Die zweite Revolution in Franken
Autor: Hubert Zöller
Bamberg, Freitag, 15. Februar 2019
Vor 100 Jahren: Der Mord an Bayerns Ministerpräsident Kurt Eisner führt zur Räterepublik. Der Anteil Frankens dabei ist heute weithin vergessen. Zu unrecht.
Am 21. Februar 1919 wird Bayerns Ministerpräsident Kurt Eisner von einem Rechtsradikalen ermordet. Die Empörung ist groß. Zehntausende kommen im jungen Freistaat, darunter auch in Bamberg, zu Gedenkfeiern und Demonstrationen. Der Mord wird zur Initialzündung für die "Zweite Revolution" in Bayern nach dem Novemberumsturz 1918.
Vielerorts wollen die Räte nun die Macht vollständig übernehmen. So verhängt in Aschaffenburg der Arbeiter- und Soldatenrat am 23. Februar den Belagerungszustand. Ein Aktionsausschuss wird gebildet und dem Oberbürgermeister ein Kontrolleur zur Seite gestellt. Im benachbarten Obernburg am Main übernimmt ein Aktionsausschuss unter Johann Elbert (USPD), dem Vorsitzenden des örtlichen Arbeiter- und Bauernrats, die Macht im Bezirk. Eine Demonstration zieht am 25. Februar zum Bezirksamt und schickt den Bezirksamtmann "in Urlaub".
Solche Aktionen sollen der Verteidigung der Revolution dienen, vor allem aber Ruhe und Ordnung und die prekäre Lebensmittelversorgung sichern. Der "Kampf gegen Wucher und Schleichhandel" beherrscht die Verlautbarungen der Räte, nicht die Weltrevolution oder die Diktatur des Proletariats. "Die Sicherheit der Person und des Eigentums wird verbürgt", heißt es etwa in Obernburg ausdrücklich.
Der radikalen Linken reicht dies nicht. Am 7. April wird in München die Räterepublik ausgerufen. Die Regierung Hoffmann flieht nach Bamberg. Nun hängt es vor allem von Franken ab, wer die Oberhand gewinnt.
Nürnberg auf Hoffmanns Seite
Tausende kommen auch in fränkischen Städten zu Kundgebungen für die Räterepublik. In Hof schließt sich der Arbeiter- und Soldatenrat der Räterepublik an, allerdings arbeitet die Verwaltung weiter wie bisher. Auch in Fürth wird die Räterepublik ausgerufen. Die Garnison erklärt ihre Zustimmung. Ein Vollzugsausschuss des Arbeiter- und Soldatenrats übernimmt die Macht.
Doch in Nürnberg stellen sich Arbeiterräte und Garnison auf die Seite der Regierung Hoffmann, ebenso die Bauernräte in Mittelfranken. In Fürth werden deshalb die Lebensmittel knapp. Die Reichsbank schneidet Fürth vom Geldverkehr ab. Weil der Sold nicht mehr gezahlt wird, kann das Armee-Generalkommando in Nürnberg die Soldaten in Fürth auf seine Seite ziehen. Am 10. April spricht sich die Mehrheit der Fürther Arbeiter- und Soldatenräte gegen die Räterepublik aus, die am nächsten Tag für beendet erklärt wird.
Auch in Würzburg, Schweinfurt, Aschaffenburg und Lohr erklären Revolutionäre Aktionsausschüsse den Anschluss an die Räterepublik. Am 7. April proklamiert der Kommunist Anton Waibel in Würzburg die Räteherrschaft. In Aschaffenburg verkündet Jean Stock (USPD) auf einer Kundgebung die Räterepublik, unterstützt auch von Teilen der SPD. Tags darauf folgt Lohr nach einem Aufruf der USPD, unterstützt von Soldaten der Würzburger Garnison.