Druckartikel: Die Kunst des Wegwerfens

Die Kunst des Wegwerfens


Autor: Stefan Fößel

Bamberg, Donnerstag, 04. Februar 2016

Nicht jedes Artefakt ist leicht als solches zu erkennen. Erst recht nicht für Putzfrauen und -männer.
Das Kunstobjekt «Behausung 6/2016» der Künstlerin Romana Menze-Kuhn in Mannheim in der evangelischen Philippuskirche. Eine Reinigungskraft hatte versehentlich Teile der Rettungsfolie, die ursprünglich auf dem Boden lagen, in einen Mülleimer geworfen. Die Künstlerin nutzte den Zwischenfall und baute die Mülltonne in ihr Werk mit ein. Foto: Uwe Anspach/dpa


Ist das Kunst oder kann das weg? Diese Frage hätte eine Putzfrau aus Mannheim wohl besser gestellt, statt eine Installation aus Rettungsfolien einfach fachgerecht zu entsorgen. Künstlerin Romana Menze-Kuhn hat pragmatisch reagiert und die Mülltonne samt Folien in ihr Werk eingebaut.
Und steht plötzlich in einer Reihe mit dem großen Joseph Beuys. Denn dessen Kunst war gleich zweimal dem deutschen Reinlichkeitsdrang zum Opfer gefallen: Erst wurde eine von Beuys installierte Badewanne zum Gläserspülen verwendet, dann seine künstlerisch wertvolle "Fettecke" vom Hausmeister entfernt.
Was schon vor 20 Jahren das klassische Rollenklischee widerlegte, wonach Männer nie aufräumen und Frauen immer alles wegschmeißen. Wenn nun aber auffallend viele Männer ihre gesammelten Kindheitserinnerungen bis zur Rente aufheben möchten, mag es sich um verkannte Lebenskünstler handeln.