Druckartikel: Die Pächterin des Schlosshotels Pommersfelden hört auf

Die Pächterin des Schlosshotels Pommersfelden hört auf


Autor: Andreas Dorsch

Pommersfelden, Freitag, 20. Sept. 2013

Das Schlosshotel in Pommersfelden schließt zum Jahresende. Bürgermeister Beck sieht einen Verlust für seine Gemeinde. Graf von Schönborn hat Pläne.
Renate Haag hat den Pachtvertrag, der bis 2015 laufen sollte, vorzeitig gekündigt. Fotos: Andreas Dorsch


ADAC, Adidas, Bayerischer Landtag, Bosch, Continental, Honda, Knauff, Puma, Pfizer Pharma, Siemens, Schaeffler, Toyota und eine ganze Reihe deutscher Universitäten: Die Referenzliste der Gäste des Schlosshotels Pommersfelden ist natürlich noch viel länger. Neben Tagungen finden in den barocken Räumen des Hotels auch rund 30 Hochzeitsfeiern im Jahr statt. Und jede Menge Urlauber erholen sich hier. Ende des Jahres ist damit aber erst einmal Schluss. Die Pächter-Familie Haag steigt nach zehn Jahren aus.

Ein herber Verlust

Die Schließung des Schlosshotels ist für die Gemeinde Pommersfelden ein herber Verlust. Bürgermeister Hans Beck (Wählerblock Sambach) sieht darin eine gewaltige Schwächung der Infrastruktur und vor allem einen Verlust von Arbeitsplätzen.

30 Mitarbeitern, darunter fünf Auszubildenden, muss die Pächterfamilie Haag kündigen.

Wie Renate Haag versichert, hätte sie mit ihren beiden Söhnen das Pommersfeldener Schlosshotel gerne weiter betrieben. Jedoch laufen seit acht Jahren Rechtsstreitigkeiten mit dem Verpächter, Paul Graf von Schönborn.

Weil das Verhältnis so zerrüttet ist, hat sich die Familie Haag entschieden, vorzeitig aus dem eigentlich bis 2015 laufenden Pachtvertrag auszusteigen. Vor dem Oberlandesgericht habe man jetzt einen Vergleich geschlossen, um schon Ende 2013 aufhören zu können, berichtet Renate Haag.

Familie hat eigenes Hotel in Baden gekauft

Seit 2012 habe es interessierte Nachfolgepächter gegeben, 2013 wurden dem Grafen weitere präsentiert, aber alle nicht akzeptiert, sagt Renate Haag. Für die Haags ist Ende das Jahres in Pommersfelden definitiv Schluss. Mittlerweile hat sich die Familie ein eigenes Hotel in Bühl in Baden gekauft.

Renate Haag hat eine lange Liste mit Vorfällen parat, die jetzt im Ausstieg gipfelten. So sollen von Anfang an Teile der historischen Gebäude nicht so genutzt worden sein können, wie im Pachtvertrag vereinbart. Immer wieder habe es Reibereien und unterschiedliche Ansichten über die Nutzung der historischen Gebäude und der Außenanlagen gegeben.

Dabei sei der Betrieb selbst mit seinen 67 Zimmern immer gut ausgelastet gewesen. Hochzeiten und sehr viele große Tagungen mit jeweils 60 bis 120 Personen hätten den Terminkalender gefüllt. Dinnershows zu den Themen Krimi, Dracula oder Chocolat und mehr hätten großen Anklang gefunden.

Fast zwei Millionen Pacht

Renate Haag habe aber auch Kritik einstecken müssen, weil sie einem Verein mit einer übertrieben rechten Gesinnung einmal im Jahr Obdach gewährte. Zu dieser Tagung seien etwa 300 Leute gekommen, die auch noch zehn Hotels in der Umgebung gefüllt haben. Dieser Verein habe aber schon im Schlosshotel getagt, noch bevor die Haags ihre Pacht angetreten hatten, blickt die Chefin zurück. Zudem sei man immer in Kontakt mit Polizei und Verfassungsschutz gestanden.

Renate Haag kritisiert, dass von den fast zwei Millionen Euro, die sie in den vergangenen zehn Jahren an Pacht bezahlt habe, "nichts in die Renovierung geflossen ist oder zur Erhaltung der Gebäudesubstanz ausgegeben wurde". Leere Gebäudeteile würden verfallen und sie habe Zimmer, die nicht mehr vermietet werden können.
Ihr Hotel habe bevorzugt mit ortsansässigen Betrieben zusammengearbeitet. So wurden die Backwaren vom örtlichen Bäcker bezogen, der Blumenladen machte Geschäft mit den Hochzeiten. War das Schlosshotel überbucht, habe man die Gäste an Häuser in der Nachbarschaft verwiesen.

Jetzt muss im Dezember alles leer geräumt werden. Die Küche ebenso wie das Restaurant und die Zimmer. Renate Haag kann das nicht so richtig verstehen, wäre es für sie doch sinnvoller, wenn ein Nachpächter in dem voll eingerichteten Haus einfach weitermachen könnte.
Das ist aber nicht im Sinne von Paul Graf von Schönborn. Wie er auf Anfrage des FT erklärte, plane er eine Eigenbewirtschaftung des Hotels. Es sei entschieden, das Schlosshotel Pommersfelden, in dem er einen "riesigen Investitionsrückstand" sieht, nicht mehr zu verpachten. Das Pachtverhältnis habe aus Sicht des Grafen nie richtig funktioniert. Auch sei der Vertrag mit der Familie Haag "sehr locker ausformuliert" gewesen. Mit möglichen Nachpächtern sei man sich nicht einig geworden.

Jetzt plant Paul Graf von Schönborn eine "große Lösung", bei der das Schloss mit Gastronomie und Hotel an Attraktivität gewinnen soll. "Vier Sterne plus" werde angestrebt. Man sei gerade dabei, ein Konzept für Investitionen und den Betrieb zu entwickeln.

"Pommersfelden ist nicht Zermatt oder Lugano"

Solche Pläne hält Sandra Dorn, noch Empfangsmitarbeiterin im Schlosshotel, für ein "Luftschloss". Die Frau mit Erfahrung in der Hotelbranche hält eine Aufwertung auf mehr Sterne für wenig erfolgversprechend: "Pommersfelden ist nicht Zermatt oder Lugano." Hier sei die Zielgruppe dafür einfach nicht vorhanden. Sandra Dorn blickt von ihrem Empfang auf die auch dem Grafen gehörende Schlossgaststätte. Die ist "wegen aufwendiger Renovierungsarbeiten" schon seit fast fünf Jahren geschlossen.

Bürgermeister Beck bedauert den Ausstieg der Familie Haag: "Die hat ihr Geschäft verstanden. Die Haags waren Gastronomen mit Leib und Seele." Beck würde es zwar begrüßen, wenn der Graf seine Pläne umsetzt, glaubt aber nicht, dass Pommersfelden die für ein Luxushotel nötige Infrastruktur besitzt.

Dem Verlust von Arbeitsplätzen im Schlosshotel kann der Bürgermeister ebenso nur zusehen wie dem Abzug der Großbäckerei Burkard.