Doppeltes Berufsglück in Kaserne
Autor: Harald Rieger
Bamberg, Donnerstag, 05. Januar 2017
Wir wollen hinter den Zaun blicken und den Alltag der Menschen im Ausbildungszentrum näher beleuchten.
Als vor mehr als zwei Jahren im September zum letzten Mal die amerikanische Flagge am Hauptquartier in der Lagarde-Kaserne eingeholt wurde und damit der letzte Amerikaner die Bamberger Kaserne nach mehr als sieben Jahrzehnten für immer verlassen hatte, war Helmut Weis emotional tief bewegt und alles andere als in Feierstimmung.
Zwar war der damalige US-Zivilbeschäftigte nach der offiziellen Schließung der Kaserne noch bis Ende des Jahres 2014 mit der Übergabe der Einrichtung an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) beschäftigt, doch dann hieß es auch für Weis nach über 35-jähriger Tätigkeit im Dienste der US-Amerikaner Abschied nehmen. "Dieser ist mir damals nicht gerade leicht gefallen. Denn zum einen waren die Amerikaner ein sehr guter Arbeitgeber, für den ich gerne tätig war, und zum anderen wusste ich nicht, wie es bei mir beruflich weitergehen soll", erinnert sich Weis. Zumal er zu jener Zeit, als er in die Arbeitslosigkeit geriet, bereits stark auf die 60 Jahre zuging.
Doch allzu lange musste sich Helmut Weis nicht auf Arbeitssuche begeben. Denn als bekannt wurde, dass die Bundespolizei in die ehemalige US-Kaserne einziehen wird und zahlreiche Beschäftigte suchte, stand für den Bamberger fest: er werde sich dort um eine Stelle bewerben.
Bewerber mit 60 Jahren
"Ich hätte nicht gedacht, dass ich mit meinen 60 Jahren noch einmal eingestellt werde. Aber umso glücklicher bin ich, dass es geklappt hat. Somit war ich bei den Amerikanern einer der letzten, der die Kaserne verließ und bei der Bundespolizei einer der ersten Angestellten", schildert er. Aber nicht nur, dass er im fortgeschrittenen Alter noch einmal einen Job bekommen hat, freut ihn, sondern vielmehr, dass er wieder in "seiner" Kaserne tätig sein darf. Denn Helmut Weis, der sich auch privat seit vielen Jahrzehnten mit der Geschichte der Militäranlage beschäftigt, "liebt" und schätzt das Gelände zwischen der Pödeldorfer Straße und dem Hauptsmoorwald wie kaum ein anderer. Zudem kennt er dort jedes Gebäude und jeden Bunker beinahe wie seine Westentasche.
Kümmerer und Koordinator
Eine Tatsache, die ihm auch in seinem neuen Job zugutekommt. Bei der Bundespolizei ist Weis nunmehr als Liegenschaftsmitarbeiter tätig. Er kümmert sich in dieser Funktion um kleinere Reparaturen, teilt seine Kollegen ein und ist irgendwie, wie er selbst sagt, "Feuerwehr" ohne Löschfahrzeug. Egal, wo es "brennt", sprich wo seine Hilfe gebraucht wird, Helmut Weis ist zur Stelle. Er kümmert sich um kaputt gegangene Stühle ebenso wie er die Wäscheausgabe mitkoordiniert. "Ich habe hier wieder einen tollen Arbeitgeber bekommen und der Job macht einfach Spaß", betont er. Auch der Umgang mit den jungen Polizeianwärtern bereitet ihm viel Freude. Am meisten jedoch gefällt dem mittlerweile 61-Jährigen, dass wieder Leben in die Kaserne eingezogen ist und dass man an vielen Stellen noch zahlreiche Überbleibsel der Amerikaner findet. Und, naja, ein paar alte Andenken hat natürlich Weis selbst mitgemacht: so zieren sein Büro zahlreiche Fotografien aus vergangenen Tagen der Kaserne.
Insgesamt hat Helmut Weis sein zweites berufliches Glück gefunden. Und daher will er auf alle Fälle bis zu seinem 65. Lebensjahr in seiner neuen Stellung bleiben, sofern er körperlich fit bleibt. "Schließlich will ich schon noch sehen und hautnah miterleben, wie sich die Liegenschaft weiter füllt und wie sie weiter anwächst", unterstreicht er.
Aktuell leben knapp 800 junge Polizeianwärter sowie um die 370 Mitarbeiter in der ehemaligen amerikanischen Kaserne. Im März kommen weitere 180 Polizeianwärter hinzu und im September dieses Jahres noch einmal 800. Auch die Zahl der Ausbilder und Mitarbeiter wird dabei auf rund 600 anwachsen. Das Aus- und Fortbildungszentrum der Bundespolizei umfasst derzeit 100 Hektar und ist somit die größte Liegenschaft der Bundespolizei.