Konfirmation: Diese jungen Leute verblüffen
Autor: Marion Krüger-Hundrup
Bamberg, Sonntag, 10. April 2016
Am Sonntag wurden Jugendliche in der Erlösergemeinde konfirmiert. Eine Studie belegt, dass das Interesse an der Konfirmation ungebrochen ist.
Simon (14), Angelika (14), Annika (14) und Helena (13) haben sich in Schale geworfen. Ihre Schuhe sind auf Hochglanz poliert. Mit ernsten Mienen sitzen sie in der ersten Reihe der Erlöserkirche am Kunigundendamm. Zehn weitere junge Leute im äußerst gepflegten Outfit gesellen sich dazu. In den nächsten Bankreihen nehmen Eltern, Geschwister, Verwandte Platz. Es ist eine festliche Versammlung, die Pfarrerin Dorothea Münch und Vikarin Marie Henkys willkommen heißen. Dabei steht der eigentliche große Tag noch bevor. Der heutige Samstagnachmittag bildet den Auftakt zur Konfirmation am Sonntag: Konfirmandenbeichte mit Abendmahl ist angesagt.
Nach dem würdevollen Akt kommen Simon, Angelika, Annika und Helena zum Interview in die Sakristei. "Ich war schon als Kind in der Kirche und mache jetzt einfach weiter", plaudert Simon unbekümmert los und lässt doch erkennen, wie durchdacht sein Schritt ist. Denn "nach der Konfirmation bleibe ich dabei und werde Mitarbeiter für die nächsten Konfis", erklärt der Gymnasiast. Auch die drei Mädchen nicken zustimmend die Köpfe, keine Spur von Scheu, bewusst Ja zu sagen zum christlichen Glauben und zur Kirchenzugehörigkeit. Nach einem knappen Jahr Vorbereitung durch die Pfarrerin und Vikarin haben sie intus, dass die Konfirmation nicht nur der Eintritt in das kirchliche Erwachsenenleben ist, sondern auch die persönliche Bestätigung der Taufe.
Angelika hebt noch hervor, dass sie im Konfirmandenunterricht neue Freunde gefunden und gute Gemeinschaft erlebt hat. "Es geht auch im Spaß dabei!", lächelt die Vierzehnjährige. Davon konnten sie und Annika, Helena und Simon Mitschülern erzählen, die nicht zur Konfirmation gehen. "Niemand spottet über uns oder macht blöde Bemerkungen, weil wir was mit Kirche zu tun haben", machen die Vier gute Erfahrungen entgegen aller Unkenrufe.
Natürlich ist die Konfirmation auch ein Familienfest, zu dem selbst entfernt wohnende Großeltern, Tanten, Onkel anreisen. Und selbstredend, dass sich die Jugendlichen auf die Geschenke zum Fest freuen: "Das ist wie Weihnachten, da gibt es auch Geschenke, obwohl der Sinn woanders drin liegt", meint Simon. Die jungen Gesprächspartner verblüffen. Werfen das weit verbreitete Klischee über Bord, man lasse sich nur wegen der Präsente konfirmieren und hake den Termin ansonsten ab.
Konformation prägt nachhaltig
Simon, Angelika, Annika, Helena stehen mit ihrer Einstellung zur Konfirmation nicht allein auf weiter Flur. Ein international-vergleichendes Forschungsprojekt bestätigt diese. Wissenschaftler aus neun europäischen Ländern haben in einer repräsentativen Jugendstudie mit mehr als 28 000 Konfirmanden, über 4100 ehrenamtlichen Mitarbeitern sowie 1635 Konfirmationsgruppen belegt, dass Konfirmandenarbeit nachhaltig ist. Zum deutschen Forscherteam gehört der Bamberger Professor Henrik Simojoki, Inhaber des Lehrstuhls für evangelische Theologie mit Schwerpunkt Religionspädagogik und Didaktik an der Otto-Friedrich-Universität.Simojoki ist Mitherausgeber dieser bisher zweiteiligen Studie, die derzeit bis 2018 in einem dritten Abschnitt die Langzeiteffekte der Konfirmandenarbeit eruiert. Für den Bamberger Theologen ist dank der ausgewerteten anonymisierten Fragebögen zu Beginn und am Ende der Konfirmandenzeit klar: "Die Konfirmation prägt das Leben der Jugendlichen nachhaltig, gibt Orientierung im Glauben und leistet einen wichtigen Beitrag für die Zivilgesellschaft", greift Henrik Simojoki einen wesentlichen Aspekt auf. Konfirmandenarbeit schaffe Zusammenhalt, fördere soziales und ethisches Handeln sowie ehrenamtliches Engagement, fügt der Professor weitere Forschungsergebnisse an.
Jugendliche auf der Suche
Dabei gebe es durchaus Unterschiede zwischen verschiedenen europäischen Ländern. Als ein Beispiel nennt Simojoki die "Teilnehmerquoten": In Deutschland nehmen mehr als 90 Prozent aller evangelischen Jugendlichen eines Jahrgangs an der Konfirmation teil, in Schweden nur noch ein Drittel, in Großbritannien unter fünf Prozent. Gründe für ein Wegbleiben seien die veränderte Akzeptanz von Religion in der Gesellschaft oder eine Kirchenmitgliedschaft, die sich lediglich zu biografischen Eckpunkten - Taufe, Hochzeit, Beerdigung - äußere."Es wäre unrealistisch anzunehmen, dass Konfirmationsarbeit aus Jugendlichen regelmäßige Kirchgänger macht", räumt der Theologieprofessor ein. Simojoki, selbst ordinierter Pfarrer, spricht von einer "notwendigen Begleitung der Jugendlichen auf der Suche", für die es jedoch keine einfachen Rezepte gebe. Der evangelische Hochschullehrer blickt über den eigenen Kirchturm hinaus auf die Katholiken, die "mit ihren Ministranten eine partizipatorische Form der Begleitung von jungen Menschen haben". Überhaupt weitet Professor Simojoki das Augenmerk auf die Ökumene, benennt die Firmung, die in der katholischen Kirche die Taufe vollendet. Die demografische Entwicklung werde beiden Kirchen rückläufige Teilnehmerzahlen bringen, prophezeit Simojoki. Für ein nachlassendes Interesse zumindest an der Konfirmation "gibt es jedoch keine Anzeichen".