Druckartikel: Drogendealer in Bamberg zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt

Drogendealer in Bamberg zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt


Autor: Anna Lienhardt

Bamberg, Dienstag, 16. August 2016

Dass der 26-Jährige "nur" fünf Jahre in den Knast muss, verdankt der Dealer auch seinem Geständnis. Und: Er half mit, Kollegen zu fassen.
Nich nur Haschisch besorgte der Angeklagte, auch Crystal, Ecstasy und Speed.  Foto: Boris Roessler/dpa


Leo T. ist nicht zum ersten Mal hier. Das wird sofort klar, als sich der 26-Jährige, der eigentlich anders heißt, mit dem Richter unterhält. Wie zwei Juristen verständigen sie sich anhand von Paragraphen, zumindest, wenn es um jene geht, die mit Betäubungsmitteln zu tun haben. Sie sind sozusagen das Spezialgebiet von Leo T.. Ein Polizist sagt später: "Dass der Angeklagte so groß im Geschäft ist, wussten wir zunächst nicht. Er soll bis zu 100 Abnehmer gehabt haben."

Eine Angabe, die sich auf den Zeitraum von acht Monaten im Jahr 2015 bezieht. Von Januar bis August soll T. Drogen gekauft, besessen, selbst konsumiert, nach Deutschland gebracht und sie verkauft haben.

Das "Handeltreiben" erfolgte nach Ansicht von Vorsitzendem Richter Manfred Schmidt in zwei Fällen bandenmäßig.
Die Mengen sind stattlich: rund zwei Kilogramm Marihuana beziehungsweise Haschisch, rund 350 Gramm Crystal, zirka 1000 Ecstasy-Tabletten und sechs Kilo Speed. Insgesamt verhandelte das Landgericht Bamberg in so vielen einzelnen Fällen, dass der beisitzende Richter Martin Barnickel eine Excel-Tabelle am Computer erstellte, um den Verfahrensbeteiligten einen Überblick zu verschaffen.

Den hatte der Angeklagte selbst auch: In seinem Geständnis erläuterte er die einzelnen An- und Verkäufe. Ebenfalls gab er Einblicke in seine Drogenvergangenheit, die für ihn im Alter von 17 Jahren begonnen hatte. Seit 2009 landete der gelernte Industriekaufmann immer wieder im Gefängnis. Aus Geldnot beschloss er schließlich: "Ich schmeiße die Arbeit hin und verkaufe Drogen." Immer behielt er etwas für sich selbst, berauschte sich schließlich mit Crystal anstatt Alkohol und vor allem Haschisch. Bei dieser Droge habe er "Angst gehabt, dass ich eine Psychose kriege."

In der Tat bestätigte der Sachverständige Christoph Matern in seinem psychologischen Gutachten dem Angeklagten eine "blanke Psychose": Der Suchtmittelkonsum beinhalte bei Leo T. "psychotische Risiken. Das kann so weit gehen, dass Wahnideen auftreten, Stimmen gehört werden oder Trugbilder erscheinen". Außerdem attestierte der Sachverständige dem Angeklagten eine Mehrfachabhängigkeit, nicht nur von Drogen, sondern auch Spielen. Matern: "Wenn die Sucht optimal behandelt wird, spielt die Psychose keine Rolle mehr." Eine Diagnose, die das Gericht im Urteil berücksichtigte: Es betrachtete den junge Drogendealer als vermindert schuldfähig. Er muss eine zweijährige Therapie antreten, um von den Betäubungsmitteln wegzukommen. Was neben dieser Tatsache und dem Geständnis stark ins Gewicht fiel: Der 26-Jährige packte aus. Dank seiner Angaben konnten nicht nur zahlreiche mittlere Abnehmer aus dem Raum Bamberg rechtskräftig verurteilt werden.
Besonders einen Fall werteten Polizei, die Staatsanwältin, T.s Anwalt und das Gericht selbst zugunsten des Angeklagten: Er half bei einer verdeckten Ermittlungsaktion mit, seinen "Kollegen" zu einem Drogendepot bei Scheßlitz zu locken - wo die Polizei den Mann festnahm.

Dieser sowie ein weiterer Komplize wurden bereits beim selben Richter verurteilt. Der fasste zusammen: Einer fuhr nach Tschechien, um dort Crystal zu kaufen. Um an dieses zu kommen, ließ das zweite Bandenmitglied vor Ort seine Verbindungen spielen. Der Angeklagte schließlich sei derjenige gewesen, der den Stoff in Bamberg verkaufte.


Kein sorgenfreies Leben

Er habe das Geld aus den illegalen Geschäften gebraucht, um seinen Eigenkonsum und seine Wohnung zu finanzieren, sagte dieser selbst vor Gericht. "Eigentlich wollte ich da raus kommen. Das ist kein sorgenfreies Leben, wie viele denken. Man hat ständig Angst: vor der Polizei, oder dass einem der Stoff ausgeht."
Vor der Urteilsverkündung sagte er: "Ich hoffe, dass ich einen Neuanfang machen darf." Dass er dies tatsächlich umsetzt, dürfte ein großer Wunsch von Leo T.s Vater sein. Der Mann saß als einziger Zuhörer im Sitzungssaal und schaltete sich gelegentlich ein, als sich der Sohn zu ihm umdrehte und nach noch offenen Gerichtskosten aus früheren Verfahren fragte.

Richter Schmidt schickte den Angeklagten mit folgenden Worten zurück ins Gefängnis: "Sie haben gesagt, Sie wollen mich nicht mehr sehen. Ich will Sie auch nicht mehr sehen. Und vor allem in diesem Raum wollen Sie nicht mehr sitzen. Also sorgen Sie auch dafür!"