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Dreifach-Jubiläum in Rattelsdorf


Autor: Renate Neubecker

Rattelsdorf, Freitag, 17. Juli 2015

Gleich dreimal darf die Gemeinde im Landkreis Bamberg in diesem Jahr Jubiläum feiern. Neben dem 550-jährigen Bestehen der Kirche wird auch noch der 100 Jahre alten Marienstatue gedacht. Außerdem wurde Rattelsdorf vor 1000 Jahren von Kaiser Heinrich II. an das Kloster Michaelsberg übergeben.
Die Pfarrkirche Sankt Peter und Paul wird heuer 550 Jahre alt. Foto: Renate Neubecker


Am 2. Juli - es war der Kirchweihsonntag 1865 - feierten die Gläubigen das 400. Jubiläum der Pfarrkirche Sankt Peter und Paul und das hundertjährige Bestehen der Marienstatue in Rattelsdorf (Landkreis Bamberg). Der damalige Pfarrer und Geschichtsschreiber Georg Raab sprach in seinen Aufzeichnungen davon, dass niemand wisse, ob ein solches Jubiläum schon in früheren Jahrhunderten gefeiert worden sei. "Gewiss ist aber, dass dies seit den letzten vier Jahrhunderten das erste ist."

Im Verlauf des ersten Jahrhunderts im Jahre 1565 war diese Kirche nämlich schon seit zwölf Jahren protestantisch. Die damaligen religiösen Wirren ließen kein solches Freudenfest aufkommen. Im zweiten Jahrhundert 1665 blutete Rattelsdorf noch an den Wunden des 30-jährigen Krieges. Ein großer Teil der Häuser lag in Schutt und Asche, da der Ort erst am 18. Mai 1643 vom schwedischen General Hans Christoph von Königsmarck abgebrannt worden war. Wenige Einwohner waren noch da und da diese mit Not und Elend aller Art zu kämpfen hatten dachte wohl niemand auch nur an ein solches Fest.

Viehseuche und Hutprozess

Im Jahr 1765 wurde das Fest gleichfalls übersehen, denn Pfarrer und Gemeinde waren mit der gerade damals stattfindenden Aufstellung und Einweihung des Marienbildes vollauf beschäftigt. Die preußischen Kriegsscharen hatten kurz vorher als Feinde gar übel gehaust, anhaltendes Regenwetter und dann eine schreckliche Viehseuche hatten viel Unheil angerichtet, endlich hatte auch zwei Jahre vorher der große Hutprozess zwischen den Gemeinden Rattelsdorf und Ebing begonnen, der bis 1769 währte. Darum fehlte auch diesmal die rechte Gemütsstimmung zu einem solchen Freudenfeste.

"Das Jubiläum war somit wenigstens seit 400 Jahren das erste; möge das hier Niedergeschriebene die Veranlassung sein, dass auch im Jahr 1965 und so in jedem folgenden der Jahrhunderte ein solches in immer feierlicherer Weise begangen werde", schrieb Raab, in der Hoffnung auf eine baldige Wiederholung des Jubiläums.
Es sollte aber 150 Jahre dauern, bis in Rattelsdorf wieder gefeiert wird. Aus dem damaligen Zweifach-Jubiläum ist in diesem Jahr ein Dreifach-Jubiläum geworden. Gefeiert werden wie vor 150 Jahren diesmal das Jubiläum zum 550-jährigen Bestehen der Pfarrkirche Sankt Peter und Paul sowie das 250-jährige Bestehen der Marienstatue am Marktplatz. Außerdem sind 1000 Jahre vergangen, seitdem Kaiser Heinrich II. den Fronhof Rattelsdorf dem Kloster Michaelsberg übergab.

Im Vorfeld des Jubiläums transkribierte Altbürgermeister und Hobbyforscher Gerhard Jäger die Festpredigt, gehalten vom damaligen Kaplan Dr. Johannes Körber zum 400. Jubiläum der Pfarrkirche und zum 100. Jubiläum der Marienstatue. Ein Jahr vor dem Jubiläum unterstützten Ortskulturring und Festausschuss die Veröffentlichung als Faksimile. Laut Jäger enthält das Originalmanuskript der Predigt zahlreiche Kommentare von Pfarrer Raab. Darunter auch den obigen Appell.

Geistiger Vater der Festpredigt

Jäger bezeichnet Pfarrer Raab als geistigen Vater der Festpredigt. Es war das besondere Anliegen des Altbürgermeisters, dass sich die Rattelsdorfer Bevölkerung gebührend auf das Jubiläum vorbereiten sollte. Unter diesem Aspekt fanden seit dem Jahr 2005 am Vorabend von Mariä Himmelfahrt Andachten vor der Marienstatue statt. Damit sollte an die feierliche Weihe der Statue am Vorabend von Mariä Himmelfahrt 1765 erinnert werden.

Das "Mariabild", wie es von den Rattelsdorfern liebevoll genannt wird, ist eng mit dem Namen des Pfarrers Jakob Christoph Jäger verbunden. Er entdeckte den Stein für die Statue im Burgershof. Angeblich soll dieser Stein beim Bau der Seesbrücke in Bamberg 1752 übrig geblieben sein. Pfarrer Jäger beauftragte den Künstler Ferdinand Tietz, aus diesem Stein eine Marienstatue zu meißeln. Am Vorabend des Festes Mariä Himmelfahrt wurde die Statue nach Rattelsdorf transportiert.

Vorher war der Marktplatz eingeebnet worden, um einen würdigen Standort zu schaffen. Ein Jahr später am Vorabend von Mariä Himmelfahrt 1765 wurde die Skulptur von Pfarrer Jakob Christoph Jäger feierlich eingeweiht. Der Pfarrer war nicht nur ein glühender Marienverehrer, er galt auch als großer Wohltäter. In seinem Testament bedachte er mit Stiftungen vor allem die Armen. Seinem letzten Willen entsprechend wurde er im Chor der Pfarrkirche auf der Evangelienseite beigesetzt.

Heute erinnert in der Pfarrkirche ein frühklassizistisches Epitaph an den bedeutenden Seelsorger. Jäger war es auch, der das gotische Gotteshaus ab 1739 in eine barocke Kirche mit Flachdecke umwandeln ließ. Auf das Entstehungsdatum der Kirche weist eine steinerne Tafel an einer Strebe neben dem Südportal hin, mit der Inschrift: "Anno Domini 1465 ist gebaut diese Kirche in der Ehre von Sankt Peter und Paul." Nach Quellenlage ist zu diesem Zeitpunkt das Langhaus gebaut worden. Ältester Teil der Kirche ist der Turm, der in das frühe 13. Jahrhundert zurückdatiert wird.

Spätgotische Pieta erinnert an Fronhof

An die Zeit, als Rattelsdorf Fronhof des Klosters Michaelsberg in Bamberg war, erinnert eine spätgotische Pieta in der Kirche. Die kostbare Skulptur entstand im 15. Jahrhundert und war ursprünglich für das Kloster gedacht. Abt Anselm Geisendörfer schenkte sie der Rattelsdorfer Kirche. Der Abt lebte im 18. Jahrhundert. Pfarrer Jakob Christoph Jäger ließ sie auf Kosten einer Wohltäterin renovieren.

Schon im Jahr 1015 tauschte Kaiser Heinrich II. vom Kloster Fulda die Höfe Etzelskirchen und Rattelsdorf ein. Bisher wurde angenommen, so steht es in der Rattelsdorfer Chronik von Manfred Jungkunz, dass der Fronhof mit allen Rechten im Mai 1018 von Kaiser Heinrich II. dem Kloster Michaelsberg geschenkt wurde. Im Vorfeld des Jubiläums recherchierte Archivar Manfred Jungkunz im hessischen Staatsarchiv in Marburg. Hier befindet sich das Original der Urkunde vom 11. Mai 1015, die Kaiser Heinrich II. in Kaufungen ausstellte. In ihr ist überliefert: Kaiser Heinrich II. bekommt von Poppo, Abt von Fulda, die Höfe Rattelsdorf und Etzelskirchen.

Nach der üblichen Anrufung der Heiligen Dreifaltigkeit und der üblichen Titulatur "Heinrich durch göttliche Milde erhabener Kaiser" kommt das Dokument zügig zur Sache. Der Kaiser erwirbt im Tausch gegen zwei thüringische Fronhöfe vom Abt des Klosters Fulda die Fronhöfe Rattelsdorf und Etzelskirchen "mit allen zugehörigen Dörfern, leibeigenen Bauern beiderlei Geschlechtes, Äckern, Feldern, Weiden, Wiesen, Wäldern, Jagdrechten, Gewässern, Mühlen und Fischteichen".

Grundherr wurde durch diese Urkunde zunächst der Kaiser, der Rattelsdorf und Etzelskirchen jedoch bald an das Kloster Michaelsberg weiterverschenkte. So kann heuer in Bamberg und in Rattelsdorf Jubiläum gefeiert werden.