gehe es aufwärts, seither darf er auch wieder mit Übernachtungsgästen arbeiten. Der Aufschwung im Biergarten werde allerdings erschwert durch Leute, die kein Verständnis für die Hygienemaßnahmen hätten und keine Maske tragen wollten. "Manche werden echt patzig und stellen sich auf stur. Ich bewirte solche Leute nicht mehr. Die sollen gehen. Aber 99 Prozent aller Gäste sind völlig verständnisvoll. Jeden Tag stehen eben ein zwei Deppen auf", berichtet der Wirt.

Eines ist ihm ganz wichtig: Er wolle nicht jammern. "Die Nörgler regen mich kolossal auf. Da wird vom Staat selbst dem Dümmsten das Geld in den Hintern gesteckt, aber viele sind nur am Nörgeln."

Donner ahnt in seinem Kletterwald und Biergarten zwar, dass ein "Winter ohne Gastrobetrieb" bevorsteht, doch er meint, irgendwie werde er auch das schaffen.

Kommentar von Sebastian Schanz: "Erste Hilfe"

Unbürokratisch helfen. Dieses noble Ansinnen von Politikern endet nicht selten in einem bürokratischen Monstrum, wie die Kritik an den Rahmenbedingungen staatlicher Corona-Gelder zeigt. Dass der Rettungsschirm der Stadt und des Landkreises Bamberg hier eine positive Ausnahme bildet, darf hier ruhig mal gelobt werden. Während der Freistaat gerade mal den Eingang einer E-Mail bestätigte, habe der Landkreis das Geld schon überwiesen, hieß es unter heimischem Unternehmern im April - also zu einer Zeit, als die Hütte echt brannte. Die Kritik, dass die zinslosen Darlehen wieder zurückgezahlt werden müssen, war absehbar, zielt aber zu kurz. Denn es ging in den Wochen des Lockdowns darum, die Firmen liquide zu halten, Kettenreaktionen bei der Zahlungsfähigkeit der Unternehmen zu verhindern. Wie gut das wirklich gelungen ist, wird sich erst später zeigen, wenn Insolvenzen nicht mehr verschoben werden dürfen - und wenn der kalte Herbst eine neue Lockdowngefahr bringt.