Druckartikel: Donna Leon plauderte in Bamberg über Gondeln und die Umwelt

Donna Leon plauderte in Bamberg über Gondeln und die Umwelt


Autor: Petra Breunig

Bamberg, Mittwoch, 27. Januar 2016

Die Bestsellerautorin Donna Leon brachte barocke Gondellieder in die Bamberger Konzerthalle und machte aus ihrer Abneigung gegen Kreuzfahrtschiffe keinen Hehl.
Donna Leon mit einem der roten Zettel, der bei der Übersetzung half. Foto: Matthias Hoch


Nein, die riesigen Kreuzfahrtschiffe, die unzählige Touristen nach Venedig, der Wahlheimat der in New Jersey geborenen Schriftstellerin Donna Leon bringen, kann sie nicht ausstehen. "Sie wollen mich umbringen!", ruft sie leidenschaftlich ins Publikum in der Bamberger Konzert- und Kongresshalle, das leider den Joseph-Keilbert-Saal nicht komplett füllt. Denn diese Ungetüme, deren Dieselmotoren 24 Stunden laufen, vergiften nicht nur die Lagune. Sie vergiften auch die Menschen, die sich frische Spaghetti alla vongole schmecken lassen.


Herzensangelegenheit

Die Umwelt - das ist nicht nur ein Thema, das der 73-jährigen Donna Leon am Herzen liegt. Es ist auch eines, das immer wieder in den Romanen anklingt, in denen ihr Commissario Guido Brunetti Mordfälle löst und ansonsten ein liebenswerter Familienmensch ist. Freilich stand er und damit die Krimis, für die Donna Leon berühmt ist, nicht im Mittelpunkt der konzertanten Lesung, durch die die Autorin und Schirmherrin des Bamberger Literaturfestivals, Tanja Kinkel, gekonnt vom leichtfüßigen und witzigen amerikanischen Englisch übersetzend führte. An ihrer Übersetzungsleistung kann es nicht gelegen haben, dass der Funke von der Bühne ins Publikum nicht sofort übersprang. Vielleicht hatten die meisten trotz der Ankündigung mit einer konventionellen Lesung gerechnet. Und mussten sich folglich erst daran gewöhnen, dass Donna Leon lebendig und schlagfertig über ihre umfangreiche, Zahlen- und Faktensatte Recherche rund um Venedigs Umweltproblematik erzählte - und der Übersetzerin Tanja Kinkel freundlich lächelnd ihre Unterlagen hinüberreichte, damit die durchaus schwindelerregende Zahlen unfallfrei ins Deutsche retten konnte.


"Ich mochte Gondeln, wusste aber nichts über sie."

Zahlen allerdings waren es nicht, die Donna Leons Liebe zu Venedigs Gondeln weckten. "Ich mochte Gondeln, wusste aber nichts über sie", eine Wissenslücke, die sie angesichts der auf Venedigs Kanälen allgegenwärtigen schwarzen Boote nicht ruhen ließ, die sie mittlerweile detailverliebt geschlossen und - typisch Schriftstellerin - ihren Lesern unter anderem im kleinen Buch "Gondola" nahebringt. Das Publikum erfuhr in der Überleitung zu den Auftritten des siebenköpfigen Barockensembles "Il Pomo d'Oro", dass es früher auch farbige und sogar goldene Gondeln gegeben hat, bis Schwarz als Farbe gesetzlich festgelegt wurde, dass die Boote mit 40 bis 50 Zentimeter Tiefgang 1094 erstmals urkundlich erwähnt wurden und ursprünglich von zwei Ruderern bewegt wurden.


Volkstümliche Lieder

Diese Gondoliere wiederum durften früher kostenlos in die Oper und waren die einzigen Diener, die die Mahlzeiten zusammen mit ihrer Herrschaft einnahmen. Einfach deshalb, weil sie zu viele familiäre Geheimnisse wussten. "Zeigen Sie mir einen, der heute in die Oper will", scherzt Donna Leon und weist lachend darauf hin, dass es zwar auch heute noch geschickte Gondoliere gibt, die aber keinen freien Eintritt mehr in die Oper haben. Freilich waren die typischen im venezianischen Dialekt gesungenen und auf der Bühne so wunderbar von Vincenzo Capezzuto interpretierten Lieder volkstümlich. Sie beschäftigten sich mit Liebe, Schmerz, den ganz alltäglichen Dingen und wurden von den am Rande der Kanäle stehenden Einheimischen kommentiert und mitgesungen.

Mitgesungen hat das Publikum zwar nicht - was an mangelnden Sprachkenntnissen gelegen haben mag. Der Applaus aber war langanhaltend und wurde mit mehreren Zugaben belohnt.
Buchhändlerin und Literaturfestival-Geschäftsführerin Asli Heinzel führte witzig und kompetent in den Abend ein. Die Begrüßung hatten Mitorganisatoren Klaus Stieringer (Stadtmarketing) und Michael Genniges (Buchhandlung Hübscher) übernommen.

Mehr über das Barockensemble "Il Pomo d'Oro" zu hören gibt es auf dessen Youtube-Seite.
Die Werke von Donna Leon sind im Diogenes Verlag erschienen.
Mehr über das Bamberger Literaturfestival gibt es hier.