Die Gesichter der Kunst- & Blutsbrüder
Autor: Diana Fuchs
Forchheim, Samstag, 04. Februar 2017
Johannes und Guido Häfner, erfolgreiche "Brothers in Art", sind echte Franken, eigenwillig und authentisch. Sie sagen: " Scheitern ist lebenswichtig."
D er Schwarzhaarige hat mal Kommunikations-Design studiert. "Aber ich war mit dem Studium nicht kompatibel." Der Blonde wollte Berufsschullehrer werden. "Bis ich festgestellt habe, dass ich nicht lebenslänglich in einem System malochen will, hinter dem ich nicht stehe."
Johannes und Guido Häfner, Jahrgang 1961 und 1968, sind Brüder. Brüder aus Fleisch und Blut - und in der Kunst. "Es gibt noch einen dritten von uns", erzählt Johannes Häfner und sein "kleiner" Bruder, der ein paar Zentimeter größer ist, fügt grinsend hinzu: "Der mittlere Häfner ist ein ganz Normaler." Der große und der kleine Häfner haben dagegen laut Eigendefinition "ein Stück weit die Bürgerlichkeit verlassen". Sie sind freischaffende Künstler. Seiteneinsteiger mit Sendungsbewusstsein.
Beide sind eigenwillig. Sehr leidenschaftlich. Ziemlich leidensfähig. Und faszinierend authentisch. Die "Brot hers in Art" sind Kennern der Szene längst ein Begriff.
Der Holzofen bollert. Der Duft von starkem Kaffee liegt in der Luft. Neben einem großen, rot-gelb-blauen Wandbild, halb Grafik, halb Gemälde, blickt ein riesiges, hölzernes Gesicht dem Besucher entgegen. Es ist aus jahrtausendealter Mooreiche geschnitzt. Johannes Häfners Atelier mitten in der Nürnberger Südstadt ist ein Dorado für Menschen, die Formen, Farben, Materialien und Symbole inspirieren. "Johannes ist ein Vollblutkünstler", sagt der kleine Bruder über den großen. "Wer solche Bilder malt" - Guido Häfner deutet auf eine Leinwand, die vor Energie und Motivdichte fast zu bersten scheint - "der muss einen großen Intellekt haben."
Johannes Häfner erschafft mit Pinsel, Farbe, traditioneller Drucktechnik und modernen Grafikelementen vielschichtige Bilder und einzigartige Künstlerbücher. "Ich dagegen arbeite mit Kraft", sinniert Guido Häfner. "Jetzt simplifizierst Du", unterbricht ihn der Bruder. "Deine Skulpturen haben eine geniale, oft subtil-hinterfotzige Art. Auf den ersten Blick sehe ich etwas ganz anderes als auf den zweiten Blick."
In der Tat sollte man nicht unter Zeitdruck stehen, wenn man Guido Häfners Werkstatt besucht. Es gibt einfach zu viel zu entdecken und zu betrachten. Von Nürnberg sind es knapp 50 Kilometer Richtung Fränkische Schweiz, dann steht man vor dem Häfnerschen Elternhaus im oberfränkischen Schlaifhausen. Stählerne Monumente und hölzernen Skulpturen zieren den Außenbereich. In der Werkstatt hinterm Haus, ebenfalls per Bollerofen beheizt, lassen meterhohe Holz- und Stahlskulpturen, Kettensägenholzschnitte und ein Frauentorso aus lauter kleinen Metallplättchen in ihrer Mitte Platz für einen riesigen Foltertisch - jedenfalls mutet das stählerne Ungetüm mit den vielen Löchern genau so an. Guido Häfner erklärt: "Das ist ein tonnenschweres Schweißpult, ich nenne es Operationstisch. Hier schneide und schweiße ich den Stahl, hier kann ich ihn millimetergenau verspannen."
Viele Jahre lang haben die Häfner-Brüder verspannt und geschweißt, gemalt und gestaltet, ohne viel Ruhm und Geld zu ernten. Sie haben in ihrer Leidenschaft, ihrem Drang zum künstlerischen Schaffen, trotzdem nicht nachgelassen. "Bis man eine Nachfrage nach seinen Werken erzeugt, dauert es Jahre", zieht Johannes Häfner Bilanz. Mittlerweile zieren viele öffentliche Plätze und Gebäude in Deutschland Häfner-Skulpturen und -Bilder. Kunst-Aktionen, etwa in Dubai oder Taiwan, haben die Brüder auch international bekannt gemacht.
Wie ist das geglückt? "Ein Patentrezept gibt es nicht. Aber man wird dadurch besser, dass man sich fordert, seine Arbeiten mit anderen messen lässt", findet Johannes Häfner. "Man muss mutig bleiben und sich immer wieder dem Wettbewerb stellen." Aktuell befinden sich die Häfner-Brüder in der Hochphase vor der internationalen Messe für Klassische Moderne und Gegenwartskunst, der "art Karlsruhe". "Mitte Februar werden wir dort deutlich sehen, was wir wert sind."
Die Brüder sind sich einig: Es gibt Tage, an denen man nichts, gar nichts schafft. Und es gibt Tage, an denen man abends nicht aufhören kann, weil man einen echten "Flow" hat. Von zehn Kunstwerken, so schätzen die beiden, sind zwei ausstellungswürdig; der Rest "kann weg". Umsonst seien aber auch diese "Werke des Scheitern" nicht. Im Gegenteil: Scheitern gehöre essenziell zum Künstlerleben dazu: "Es zeigt einem, dass man nächstes Mal einen anderen Weg nehmen soll."
Was aber zeichnet ein gutes Kunstwerk aus? "Es genügt sich nicht nur selbst, sondern bildet für den Betrachter einen Rahmen, durch den er in eine andere Dimension blicken kann", versucht Guido Häfner eine Definition. Die Kunst an der Kunst sei es, jedem Werk ein Geheimnis zu lassen. "Ein Geheimnis, das die Fantasie des Betrachter entfesselt."
Bei Johannes Häfners aufwändig gestalteten Künstlerbüchern gelingt dies perfekt. Häfner kombiniert buchkünstlerische Traditionstechniken - unter anderem mit Hilfe verschiedener Handsatzschriften aus Blei und Holz, die er in jungen Jahren dem "Fränkischen Tag" abgekauft hat - mit computergestützten grafischen Experimenten. Die Bücher, die in limitierten Kleinstauflagen im Häfnerschen "ICHverlag" erscheinen, sind bibliophile Kunstwerke sowie Informations- und Meinungsmedien, denn Johannes Häfner scheut sich nicht, politisch Stellung zu beziehen. Titel wie "Ich bin ein Terrorist" oder "Die Lügen-Demokratie" sprechen für sich.
"Man hat als Künstler auch einen erzieherischen Auftrag", findet Guido Häfner. Dass dieser nicht spießig und abgehoben vollzogen werden muss, beweisen die Häfner-Brüder immer wieder, zum Beispiel in der weihnachtlichen "Himmelswerkstatt" Forchheim. Dort leiten sie Kinder an, selbst eine Kunstgrafik zu erschaffen. Denn eines ist den Häfners ganz wichtig: "Kunst ist etwas für jeden, der sich begeistern lässt, unabhängig vom gesellschaftlichen Status. Man kann auf ganz unterschiedlichen Wegen zur Kunst kommen." Johannes und Guido Häfner wissen, wovon sie reden. Immerhin wären sie fast mal Grafikdesigner und Berufsschullehrer geworden.
Infos/ Kontakt: Auf der "art Karlsruhe" sind Guido und Johannes Häfner vom 16. bis 19. Februar mit der Galerie Gaulin im Kunsthaus Lübeck (Stand-Nr. H1/V04) vertreten. Häfner-Homepage: www.brothersinart.de.