Ein artistischer Neuanfang: Postapokalypitsche Zirkus-Show in Bamberg
Autor: Bertram Wagner
Bamberg, Sonntag, 03. Februar 2019
Unter dem Titel "Reboot von der Apokalypse zur Utopie" präsentierte das Bamberger Zirkus-Varieté eine besonders einfallsreiche Show.
Mit viel Kreativität und Tiefgang in ihrem abwechslungsreichen Programm sind die Künstler des Bamberger Zirkus-Varieté neue Wege gegangen. Unter dem Titel "Reboot - von der Apokalypse zur Utopie" boten die Künstler in zwei Stunden alles auf, was das Zirkus-Herz begehrt. Bei der neunten Auflage der Benefizveranstaltung im Giovanni-Zelt des Jugendwerks Don Bosco, bei der Jörg Treiber erneut die Leitung inne hatte, waren alle drei Aufführungen mit je 1500 Besuchern restlos ausverkauft.
"Ich behaupte, dass es kein Varieté in Europa gibt, das kreativer, künstlerischer und zugleich philosophischer ist", meint Emil Hartmann, Leiter des Don Bosco Jugendwerks. Mit feinster Artistik reflektierten und inszenierten die Künstler das menschliche Zusammenwachsen nach einer globalen Katastrophe, so Hartmann. "Es waren Bilder der Trostlosigkeit, vor allem war es aber Artistik der Hoffnung, des konstruktiven und ressourcenorientierten Umgangs, Inszenierungen mit herzlichem Lachen und heller Freude." Vor allem habe Hartmann das Finale fasziniert: "Der Reboot endete im Gesang aller Artisten. Unglaublich schöne und bewegende Momente."
Welch hohes Maß an Ideenreichtum sich hinter den Auftritten verbirgt, lässt sich an einer Jonglage-Nummer und einer Ball- und Soundmaschinen-Darbietung festmachen. "Wir haben uns die Nummer selbst ausgedacht und arbeiteten seit März daran. Die Übergänge und Muster sind so komplex, dass man während der Aufführung gar nicht mehr nachdenken darf, sondern einfach nur machen muss", beschreibt Urs Holzmeister den Zehn-Keulen-Auftritt als Trio mit Maria Martin und Julian Heinrichs.
Die Maschine übernimmt
Besonders passend zum postapokalyptischen Motto auch der Auftritt von Jörg Treiber: "Eigentlich ist es eine Maschine, die den Jongleur überflüssig macht", scherzt Treiber, nachdem er im Zusammenwirken mit seinem selbst konstruiertem kinetischen Objekt die Zuschauer verzückte. Er jonglierte mit gelben Gummibällen, die dann auf Kugelbahnen wieder zurück in den Kreislauf gebracht wurden. Höchste Konzentration war nicht nur beim Künstler notwendig, sondern auch bei den Betrachtern, die aus dem Staunen nicht mehr herauskamen.
Wenn sich die Postapokalypse so präsentiert und wie von Maria Martin ("ich will so sein wie ich bin") vorgetragen wird, dann muss sich die Menschheit nicht groß fürchten. Dann lässt sich auch mit Leuchtern, ungewöhnlichen Kleidungsstücken, viel Schrott- und Abfall-Gegenständen leben, die das Bühnenbild prägten.
"Heranrücken ans Theater"
Bühnenkunst auf höchstem Niveau, das gilt auch für den immer größer werdenden Anteil der Live-Musik. "Aus unserer Band ist ein neunköpfiges Orchester geworden", beschreibt Treiber die Entwicklung. Dass diese neuen Ideen und das "Heranrücken an das Theater", wie es Treiber treffend formuliert, ankamen, zeigten die Begeisterungsstürme beim Schlussbild. Alle Aktiven marschierten grau in grau in die Manege und zelebrierten dann schwungvoll den Neustart, indem sie sich umzogen, den Ballast abwarfen und in ihren bunten Kostümen zu "Freude, schöner Götterfunken" jubelten und bejubelt wurden.
"Diese Aufführung war eine unglaubliche Energieleistung. Visionen standen im Vordergrund, nicht nur dargestellt auf der Bühne, sondern auch auf einer Ebene darunter. Was wollen wir? Es gab Ideen ohne Ende, wie Gesellschaft und Zukunft funktioniert", stellte Jörg Treiber heraus.