Druckartikel: "Der Mensch Luther fasziniert mich"

"Der Mensch Luther fasziniert mich"


Autor: Marion Krüger-Hundrup

Coburg, Samstag, 13. Mai 2017

Die Landesausstellung präsentiert nicht nur die Veste Coburg als authentischen Spielort, sondern auch die St.Moriz-Kirche im Stadtzentrum.
Reformationsbotschafter Günter Wolf ist von Martin Luther - hier dessen Büste in der St. Moriz-Kirche - fasziniert. Foto: Marion Krüger-Hundrup


E igentlich braucht Günter Wolf das blaue Ringheft mit seinen Notizen über die evangelisch-lutherische St. Moriz-Kirche gar nicht mehr. Denn der 61-jährige Coburger hat das von ihm ausgearbeitete Führungskonzept intus: "Leben zwischen Angst und Suchen" titelt die eine Luther-Story, "Eine Kerze im Wind der Zeit" die andere. Was sich hinter diesen Überschriften verbirgt, fasst Günter Wolf so zusammen: "Der Mensch Martin Luther fasziniert mich." Und diese Faszination möchte er als sogenannter Reformationsbotschafter den Besuchern dieses Originalschauplatzes vermitteln.
Rund 40 Ehrenamtliche haben sich gründlich schulen lassen, um während der Bayerischen Landesausstellung 2017 "Ritter, Bauern, Lutheraner" im Spielort St. Moriz-Kirche Rede und Antwort zu stehen. Martin Luther hat 1530 nicht nur ein halbes Jahr lang auf der Veste Coburg gelebt, sondern auch sieben Mal in diesem spätmittelalterlichen Gotteshaus gepredigt.

Von der Kanzel im südlichen Kirchenschiff, die bei der Umgestaltung der Kirche um 1740 entfernt wurde. Überhaupt hat sich das Erscheinungsbild des Kircheninnenraums seit Luthers Zeiten verändert. Die letzte grundlegende Sanierung wurde erst 2016 abgeschlossen. Jetzt kann die spätgotische Hallenkirche mit dem einmaligen Herzogsgrabmal der Spätrenaissance und frühklassizistischen Einbauten des 18. Jahrhunderts in neuem Glanz bewundert werden.

Für die Landesausstellung sind Stellwände in Buchform mit informativen Texten und Fotos installiert. Diese Objekte in den Seitenschiffen stören keineswegs den Gesamteindruck des hellen Kirchenraums. Vielmehr laden sie dazu ein, sich mit der Rolle der lutherischen Kirche inmitten der Stadt Coburg zu beschäftigen. Da wird deutlich, dass die Reformation schon vor Luthers Aufenthalt Einzug in Coburg und im Coburger Land gehalten hat.

Die Pflege Coburg, so die historische Bezeichnung des ostfränkischen Territoriums, wurde als das "Schaufenster" Kursachsens nach Süden spätestens zu Anfang des dritten Jahrzehnts des 16. Jahrhunderts von der reformatorischen Bewegung erfasst. Dafür steht besonders der Pfarrer Balthasar Düring, der bereits 1522 in der Moriz-Kirche im Sinne Luthers predigte. Düring, dem eine Gedächtnistafel in dieser Kirche gewidmet ist, sorgte für eine evangelische Gottesdienstordnung, die der Rat der Stadt und die kurfürstlichen Verordneten am 12. Oktober 1524 einführten. Der Würzburger Bischof, der bisher für die Pflege Coburg verantwortlich war, protestierte dagegen, doch vergeblich.

Die Landgemeinden wandten sich ebenfalls der Reformation zu. Sie beriefen selbst evangelische Prediger. Die Klöster in Stadt und Land lösten sich entweder selbst oder durch Eingreifen der Obrigkeit auf. Gleichwohl verliefen die ersten Jahre der Reformation in der Pflege Coburg ruhig. Einen Bildersturm gab es nicht. Dafür wurden im Auftrag von Kurfürst Johann des Beständigen 1528/29 die Kirchengemeinden neu gegliedert sowie das Schul-, Armen- und Krankenwesen neu geordnet. Auch davon erzählen die Text- und Bildtafeln der Landesausstellung in der St. Moriz-Kirche.

Den zeitlichen Bogen in die Neuzeit spannen Informationen über die Ökumene nach der konfessionellen Spaltung. Deutlich wird, dass anders als die früheren Jubiläen das 500. Reformationsjubiläum 2017 ökumenisch geprägt ist. Farbfotos erinnern an den den Gottesdienst, den Papst Franziskus und der lutherische Weltbund am 31. Oktober 2016 im schwedischen Lund gemeinsam gefeiert haben. Der Kirchenkreis Bayreuth wird die Luther-Dekade am 31. Oktober 2017 auch ganz bewusst mit einem ökumenisch gehaltenen Kirchenkreis-Kirchentag beschließen.

Wenn Ausstellungsbesucher Muße mitbringen, können sie an einer Hörstation den Reichtum evangelischer Kirchenmusik erleben: Luther-Sound vom Feinsten bis hin zu "Ein feste Burg ist unser Gott". Wer außerhalb der Gottesdienstzeiten Glück hat, kann auch die Orgel mit all ihren Registern brausen hören.
Reformationsbotschafter Günter Wolf bietet einen weiteren Hörgenuss: original Luther-Zitate, die sich im Sprachgebrauch bis heute gehalten haben. Auch diese Wortgewalt fasziniert den Botschafter, der respektvoll auf die Luther-Büste in der Morizkirche zeigt. Schließlich sind auch die Coburger Predigten des Reformators weitgehend erhalten. Martin Luther beschäftigte sich etwa mit der Aufgabe des Menschen, Christus nachzufolgen. Nicht durch eigene Werke, sondern dank göttlicher Gnade könne der Mensch Erlösung von seinen Sünden erlangen. Und kein Stand sei dem anderen vorzuziehen, keiner sei "heiliger" als der andere, ob Knecht oder Magd, Rat oder Kanzler: "Darum denke daran, Du Rat, dass Du nicht darum am Hof bist, dass Du Wein saufen sollst. Bist Du ein Kanzler, ein Schreiber...tu, was Dir zusteht, willig und treu, so wirst Du es auch genießen."
Alle Menschen sind vor Gott gleich. Das war - damals wie heute - Sprengstoff. In der St.Moriz-Kirche lässt sich darüber nachdenken. Und wer sich dann zu Fuß auf den steilen Weg zur Veste Coburg macht - zum Hauptakteur der Landesausstellung - bekommt förmlich Flügel.

Info:Kostenlose Führungen für Einzelpersonen in der St. Moriz-Kirche (Pfarrgasse 7) durch Reformationsbotschafter beginnen täglich um 10 Uhr (außer sonntags) und um 14 Uhr. Mittagsgebete werden Montag bis Freitag um 12 Uhr im Chorraum gehalten.Sonntag um 10 Uhr Gottesdienst.