"Die Stöhnnummer, die zieht immer!"
Autor: Monika Beer
Bamberg, Freitag, 13. Dezember 2013
Wer dem Weihnachtsstress lachend beikommen will, dem kann ab sofort geholfen werden: mit den Comedy-Episoden "Stenkelfeld" im Treff des Bamberger E.T.A.-Hoffmann-Theaters. Am Donnerstag jubelte das Publikum.
Stenkelfeld? Nie gehört? Ist eindeutig eine Bildungslücke - und was für eine! Abhilfe schafft momentan das E.T.A.-Hoffmann-Theater, denn es hat im Treff ein Rundfunkstudio eingerichtet, in dem hautnah nachvollzogen werden kann, warum die von den NDR-Redakteuren Detlev Gröning und Harald Wehmeier 1994 ins Leben gerufene und vor einigen Jahren leider stillgelegte satirische Hörspielreihe zumindest in Norddeutschland schon lange Kultstatus hat.
Intendant Rainer Lewandowski hat sich mit den von ihm zusammengestellten und inszenierten Stenkelfeld-Episoden einen Herzenswunsch erfüllt.
Und man darf ihm dafür fast uneingeschränkt dankbar sein. Denn dieser norddeutsche Comedy-Abend ist - auch wenn sich manches unnötig wiederholt - ungemein kurzweilig. Die Reportagen und Interviews aus dem Studio Stenkelfeld im fiktiven Landkreis Stenkelfeld sind voller Alltagskatastrophen und "Menschen wie du und ich", wie sie allesamt auch bei uns passieren bzw. herumlaufen.
Zum Beispiel Herr Professor Dr. mult. Brörmeyer von der Wim-Thoelke-Universität, der dem Publikum gleich beim Eintritt in den Treffsaal zeigt, wo in Sachen Theaterhusten der Hammer hängt. "Die Betroffenen", doziert er ins Mikrofon, "leben völlig beschwerdefrei bis zu dem Moment, in dem sie in einem Theatersessel Platz nehmen und das Licht ausgeht. Und dann geht urplötzlich dieses Geräusper, Geniese, Geschnaube, Gehuste und Geröchel los, und dann muss man denn eben vorher mal genau hingucken, wen man hier rein lässt und wen nicht." Mal ehrlich, wäre das nix für die Symphoniker-Konzerte?
Bombenrollen für Gerald Leiß
Man könnte sich kugeln vor Lachen. Ob das nun die Auftritte Brörmeyers sind, oder von Gustav Gnöttgen, dem Hausmeister des Claudia-Schiffer-Gymnasiums, oder von Versicherungsbezirksleiter Prött hölzer: Schon allein Gerald Leiß in diesen drei tragenden Rollen zu erleben, lohnt das Eintrittsgeld, denn er gibt den Figuren in Mimik, Körpersprache und norddeutsch angehauchtem Dialekt ein umwerfend direktes, aber nicht zu dick aufgetragenes Profil.
Auch Patrick L. Schmitz als Radiomoderator Alfred Fahrenkötter ist im Dauereinsatz - ein ziemlich ahnungsloser, zuweilen genervter und überforderter, aber nie auf den Mund gefallener Reporter, der seinen Höhepunkt hat, wenn er bei einer längeren Live-Schaltung mit O-Tönen der Serie endlich seinen Dosenfisch verzehren kann. Franz Tröger ist die Rolle des Schnulzenschreibers Ralf Sögel in seinem mit Goldenen Schallplatten tapezierten Studio auf den Leib und die gezielt mickrig klingende Stimme geschrieben: Was er wie auch von sich gibt, es sind lauter kleine komödiantische Kostbarkeiten.
Schleimig, trocken, gut
Bernhard Georg Rusch in seinen Mehrfachrollen bleibt vor allem als weanerisch daher schleimender Jean-Jacques Gelee in Erinnerung, während Eckhart Neuberg dem Leiter der Jürgen-Koppelin-Bildungsstätte Friedhelm Pötter eine unendlich beamtische Trockenheit verleiht. Die Kunstvereinsleiterin Dörthe Schmöller-Öllrich hat der Regisseur aus naheliegenden Gründen in Sieglinde Köhle umbenannt - und irgendwie schafft es Eva Steines in ihren Kunstbetrachtungen, sie alle vortrefflich auf den Punkt zu bringen.
Was mit diesen "Menschen wie du und ich" im einzelnen passiert, darf nicht verraten werden. Nur soviel: Es geht zumeist um Fressen, Saufen und etwas Sex - mit einem weihnachtlichen Schwerpunkt. Und selbst wenn die Witze einen Bart haben, muss man einfach lachen, weil sie, ob gespielt oder nur in Protokollform, gekonnt lakonisch vorgeführt werden - in einer in jedem Detail stimmigen Retro-Ausstattung von Jens Hübner, die sich aus den neunziger Jahren und im Guildo-Horn-Look mit der hinreißenden Angela-Merkel-Zitronenpresse in die Gegenwart mogelt. Selbst die Souffleuse ist passend gekleidet.
Nur eines haben die Verantwortlichen vergessen: Während die Beamten-Kurs-Lektion fürs Publikum inszenatorisch nicht entschieden genug vorangetrieben wird, würde der eine oder andere Zuschauer beim finalen Song "Verliebte Fischer" gerne mitsingen, wenn er denn den Text des Refrains zur Hand hätte. Aber was nicht ist, kann ja noch werden!
Weitere Aufführungen am 13., 14., 15., 19. und 20. Dezember. Karten gibt es unter Telefon 0951-873030, bei den bekannten Vorverkaufsstellen oder direkt hier.