Druckartikel: Durchbruch statt Dammbruch in Hallstadt

Durchbruch statt Dammbruch in Hallstadt


Autor: Hans Kurz

Hallstadt, Dienstag, 12. August 2014

Hallstadt verzichtet am Main auf verschiedene städtebauliche Wünsche. Dafür ist der Weg nun frei für eine baldige Ertüchtigung der Dämme. Dörfleins erhält einen zusätzlichen Schutz für das Sportgelände.
Der Main zwischen Hallstadt und Dörfleins wird nun zwar kein Natur und Naherholungsparadies wenn die Dämme wachsen, dennoch soll er für Anwohner und Besucher deutlich attraktiver werden. Foro: Ronald Rinklef/Archiv


Hallstadt hat seine städtebaulichen Wünsche bei der geplanten Verbesserung des Hochwasserschutzes deutlich abgespeckt. Bürgermeister Thomas Söder (CSU) hofft nun, dass das Wasserwirtschaftsamt (WWA) bis zum Jahresende in die Planfeststellung geht "Wenn alles glatt läuft, könnte dann 2016 mit dem Bau begonnen werden, der Schutz vor einem extremen Hochwasser bis 2018 fertiggestellt sein. "Es ist ein Durchbruch, kein Dammbruch", stellt Söder zufrieden fest.

Jahrelang hatte es den Konflikt gegeben, dass das WWA Kronach Pläne für einen rein technischen Hochwasserschutz vorgelegt hatte, die Stadt Hallstadt ihrerseits aber Elemente aus ihrem städtebaulichen Entwicklungskonzept verwirklicht wissen wollte. Schon im vergangenen Jahr hatte es unter Söders Vorgänger Markus Zirkel (SPD) eine Annäherung gegeben.

Der Freistaat sicherte der Stadt zu, dass sie ihre Vorstellungen - soweit mit dem Hochwasserschutz vereinbar - einbringen könne - allerdings müsste dies über die Städtebauförderung mitfinanziert werden. Die Kosten des technischen Hochwasserschutzes - rund vier Millionen Euro - teilen sich Freistaat und Stadt im Verhältnis 50:50. Die Zuschüsse für die städtebaulichen Vorhaben wären wohl geringer ausgefallen.

Sieben Millionen Euro hätte alles gekostet, was auf der Wunschliste stand, rechnen Söder und Zweiter Bürgermeister Ludwig Wolff (BBL) vor. Das was dem jüngsten - einstimmigen - Beschluss des Stadtrats noch geprüft und realisiert werden soll, belaufe sich dagegen auf etwa ein bis zwei Millionen Euro. Zudem habe das WWA in Aussicht gestellt, diese Maßnahmen so in die Planung zu integrieren, dass sie im Gesamtpaket des Hochwasserschutzes abgerechnet werden können.

Inseln für drei Millionen Euro

Worauf Hallstadt nun verzichtet, ist ein Gutteil der angestrebten Renaturierung des Flusslaufs im Bereich zwischen Hallstadt und Dörfleins So wurde der Plan aufgegeben, Inseln im Main zu schaffen. Allein das hätte laut Söder gut drei Millionen Euro verschlungen. Nicht gebaut wird auch ein Deichtor auf Hallstadter Seite. Dort hätte man einen ebenerdigen Zugang zum Fluss geschaffen. Mit einer Art kleinem Hafen wäre die alte Verbindung zum Main als Lebensader darstellbar gewesen, etwa mit einem traditionellen Floß - dem sogenannten Hallstadter Stück.

Verzichtet wird aber nicht auf alles. Beispielsweise soll es an der Mündung des Gründleinsbachs eine Aussichtsbastion geben, die auch Standort der im Rahmen des Bildhauersymposiums "Flussgesichter" geschaffenen Main-Skulptur des bulgarisch-italienischen Künstlers Gheorghi Filin wird.
Kommen soll auch eine Kanuanlegestelle nahe der Brücke auf Dörfleinser Seite. Dort sollen auch mehrere kleinere Ufer- und Auenbereiche renaturiert werden. Wege für Fußgänger und Radfahrer auf den Dammkronen sollen zudem den Main als Naherholungsbereich attraktiver machen. Auf SPD-Antrag wurden ebenfalls einstimmig ein Badestrand und eine Liegewiese in das Projekt aufgenommen. Eine Badestelle - wie es sie auch schon vor dem Deichbau der frühen 70er Jahre gegeben hat, war ein ausdrücklicher Wunsch, eines Jugend-Workshops zur städtischen Entwicklung gewesen.

Schutz für Scheunen und Sportgelände

Besonders froh sind Söder und Wolf jedoch, dass das WWA nun auch im technischen Bereich einer dringenden Forderung der Hallstadter, genauer gesagt der Dörfleinser, nachkommen will. Denn die Sportplätze und mehrere Feldscheunen in Dörfleins liegen im Überschwemmungsgebiet. Und diesen Polder - der nicht direkt vom Hochwasser durchflossen, sondern über den Altarm des Mains geflutet wird - möchte das WWA eigentlich als sogenannten Retentionsraum sichern. Denn solche Flächen halten das Hochwasser zurück und tragen damit zum Schutz flussabwärts liegender Gebiete bei.

Allerdings haben die Dörfleinser einen Hochwasserschutz für dieses Areal bereits kurz nach dem Deichbau von 1970 auf eigene Faust realisiert - und wollen diesen nicht missen. Nun sei es gelungen, so Söder, das WWA von einem alternativen Schutzwall zu überzeugen, nördlich entlang der Weiherstraße und der dort gelegenen Geräteschuppen führen. Geklärt ist bisher lediglich noch nicht, ob er den Dörfleinser Weiher einschließt - was die Dörfleinser wünschen - oder ob nicht - wie es das WWA nun plant. "Wenn man 95 oder 98 Prozent erreicht, dann muss man auch einen Kompromiss machen können", meint der Bürgermeister dazu.

Versicherung 1500 Prozent teurer

Mindestens vier Jahre wird es nun also noch dauern, bis Hallstadt vor einem 100-jährlichen Hochwasser geschützt sein wird. Derweil wird es für alle, die ihre Häuser gegen Hochwasser versichern richtig teuer. Bereits im vergangenen Herbst berichtete der FT über einen Fall aus Kemmern, wo die Elementarschaden-Police eines Versicherten um rund 800 erhöht wurde. Nun haben sich auch Hallstadter gemeldet, denen eine saftige Erhöhung ins Haus geflattert ist. Bürgermeister Söder sind mehrere Fälle bekannt, in denen Hallstadtern die Police sogar um über 1500 Prozent - zum Beispiel von 39,98 auf 666,48 Euro - erhöht wurde. Angesichts der nun anstehenden Verbesserung des Hochwasserschutzes stößt das bei Betroffenen und Bürgermeister natürlich auf Unverständnis.