Oberstaatsanwalt: "Ehrlichkeit wird immer belohnt" - zwei grausame Verbrechen aus Bamberg bleiben in Erinnerung
Autor: Stefan Fößel
Bamberg, Montag, 15. Juni 2020
Oberstaatsanwalt Otto Heyder hat in manchem spektakulären Verfahren die Anklage vertreten und im Sandstraßenprozess selbst für Schlagzeilen gesorgt. Zwei grausame Verbrechen bleiben ihm aber besonders in Erinnerung.
Otto Heyder hat die Anklageschrift gegen den Mörder der elfjährigen Janina verlesen, im Sandstraßenprozess hat er vier Zeugen verhaften lassen, und im Gleusdorf-Verfahren musste der Oberstaatsanwalt am Ende auf Freispruch plädieren. Seit Mai leitet Heyder die Aschaffenburger Staatsanwaltschaft - doch einige Bamberger Verbrechen sind für ihn noch überaus präsent.
Frage: Was macht für Sie die Rolle des Staatsanwalts aus, worin liegt der Reiz, vor Gericht die Anklage zu vertreten?
Heyder: Der besondere Reiz liegt für mich darin, die Weichen zu stellen, in welche Richtung ein Verfahren geht, und das häufig sehr weitreichende Ermessen sowohl zugunsten als auch zu Lasten eines Angeklagten so auszuschöpfen, dass am Ende eine jedenfalls subjektiv als gerecht empfundene Strafe herauskommt. Wenn diese dann auch noch vom Angeklagten selbst als richtig und fair wahrgenommen wird, was gar nicht so selten ist, verschafft einem das durchaus ein gutes Gefühl. Als Staatsanwalt muss man aber natürlich auch aushalten können, dass ein Angeklagter mit der gegen ihn beantragten Strafe unzufrieden ist oder das Gericht vom gestellten Antrag abweicht.
Sind Sie enttäuscht, wenn ein Urteil milder ausfällt, als Sie es beantragt haben?
Staatsanwälte sind keine anderen oder gar besseren Menschen als alle anderen. Es ist zutiefst menschlich, enttäuscht zu sein, wenn man ein Ziel nicht erreicht. Insofern wäre es nicht ehrlich, die Frage zu verneinen. Ich beantrage grundsätzlich das, was ich selbst für tat- und schuldangemessen erachte. Bewusst aus taktischen Gründen einen überhöhten Antrag zu stellen, halte ich nicht für sachgerecht.
Ein milderes Urteil führt deshalb natürlich zu einer gewissen Enttäuschung. Nur: Im Laufe seines Berufslebens lernt man bald, dies nicht als persönliche Niederlage zu begreifen. Und man lernt zu verstehen, dass genau dieses System der beste Weg ist, am Ende zu einer "richtigen" Entscheidung zu kommen, auch wenn das Ergebnis von der eigenen Beurteilung abweicht. Es ist genau das Prinzip, das einen funktionierenden Rechtsstaat in diesem Bereich ausmacht.
Im Gleusdorf-Prozess gab es am Ende Freisprüche. Schmerzt das nach der langen Vorgeschichte?