Dürre in Bamberg: Viele Straßenbäume drohen zu vertrocknen
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Montag, 10. August 2015
Vor zwei Wochen riss ein Sturm zahllose Bäume in Bamberg um. Jetzt ist es die extreme Trockenheit, die den Stadtbäumen zu schaffen macht. Hunderte vor allem schlecht verwurzelte Exemplare werfen bereits ihr Laub ab. Die Schäden werden vermutlich erst im nächsten Jahr abzuschätzen sein.
Wasser. Kostbares kostenloses Wasser. Marco Brambrink vom Gartenamt der Stadt holt es aus dem Main-Donau-Kanal bei der Friedensbrücke. Der Stoff, der die Blumenbeete und Rasenflächen auch den Wüstensommer 2015 überleben lässt, wird mit dem Saugrohr aus dem Regnitzarm in ein Stahlfass gepumpt. Und dann? "Gießen, gießen, gießen", sagt Brambrink über seine Arbeit. Sie sorgt dafür, dass Bamberg auch in einem August ohne Regen eine grüne Stadt bleibt.
Grün? Für alle pflanzlichen Bewohner der Parks und Straßenränder Bambergs lässt sich das am 11. August 2015 leider nicht mehr behaupten. Inmitten der Vegetationsperiode erlebt Bamberg einen verfrühten Herbst. Die Blätter vieler Gehölze färben sich gelb, die Bäume sie leiden wie selten zuvor.
Zum Beispiel am Busbahnhof ZOB. Dort trotzen viele Linden mehr schlecht als recht Trockenheit und Hitze, im dicht bebauten Innenstadtgebiet besonders groß. Ein etwa sieben Meter hoher Baum zwischen den Fahrsteigen hat den Kampf offenkundig bereits verloren. Seine Blätter sind ockergelb.
Oder auf der Erba-Insel: Hier zeigt sich, dass selbst wärmeliebende Arten mit der Dürre nicht zurechtkommen.
Vor dem ehemaligen Schleusenwärtershaus wächst ein Nussbaum, der den Großteil seiner Blätter verloren hat. Gleich daneben markiert ein verbranntes Stück Rasenfeld die Grenzen der Reichweite einer Beregnungsanlage. Die Steppe - sie beginnt, wo in diesen Tagen nicht gegossen wird.
Und das ist überall, wie man in der Stadt schon an den Farben der Bäume sieht. Besonders Birken, Kastanien und Linden zeigen vielerorts die typischen Zeichen lang anhaltenden Wassermangels - Gelbfärbung, eingerollte oder trockene Blätter, schütter bewachsene oder kahle Äste. Selbst große Bäume werden zum Opfer einer Dürre, die schon seit Februar anhält.
Vor allem bei den Jungbäumen entlang der Straßen, auf Parkplätzen und bei Gehölzen mit kleinen Baumscheiben fordert der Sommer seinen Tribut. Hunderte von ihnen drohen zu vertrocknen, während die Obstbäume in den Gärten nur die Früchte abwerfen. "Der Sommer grillt die Bäume", beschreibt Robert Neuberth, Chef des Gartenamts, was sich vor den Augen der Stadtbewohner abspielt.
Die Folgen dieser Ausnahmewitterung werden sich wohl erst in einigen Monaten abschätzen lassen. Ein zweites 2003? Auch damals hatte die Stadt viele Ausfälle, "bei Altbäumen zeigten sich die Folgen der Trockenheit teils erst Jahre danach", sagt Neuberth. Seine Erfahrung: Der "Versteppungstrend" macht Bäume anfällig für Schädlinge aller Art. Neuberth spricht auch von einer Florenverschiebung durch die Natur. Praktisch heißt das: Bislang in Franken häufig anzutreffende Arten wie Linde, Spitzahorn oder Eiche werden vom Klima "aussortiert".
Freilich wäre Bamberg längst viel weniger grün, würden die Mitarbeiter des städtischen Gartenamts dem Geschehen tatenlos zuschauen. Täglich nehmen etwa 25 Mitarbeiter den Kampf gegen die Trockenheit auf - und gießen. Eine Sisyphus-Arbeit, die immer wieder aufs Neue beginnt. Um die Schäden zu begrenzen, werden vor allem die Beete mit Blumen und Stauden, die Neuanpflanzungen und jene Sportplätze beregnet, deren Neuanlage hohe Kosten verursachen würde. Gewöhnlicher Rasen und stabile Straßenbäume müssen "ohne" auskommen.
251 Liter Regen sind seit Beginn des Jahres in Bamberg gefallen, der Abfluss im Main ist mit fünf Kubikmetern pro Sekunde auf einem Tiefststand angelangt. Von einer Steppe spricht man bei Jahresniederschlägen von unter 400 Millimeter. Wie weit ist Bamberg noch davon entfernt? Der Botaniker Hermann Bösche, der in Bamberg-Ost seit vielen Jahren die Niederschläge aufzeichnet, vergleicht die zurückliegenden Monate mit anderen extremen Trockenjahren in Bamberg - etwa dem Jahrtausendsommer 2003, oder mit 1911, dem trockensten Jahr in Bamberg, als in der Stadt nur 404 Liter pro Quadratmeter gemessen wurden. Bei genauem Hinsehen fällt auf, dass Bamberg im Vergleich zu anderen Regionen heuer noch einigermaßen glimpflich weggekommen ist - eine Folge des Starkniederschlags am 29. Juli, als 39 Liter in wenigen Minuten fielen.
Und es gab sogar schon trockenere Phasen, etwa 1947, als die Dürre bis zum Winter anhielt, sagt Bösche. Bedenklich wären solche Wetteranomalien aus seiner Sicht erst dann, wenn sie sich in direkter Folge wiederholten. Einen solchen Trend kann Bösche nicht erkennen. Im Gegenteil, er sieht eher die Neigung, dass wenigen trockenen Jahren viele durchwachsene folgen. So war es auch in den letzten Sommern eher feucht als zu trocken. 2010 erlebte Bamberg "den feuchtesten Sommer überhaupt". Alleine im August fielen 230 Liter pro Quadratmeter.