Die Zuckerrübe braucht Gefühl
Autor: Anette Schreiber
Buttenheim, Dienstag, 12. April 2016
Agraringenieur Peter Schlund aus Buttenheim baut für sich und andere Landwirte Zuckerrüben an.
"Gefühl braucht man und Geduld." Behutsam fischt Peter Schlund einen Regenwurm aus dem Ackerboden. "Der ist wichtig", sagt er respektvoll und setzt das Tier vorsichtig zurück zu den blauen Körnern, die zu Zuckerrüben heranwachsen sollen. Der Agraringenieur kennt sich aus mit den Rüben. Er baut sie für sich und im Lohnbetrieb für andere an. 36 Kilo Zucker konsumiert jeder Bundesbürger jährlich. Dafür bedarf es des Gefühls und der Geduld von Peter Schlund und seinen Kollegen.
Geduld hat der Buttenheimer schon jede Menge aufbringen müssen - wegen des Wetters. "Es war lange zu nass." Es macht keinen Sinn, Zuckerrüben in einem nassen Acker zu säen. Nicht nur, dass der Traktor versinken würde. Mit seinem Gewicht würde er auch den Boden verdichten und dann ginge gar nichts mehr. Lieber den Boden Wasser aufnehmen und speichern lassen, so dass er es dann nach und nach wieder an die heranwachsenden Pflänzchen abgeben kann, macht Schlund deutlich. "Mit ein bisschen Sonne geht's dann ganz schnell", erklärt der 46-Jährige; "aber erst, wenn die Oberfläche abgetrocknet ist."
Zwischen Mitte März und Mitte April werden Zuckerrüben üblicherweise gesät. Schlund sät für sich auf rund 22 Hektar an, ein Fünftel dessen, was der auf Ackerbau spezialisierte Betrieb anbaut. Daneben betreibt Schlund Grüngutkompostierung und sät im Lohnbetrieb für 20 andere Betriebe. Denn nicht alle Rübenanbauer können oder wollen sich wie Schlund ein Einzelkornsägerät anschaffen oder für die Ernte nötige Großmaschinen.
Auf einer Breite von sechs Metern verfügt dieses Einzelkornsaatgerät über insgesamt zwölf Behältnisse für Saatgut. Daraus wird im Abstand von 18 Zentimetern in Reihen mit einem halben Meter Abstand jeweils ein Saatkorn zwei Zentimeter tief in die Erde gelegt. "Die Pflanzen brauchen Platz, um wachsen und sich entwickeln zu können", macht der Agrar-Ingenieur deutlich.
An einem Tag schafft Schlund es, "gute 20 Hektar anzusäen". In der halben Stunde etwa einen Hektar (beim Ernten geht's schneller). Pro Hektar benötigt Schlund circa 108 000 Saatkügelchen. Daraus werden bis zum Herbst in der Regel 80 000 bis 90 000 zwischen 800 und 1100 Gramm schwere Zuckerrüben. Bei 16 Prozent Zuckergehalt bringt die pro Tonne einen Mindestpreis von 26,50 Euro. Zusammen mit weiteren Bewertungsfaktoren lassen sich, wie im letzten Jahr etwa, zwischen 37 und 38 Euro pro Tonne erwirtschaften.
Freilich muss man davon auch abziehen, was an Pacht, Saatgut, Pflanzenschutz, Diesel, Maschinenverschleiß und Arbeitslohn anfallen. Dennoch, dank des bis einschließlich heuer garantierten Mindestpreises ein relativ sicheres Geschäft. Im kommenden Jahr ist man dem EU-weiten Wettbewerb ausgesetzt und die Festpreisgarantie fällt weg, sensibilisiert Schlund für die kommende Problematik. Auch weil die Zuckerrübe in der Lage ist, bei Trockenheit zu pausieren, das Wachstum vorübergehend einzustellen. Dank der langen Wurzel kann die Zuckerrübe zudem gut Wasservorräte "anzapfen". Gerodet wird ab September. Bis zum Januar verarbeiten die Fabriken die Rüben zu Zucker und Rübenschmitzeln. Die Zeit, in der Ernte und Verarbeitung laufen, nennt man Kampagne, erklärt Schlund. Allerdings sind Zuckerrüben nur begrenzt lager- und transportfähig.
Beim Säen muss er rund 100 Hektar schaffen. Über 25 davon hatte er letzte Woche fertig. Tendenziell sei man heuer draußen mit allem später dran als im vergangenen Jahr. So ist Schlund zuversichtlich, die Aussaat auch noch vollenden zu können, und übt sich in Geduld. "Man muss warten, bis der Boden reif ist."
Abholbereit am Wegesrand
Schlund ist in Sachen Rübensaat im Landkreis Bamberg und im Landkreis Forchheim unterwegs. Bei der Ernte bedient er im Lohnbetrieb weitaus mehr Kunden in größerem Einzugsgebiet. Dafür müssen die aus dem Boden geholten Rüben in großen Haufen am Wegesrand zur Abholung bereit gelegt werden. Die Lastwagen bringen sie dann zur Zuckerfabrik nach Ochsenfurt. Die Anbauer haben Lieferrechte und halten zudem als Genossenschaft 55 Prozent an der Südzucker AG, führt Schlund weiter aus. Als Nebenprodukt des Zuckers werden übrigens Rübenschnitzel aus dem Festkörper hergestellt. Sie finden als Tierfutter Verwendung. Weiterhin kann aus Zuckerrüben auch Bio-Ethanol produziert werden, in Biogasanlagen werden sie ebenfalls eingesetzt. Ansonsten findet das Hauptrodukt Zucker in einer Vielzahl von Lebensmitteln Verwendung.
Im Landkreis Bamberg, so schätzt der stellvertretende Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes bauen noch etwa 90 Betriebe Zuckerrüben an. Wie sich das nach Wegfall der Mindestpreisgarantie entwickelt, sei abzuwarten. Geduld und Gefühl werden wohl auch da entscheidend sein.