Brose-Ansiedlung: Bamberg musste sich anstrengen
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Sonntag, 26. Juni 2016
In Kürze wird das neue Brose-Verwaltungsgebäude offiziell eröffnet. Schon heute macht sich die Ansiedlung für den Wirtschaftsstandort positiv bemerkbar.
Es war eine blitzlichtumwitterte Unterschrift, die Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) und Michael Stoschek, der Vorsitzende der Brose-Gesellschafterversammlung, im Rathaus Maxplatz leisteten. Im Frühling 2012 wurde nach einer nicht öffentlichen Sitzung im Stadtrat der vertragliche Rahmen für die Ansiedlung der Brose-Unternehmensgruppe festgeklopft - ein auch aus Steuergeldern gefördertes Millionenpaket.
Vier Jahre später und wenige Tage vor der offiziellen Eröffnung der neuen Verwaltungsgebäude der Brose-Gruppe an der Breitenau sieht sich Andreas Starke in seiner positiven Einschätzung der Entwicklung bestätigt. Die Investition der Stadt habe sich gelohnt. "Wir spüren heute schon, dass die Brose-Ansiedlung Bamberg einen erheblichen Image- und Attraktivitätsgewinn beschert. Andere Firmen interessieren sich für die Stadt, die die einzige in Oberfranken ist, deren Einwohnerzahl wächst."
Thema für Immobilienmarkt
Auch auf dem Immobilienmarkt macht sich die Tatsache bemerkbar, dass an der Breitenau seit einiger Zeit bereits ein Probebetrieb läuft. Rund 600 Mitarbeiter aus Einkauf, Entwicklung, Elektronik und IT sind in dem transparenten Büro-Komplex an der Breitenau beschäftigt. Einschließlich des Standorts Hallstadt zählt Brose 2000 Mitarbeiter in der Region - und ist nach eigenen Angaben zweitgrößter Arbeitgeber. So stark ist die Strahlkraft des neuen "Edelsteins", wie Starke formuliert, dass sich einige Unternehmen bereits Sorgen darüber machen, dass viele junge Arbeitskräfte nach der Ausbildung zu den Platzhirschen Brose und Bosch wechseln. "Hier müssen wir sehen, dass wir eine vernünftige Balance bewahren", meint das Stadtoberhaupt.
Ansiedlung umstritten
Im Stadtrat war die Ansiedlung des Automobilzulieferers trotz aller Chancen auch umstritten: Dennoch leisteten am Ende alle den Eid, selbst die kritischen Bamberger Grünen. Heute sagt GAL-Fraktionschefin Ursula Sowa: "Dass die Stadt die Ansiedlung mit zwölf Millionen Euro finanzieren musste, war für uns eine Kröte, die wir aber im Interesse der hochqualifizierten und zukunftsgerichteten Arbeitsplätze in Forschung und Entwicklung geschluckt haben." Auch sie spricht mittlerweile von einem "Vorzeigeprojekt", das Bamberg gut zu Gesicht steht - nicht nur wegen der "eleganten Architektur". In der Tat waren die öffentlichen Vorleistungen für die Ansiedlung beträchtlich. Um Würzburg im Brose-Standortwettbewerb auszustechen, musste sich Bamberg erheblich "anstrengen", wie Brose-Boss Michael Stoschek selbst in einem FT-Interview formuliert hat. So wurden Millionen in die Ertüchtigung des Flugplatzes gesteckt, es wurde eine Starkstromleitung verbuddelt. Zwei Vereine und der Plärrer erhielten eine neue Heimat. Nicht zuletzt stand die mit Millionenaufwand errichtete Parkpalette im Weg.
Gute Ausbildungsperspektiven
Keine vier Jahre später ist dort, wo einst die Pendler parkten, das Verwaltungsgebäude der Brose-Gruppe in die Höhe gewachsen, ein weitläufiger Baukörper, der nach Meinung vieler nicht nur die Breitenau aufwertet, sondern den gesamten Osten der Stadt. Eine Woche vor der offiziellen Eröffnung freut sich Bambergs Oberbürgermeister: "Die Ansiedlung bietet hochqualifizierte Arbeitsplätze und eine hervorragende Ausbildungsperspektive für unsere Jugend." Er ist überzeugt, dass die öffentlichen Investitionen "gut angelegtes Geld waren" und sich schon bald über die Gewerbesteuer auch in der Stadtkasse bemerkbar machen.
Freilich: Angesichts der Bewegung in der Automobilzulieferindustrie kann derzeit im Rathaus niemand eine Einschätzung wagen, wann die ersten Brose-Millionen die seit Jahren nach unten zeigenden Gewerbesteuereinnahmen Bambergs tatsächlich auffrischen. Auch in der Kämmerei war zuletzt häufiger von Ausfällen bei Bamberger Großunternehmen die Rede als von üppigem Geldsegen.
Angesichts des "eklatanten Problems auf der Einnahmenseite" empfiehlt der Präsident der IHK für Oberfranken, Heribert Trunk, der Stadt Bamberg sich mehr als bisher für den Wohnungsbau zu engagieren. Denn die Masse der Steuereinnahmen werde am Wohnsitz der Beschäftigten wirksam.