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Der Winter hat Bambergs Gärtner kalt erwischt


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Dienstag, 26. März 2013

Der Dauerfrost zwingt Bambergs Gärtnern einen ruinösen Wettbewerb mit Großmärkten auf. Auf den Feldern wächst so gut wie nichts, und auch der Absatz von Frühjahrsblumen stagniert.
Eine solch anhaltende Frostperiode hat der 74-jährige Pankraz Deuber noch nicht erlebt: Ende März präsentiert sich die Nordflur kahl wie im Dezember.   Fotos: Mathias Hoch


Es ist ein trauriges Bild. Bunte Blumen, die keiner will. Krokusse, Tulpen, Osterglocken, Narzissen. Kistenweise stehen sie bei der Hofstadt-Gärtnerei in der Heiliggrabstraße und warten auf Kunden. Doch die kommen nicht. Wer will schon seinen Garten oder das Grab der Familie mit bunten Frühjahrsblühern bestücken, wenn er einen Pickel bräuchte, um den Boden zu bearbeiten.



Eisiger Wind, anhaltender Sonnenmangel und nicht enden wollender Dauerfrost. Was schon den Verbrauchern wie eine schwer zu ertragenden Neuauflage des Winters zum Start in den kalendarischen Frühling vorkommt - für manchen Gärtner in Bamberg hat es existenzbedrohende Züge: "Bei uns im Hof stehen Pflanzen für tausende Euro. Sie müssten längst verkauft sein.

Doch die Kälte macht uns einen Strich durch die Rechnung."
Schon im September hat Carmen Dechant angefangen, die Frühjahrsblüher zu pflanzen.Unter Folie verbirgt sich in ihrer Gärtnerei ein Schatz von Blumen, doch jetzt muss sie erleben, wie Baumärkte die vorbestellten Pflanzen zu Dumpingpreisen auf den Markt werfen. Denn auch dort stagniert der Absatz, und die Treibhäuser müssen für den Sommerflor frei gemacht werden .

Eine Situation, die die Kleinen im Erwerbsgartenbau vor existenzielle Probleme stellt. "Auch wir müssen dann blutenden Herzens die Preise senken, selbst wenn wir es uns nicht leisten können", sagt Dechant. Was das Problem besonders ärgerlich macht: Nicht wenige Kunden wünschen sich nach Ostern bereits wieder Sommerware. Doch damit kann ein Bamberger Gärtner nicht dienen.

Auch die hiesigen Gemüsebauern hat der Ausnahmewinter 2013 kalt erwischt. Pankraz Deuber, der in der Nordflur seit vielen Jahren unter anderem Salat, Rettich, Radieschen, Kohlrabi und Blumenkohl anbaut, schüttelt den Kopf: "Ich kann mich nicht erinnern, dass wir jemals eine so hartnäckige Frostphase erlebt hätten. Wir können seit Wochen nicht richtig arbeiten. Das ist deprimierend."

Ein Blick auf die Felder nördlich der Kronacher Straße bestätigt, dass die Gärtner nicht übertreiben. In normalen Jahren wären die feinkörnigen Bamberger Böden Ende März schon großflächig mit Gemüse bepflanzt. Heute präsentieren sie sich kahl wie im Dezember.

Wie viele Tage liegt die Natur zurück? Können das die Gärtner noch aufholen? Deuber spricht von mittlerweile vier Wochen Rückstand gegenüber einem normalen Jahr. Gut möglich, dass die Verluste nicht mehr auszugleichen sind. Wegen der nach wie vor drohenden Nachfröste trauen sich die Gärtner immer noch nicht, die jungen Pflanzen ins Freiland zu setzen. Viele sind längst überfällig.

Aus meteorologischer Sicht ist der Frust der Gärtner über die Witterung nachvollziehbar. Mindestens seit 1990 gab es in Bamberg keinen März mehr, der so ausdauernd frostig war. Mit 1,5 Grad im Monatsmittel der Lufttemperatur und mittlerweile 21 Frosttagen, also einem Tag mehr als im zurückliegenden Januar und Februar registriert wurden, ist er Welten vom Schnitt gewöhnlicher März-Monate entfernt. 2012 beispielsweise lagen die Temperaturen in Bamberg bei milden sieben Grad. Üblich sind etwa fünf.

Um dem Winter in die Parade zu fahren, müssen die Bamberger Gärtner heuer noch tiefer in die Trickkiste greifen als gewöhnlich. Hans-Jürgen Eichfelder etwa, der in Nord- und Südflur rund 23 Hektar Boden bebaut, pflanzt der Witterung zum Trotz seit Wochen Salat. Um die Pflänzchen vor dem extremen Frost zu bewahren, der am 14. März den rekordverdächtigen Wert von minus 16 Grad erreichte, müssen sie durch doppelte Lagen Vlies geschützt werden. Doch das kostet nicht nur Geld, das Aus- und Einpacken macht auch viel Arbeit. Ganz abgesehen davon, dass die Pflanzen auch unter dem Gewebe so gut wie nicht wachsen. "Die stehen da draußen wie im Kühlhaus", sagt Eichfelder.

Das gilt auch für den Spinat, der üblicherweise in der neunten Wochen in die Erde kommt. Auf die typische Osterspeise vom heimischen Freiland werden die Bamberger heuer wohl verzichten müssen. Der Spinat befindet sich noch in der Babyphase.

Was bleilbt den Gärtnern der Gärtnerstadt als auf das Ende eines Ausnahmewinters zu hoffen? Carmen Dechant setzt auch auf die Solidarität ihrer Mitbürger, die auch in Zukunft ein reichhaltiges Angebot aus der Heimat vorfinden möchten: "Jetzt können die Bamberger zeigen, wie wichtig ihnen die Gärtner sind. Wenn wir unser Sortiment nicht zu fairen Preisen verkaufen können, drohen Existenzen zu kollabieren..."