Druckartikel: Ein Buttenheimer Original trägt seit Kindertagen Schürze

Ein Buttenheimer Original trägt seit Kindertagen Schürze


Autor: Sabine Christofzik

Buttenheim, Mittwoch, 31. August 2016

Kittelschürze tragen gehört für die Kalb-Schusters-Gretel aus Buttenheim zum Alltag. Schon seit Kindergarten-Tagen.
In Buttenheim gibt es viele Familien mit dem Namen Kalb, die es irgendwie zu unterscheiden gilt. Margarete wird die Kalb-Schusters -Gretel genannt. Ihr Großvater war Schuhmacher.  Fotos: Sabine Christofzik


Hatte Christiane Karmann Hausnummer 3 gesagt, oder gegenüber von Nummer 3? Wenn man nur einen vor Hitze streikenden Kugelschreiber im Auto hat und die Rückseite eines Park-Strafzettels zum Notieren, kritzelt man bloß eine 3 - und sucht dann eine Weile in der Straße.

"Ich hab' Sie fei schon lang gesehen", sagt Margarete Kalb schmunzelnd, als sie aus ihrer Küche tritt. Die Haustür steht offen. Klingeln wäre gar nicht nötig gewesen.

Als Erstes reicht sie ein Bild über den Tisch. "So sahen damals bei uns in der Schule die Madla aus". Auf dem reproduzierten Foto aus dem Jahr 1937 schützen Schürzen die Kleidung der meisten Mädchen.

Später wird die Kalb-Schusters-Gretel, wie sie von fast jedem im Ort genannt wird, zur zweiten Fotografie greifen.

"Da ist's zu erkennen, das ging schon im Kindergarten los."

So lange gehört auch für die Buttenheimerin, die in wenigen Wochen 87 Jahre alt wird, das Schürze-Tragen zum Alltag. Genau so jemanden haben wir gesucht, für diese Serie. Nach der FT-Sommertour-Veranstaltung hat Bürgermeister Michael Karmanns Frau den Kontakt zu ihrer "Nachbära" hergestellt.


Gekauft und selbst genäht

Türkis mit Weiß abgesetzt ist das Modell an diesem Nachmittag. "Nein", antwortet die Gretel auf die Frage, ob sie Schürzen immer noch selbst kauft. "Jetzt krieg' ich sie geschenkt."

Und früher? "Da gab es sie hier im Kaufhaus Weißmann. Die Mutter ist immer auch mal nach Hirschaid deswegen. Die Leute kamen ja damals selten aus dem Ort heraus. Mit 14 oder 15 haben wir nähen gelernt und Schürzen selbst gemacht."

"Wenn man aus der Schule heim kam, musste sofort die gute Schürze aus- und eine ältere angezogen werden", erinnert sich die Gretel. Und später, beim Schaffen in der Landwirtschaft, war die Kittelschürze sowieso Arbeitskleidung.

"Früher, als jeden Tag Gottesdienst war, sind einige ältere Frauen auch mal in der Schürze zur Kirche gegangen." Für Margarete Kalb undenkbar. Schon immer. "Oh, da hat die Mutter drauf geachtet. Das hätte sie niemals zugelassen!"

Die Gretel ist in Buttenheim eine Institution. 48 Jahre lang hatte sie die Milchsammelstelle. "Über 40 Bauern waren es am Anfang, die geliefert haben", ergänzt Bruder Erwin, der während des Gesprächs dazugekommen ist. "Und zuletzt nur noch fünf".


Theater war ihre Leidenschaft

Auch durch etwas Anderes ist die zierliche Frau bekannt: das Theaterspielen. "Das war mein Hobby", strahlt sie. "Zuerst im Frauenbund, dann im Sportverein. Und in der Anstalt habe ich auch schon gespielt." In der Anstalt? "Damals hieß das noch nicht Kindergarten. Man hat Kinderbewahranstalt gesagt."

Ihre Begeisterung wird immer bleiben. "Ich habe oft große Rollen gehabt. Auswendiglernen war nie ein Problem. Das war mein Leben." "Alle haben gesagt, die Gretel war die Gescheiteste in ihrem Alter in der Schule", sagt Erwin Kalb und Stolz schwingt in seiner Stimme mit.

Einst war sie als Krapfenbäckerin sehr gefragt. Ab und an einen Kuchen stellt sie immer noch gern auf den Tisch. Bruder Erwin weiß das zu schätzen.

Keiner der beiden Geschwister hat je geheiratet. Und die 86-Jährige führt den Haushalt allein? "Na, wer soll's denn sonst tun?", fragt sie lachend zurück. "Kürzlich habe ich 40 Gläser Gurken eingemacht. Und Birnen eingekocht noch dazu."