Druckartikel: Ein echt tierisches Vergnügen

Ein echt tierisches Vergnügen


Autor: Dieter Grams

Bamberg, Mittwoch, 02. Dezember 2015

Chapeau Claque führt in der neuen Spielstätte in der alten Seilerei das Stück "Pinguine können keinen Käsekuchen backen" auf. Die Mischung aus Slapstick, Situationskomik und Sprachwitz hat das Zeug zum Publikumsrenner.
Szene aus dem Stück "Pinguine können keinen Käsekuchen backen" in der alten Seilerei Foto: Chapeau Claque


Der Mensch ist zuerst Kreatur, und steht deshalb der Wahrheit feindlich gegenüber. Das behauptet Hermann Hesse. Aber so geht es nicht nur Menschen, die sich plötzlich einer unangenehmen Wahrheit ausgeliefert sehen. So geht es auch Tieren. Pinguinen zum Beispiel, zwei in diesem Fall. Und einem komplett verrückten, egozentrischem Huhn, das sich selbst für das Salz der Erde hält. Und einem fast blinden Maulwurf, der stur und mit größter Beharrlichkeit seinen Geburtstags-Käsekuchen einfordert. Den haben allerdings die Pinguine längst genüsslich verzehrt. Und einem Staubsauger, der eine ganz eigene Poesie entfaltet. Fürchten tut sich dieses schmucke Stück nicht. Im Gegenteil, er selbst ist manchmal zum Fürchten.

Allesamt Spezies, die sich im wahren Leben niemals begegnen können. Das wissen wir. Aber dass die Fantasie unendlich viel wichtiger ist als all unser Wissen, das wissen wir auch. Spätestens seit Albert Einstein: "Wissen ist begrenzt. Die Fantasie umarmt die ganze Welt." Ulrich Hub gehört zu den wenigen Autoren, die Stücke sowohl für Kinder wie auch Erwachsene schreiben, und er lässt die so unterschiedlichen Tiere aufeinander treffen.

Pinguine können keinen Käsekuchen backen. Diese elementare Erkenntnis transportiert Chapeau Claque in seiner Winterproduktion. Sie machen das liebevoll, kraftvoll und mitreißend, in einer meisterhaft komponierten Mischung aus Slapstick, Situationskomik, fein geschliffenem Sprachwitz und mit einer überbordenden Fröhlichkeit. Sie haben Spaß, und dem Funkenflug konnte das Publikum nicht entkommen. Auf keinen Fall, denn das Wort "Langeweile" ist in Heidi Lehnerts Inszenierung gestrichen. "Never a dull moment", so hieß eine Langrille von Altmeister Rod Stewart. So ist es auch hier.


Seligster Schlupfwinkel

Sie sind halt Kinder geblieben. Wie es Lehnert, Regie und Produktionsleitung, unterstützt von Sandra Grünberg, in der begleitenden Materialmappe so treffend formuliert: "Theater ist der seligste Schlupfwinkel für diejenigen, die ihre Kindheit heimlich in die Tasche gesteckt und sich damit auf und davon gemacht haben ..." (Max Reinhardt).

Die mit viel Fleiß erarbeitete Mappe liefert Informationen über die Anatomie, das Aussehen, den Lebensraum und die Ernährung von Pinguinen, Maulwürfen und Hühnern. Über das Verbreitungsgebiet von Staubsaugern findet sich allerdings kein Wort, und über die Nahrungsaufnahme kann man nur spekulieren.
Das Ensemble trat erstmals auf einer neuen Bühne in einem völlig neuen Ambiente auf - der gerade eröffneten Spielstätte in der alten Seilerei.


Herrlicher Theaterspaß

"Pinguine können keinen Käsekuchen backen" ist eine absurd-freche, aber dabei stets leicht verständliche Komödie, ein herrlicher Theaterspaß, weder on the Rocks, noch geschüttelt oder gerührt, sondern einfach pur. Bei Softgetränken, und das muss ein Kinderstück sein, sollte zwar der Effekt des "Gushings" möglichst vermieden werden, aber dieses Ziel haben die Macher gründlich verfehlt - die Pinguine schäumen über vor guter Laune. Und wenn dann Kinder aufstehen, und dem Maulwurf zum Geburtstag gratulieren, bleibt kein Auge mehr trocken. "Kinder an die Macht", forderte schon Herbert Grönemeyer. "Sie berechnen nicht was sie tun."

Verantwortlich für diese runde, komplette Performance sind folgende Kinder: eine wunderbare, atemberaubende Laura Mann, das überaus selbstbewusste, staubsauger-verliebte Huhn; eine nicht nur etwa überdrehte, sondern förmlich explodierende Susanna Bauernfeind, der eine Pinguin; Benjamin Bochmann, der andere Pinguin, aweng tollpatschig, ein Exemplar "mit einem dicken runden Bauch und einem sehr kleinen Kopf und darauf ist so ein Puschel ...", und Florian Berndt, der halbblinde, aber äußerst musikalische Maulwurf: "Wie sieht mein Käsekuchen aus? Ich kann nichts erkennen."

Dummerweise gibt es zu diesem Zeitpunkt schon keinen Käsekuchen mehr. So antwortet der eine Pinguin: "Das liegt daran, dass dieser Käsekuchen sehr locker gebacken ist." "Ganz luftig", sagt der andere.
Raketen, auch Gute-Laune-Geschosse, können nur abgefeuert werden, wenn es auch Startrampen gibt. Und die liefern die "Schwarzen" - Nikola Voit die Kostüme, Guido Apel die Musik, das Bühnenbild Olga Seehofer und David Grimm.

Appetit auf Käsekuchen? Weitere Vorstellungen finden am 5., 6., 12., 13., 19., 20. und 24. Dezember statt, samstags um 17 Uhr, und sonntags um 15 Uhr, an Heiligabend bereits um 11 Uhr; 2016 sind Aufführungen am 10., 17. und 24. Januar vorgesehen, jeweils um 15 Uhr. Karten gibt es beim BVD.