Die Kirche und das liebe Geld
Autor: Marion Krüger-Hundrup
Bamberg, Donnerstag, 06. Dezember 2018
Der Finanzskandal im Bistum Eichstätt hat nicht nur Schlagzeilen produziert, sondern auch generell die Frage nach dem Umgang mit dem kirchlichen Mammon aufgeworfen.
           
Erwin Nunner erinnert sich noch gut daran, wie er in den 1970er Jahren mit einer Delegation seiner Pfarrei zum Finanzdirektor ins Erzbischöfliche Ordinariat Bamberg marschiert ist. Es ging um ein Bauvorhaben, für das die pfarrlichen Gesandten einen Zuschuss erbitten wollten. Der Finanzdirektor, ein Kleriker, hörte sich das Ersuchen an. "Und dann stellte er einfach eine Überweisung über einen fünfstelligen DM-Betrag aus", erzählt der 83-jährige Nunner und schüttelt immer noch ungläubig den Kopf.
Ist so ein unbürokratischer Vorgang heutzutage auch Usus? "Nein, undenkbar!", sagt Mathias Vetter, seit 2011 Finanzdirektor des Erzbistums Bamberg und erster Laie in dieser Funktion. Wer jetzt zum Beispiel einen Ersatzbau für ein nicht mehr sanierungsfähiges Pfarrzentrum wünsche, müsse sich auf ein bis zu zweijähriges Genehmigungsverfahren einstellen. Eine Wirtschaftlichkeitsanalyse, Berechnungen von internen und externen Architekten, ein Finanzplan seien vonnöten und obendrein die Zustimmung der Ordinariatskonferenz und des Diözesansteuerausschusses. Also "ein Riesenprozess mit mehreren Kontrollmechanismen", so Finanzdirektor Vetter.
Wie inzwischen alle sieben bayeri-schen Bistümer hat die fränkische Diö-zese aus der Vergangenheit gelernt. Teils mit bitterem Lehrgeld, wie Eichstätt zeigt. Anfang des Jahres skandierten Schlagzeilen unisono "Finanzskandal": Dubiose Immobiliengeschäfte in den USA bescherten 54 Millionen Dollar Verluste, dem früheren stellvertretenden Finanzdirektor und einem US-Immobilienentwickler Untersuchungshaft sowie Bischof Gregor Maria Hanke eine Anzeige von 18 Katholiken wegen "schwerwiegender Verletzungen seiner Amtspflicht" im Vatikan.
Dabei war es der Bischof selbst, der bereits im Sommer 2017 Strafanzeige gestellt und den Finanzskandal öffentlich gemacht hatte. Hanke startete eine "Transparenzoffensive" nicht nur zur Offenlegung der Finanzen seines Bistums, sondern auch zur Erneuerung der Strukturen: "Diese neuen Strukturen und Regelwerke stellen sicher, dass sich die Ereignisse des Finanzskandals nicht wiederholen", erklärt Leitender Finanzdirektor Florian Bohn gegenüber unserer Zeitung. Seit April 2018 ist Bohn im Amt. Er stellte die Jahresbilanz 2017/18 vor - eine Bilanz, die erstmals nach den Richtlinien des Handelsgesetzbuches (HGB) für große Kapitalgesellschaften erstellt wurde.
Florian Bohn verweist auf den mit externen Fachleuten neu besetzten Diözesanvermögensverwaltungsrat - eine Art Aufsichtsrat - , dem der operative Arbeitsbereich obliege. Das "Konsultorenkollegium" unter Leitung von Bischof Hanke sei mit kirchenrechtlich vorgegebenen Kontroll- und Zustimmungsrechten ausgestattet und zeichne für die pastoralen Zielvorgaben verantwortlich. "Somit sind Aufsicht und operative Umsetzung organisatorisch klar getrennt", so Bohn. All dies sei flankiert worden durch die Entwicklung einer effizienten Innenrevision. Diese werde mit Hilfe einer externen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft anhand professioneller Standards durchgeführt.
Obendrein führt der Eichstätter Finanzdirektor verschiedene Diözesangesetze an, die weiterhin eine "risikoarme, ethisch-nachhaltige Anlagestrategie" regelten, die im Einklang mit der katholischen Soziallehre stünden. Ähnliches berichtet auch Bohns Bamberger Kollege Vetter mit drastischem Beispiel: "Entsprechend den ethisch-nachhaltigen Leitlinien sind kirchliche Finanzanlagen in Unternehmen ausgeschlossen, die mit Rüstungsgeschäften oder Abtreibung zu tun haben."
Über einen "uneingeschränkten Be-stätigungsvermerk unter dem Jahresabschluss 2017" freut sich Klaus Donaubauer, Finanzdirektor der schwäbischen Diözese Augsburg. Unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaften haben ihr Plazet gegeben für den Abschluss nach den Bilanzierungs- und Bewertungsvorgaben des HGB. Donaubauer führt zudem das Kontrollgremium "Diözesansteuerausschuss" an, das letztlich den Jahresabschluss beschließt.