Druckartikel: Ehemaliger Stechert-Chef Franz Stegner ist tot: Der Herr der Sitzplätze

Ehemaliger Stechert-Chef Franz Stegner ist tot: Der Herr der Sitzplätze


Autor: Matthias Litzlfelder

Wilhermsdorf, Mittwoch, 24. Juni 2015

Franz Stegner hatte erst vor einigen Tagen die Geschäftsführung seiner Firma Stechert Stahlrohrmöbel abgegeben. Am Montag starb er überraschend im Alter von 78 Jahren. Auf seinen Stühlen sitzen Sportbegeisterte weltweit.
Stolz zeigt Franz Stegner auf die Arena, in der die Bamberger Bundesliga-Basketballer spielen (Bild vom Herbst 2010). Sie trug damals noch seinen Sponsoren-Namen. Foto: Ronald Rinklef, Archiv


Es muss für Franz Stegner der letzte große Höhepunkt seines Unternehmerlebens gewesen sein. Vor genau einem Jahr schaute die ganze Welt nach Brasilien. Die Fußball-Weltmeisterschaft zog Millionen Menschen in ihren Bann. Und die Zuschauer vor Ort, in den Stadien, saßen auf seinen Stühlen, einem fränkischen Produkt.

Die Firma Stechert, deren Geschäftsführer Stegner war, hatte über einen brasilianischen Partner Klappstühle für ein Drittel der WM-Spielstätten geliefert, rund 200 000 Stück. Für das Unternehmen aus Wilhermsdorf (Landkreis Fürth) kein Neuland: Stechert Stahlrohrmöbel hat sich zur weltweiten Nummer eins in Sachen Stadionbestuhlung hochgearbeitet. Schon vier Jahre zuvor, bei der Fußball-WM in Südafrika, lieferte die Firma ähnlich viele Stühle.

Auch in Theatersälen
Am Montag ist Franz Stegner im Alter von 78 Jahren überraschend gestorben. Der aus Frohnlach (Landkreis Coburg) stammende Stechert-Chef war erst Anfang des Monats zusammen mit seiner Frau Eva-Maria Stechert-Stegner aus der Geschäftsführung ausgeschieden - nach mehr als 45 Jahren an der Unternehmensspitze. Bis zuletzt hatte er aktiv mitgewirkt und Aufträge auf der ganzen Welt eingeholt.
Stegner hatte über Jahrzehnte hinweg aus einem kleinen Zulieferbetrieb eine weltweit agierende Unternehmensgruppe entwickelt. Stechert wurde zum weltweit größten Lieferanten von Stadionbestuhlung. Die Stühle aus Mittelfranken stehen daneben auch in Büros, Vorlesungssälen von Universitäten oder schmücken Theater- und Opernsäle.

Vom Polsterer zum Chef
Mit Franz Stegner verliert die regionale Wirtschaftslandschaft eines ihrer Originale. Derb, aber immer freundlich, hemdsärmelig und streitbar, aber stets geschäftstüchtig mit fränkischem Charme. "Ich habe immer viel gearbeitet, mehr als andere. Und blöd war ich nie im Leben", hatte Stegner einmal im Gespräch mit dieser Zeitung gesagt.
Und in der Tat: Er arbeitete sich hoch - vom Polsterer-Lehrling zum Chef einer renommierten Firma mit mehr als 200 Mitarbeitern.
Der Vater war im Krieg gefallen, und Franz Stegner wuchs mit Mutter und Bruder auf. "Wir mussten früh lernen, was es heißt, hart zu arbeiten", sagte er. Seine Lehre als Polsterer begann er bei einer Firma im heimischen Ebersdorf (Frohnlach ist ein Ortsteil der Gemeinde). "Schuften für wenig Lohn, teils von früh bis spät, kaum Urlaub", erinnerte er sich vor einigen Jahren.

1966 machte ihm dann Joachim Stechert, Chef einer kleinen Firma in Wilhermsdorf, das Angebot, bei ihm im Vertrieb als Außendienstmitarbeiter zu arbeiten. Stegner nahm an. 22 Mitarbeiter hatte die Firma damals, stellte Türschlösser, Kinderwagen-Zierleisten und Möbelbeschläge her und verarbeitete Stahlrohre für Stühle, Bänke sowie Tische - und kämpfte ums Überleben.

Als Firmeninhaber Joachim Stechert 1969 im Alter von nur 39 Jahren einer schweren Krankheit erlag, ergriff Stegner die Führungschance, die sich ihm bot. Gemeinsam mit der Witwe Eva-Maria Stechert übernahm er die Geschäftsführung. "Ich hatte vom Tuten und Blasen keine Ahnung, musste mir alles aneignen. Besonders das Geschäftliche hat mir gefehlt. Aber ich habe mir gedacht, ich habe nichts zu verlieren. Und mein Gespür hat mich nicht getäuscht", erzählte er.

Mit Stegners unermüdlichem Einsatz ging es bergauf. Es erfolgte die Umstellung vom Metallwaren-Zulieferbetrieb auf die Produktion von Stühlen und Tischen - mit eigener Polsterei. Die Firma Stechert erhielt Großaufträge für Stühle von der Bundeswehr sowie für Barhocker von den Handelsriesen Metro und Massa.

Heirat mit Witwe
In kaufmännischen Fragen erhielt Stegner Unterstützung von der Witwe Eva-Maria Stechert. Die beiden heirateten 1983.
1995 stieg das Unternehmen in die Stadionbestuhlung ein. Nicht zuletzt dadurch entwickelte sich Stegner mehr und mehr zum Fußball-Mäzen, unterstützte "seinen" VfL Frohnlach, brachte die Spielvereinigung (SpVgg) Greuther Fürth mit auf den Weg und förderte zuletzt die SpVgg Oberfranken Bayreuth. Auch für den Basketball konnte er sich eine Zeit lang begeistern: Von 2010 bis 2013 trug die Arena, in der die Bamberger Basketballer spielen, den Namen Stechert.
"Wer mich kennt, weiß, dass ich ohne Arbeit nicht kann", hatte Franz Stegner vor dreieinhalb Jahren gesagt. In dieser Woche bestätigte sich seine Aussage nun auf tragische Weise.
Künftig führt Stiefsohn Erwin Stechert, seit 1993 geschäftsführender Gesellschafter, zusammen mit einem weiteren Geschäftsführer die Firma.