Der Lösung auf der Spur: Bambergs Kripo hat das Auge fürs Detail
Autor: Stephan Großmann
Bamberg, Freitag, 22. Februar 2019
Ganz so wild wie im neuesten Franken-Tatort (24. Februar im "Ersten") geht es bei den oberfränkischen Ermittlern selten zu. Ein Besuch bei den Profis der echten Spurensicherung in Bamberg lohnt sich aber. Spannendes erleben sie genug.
Den Hauptteil seiner Arbeit erledigt Stefan Wiesmann am Schreibtisch. Aber wenn der 58-Jährige gemeinsam mit seinen Kollegen ausrückt, geht es ans Eingemachte. Mordfälle sind in der heimischen Gegend zum Glück selten, hauptsächlich kümmern sich die Beamten um Einbrüche und Körperverletzungen. Spannend und mitunter aufwühlende allemal. Wo immer die Kriminalpolizei nach Spuren sucht und nach Beweisen fahndet, kommt die Abteilung K 7 des Kriminalhauptkommissars Wiesmann ins Spiel: die Spurensicherung. Oder kurz: Spusi.
Trotz Vollzeitstelle im Tatortbusiness genießt er hin und wieder die beliebte TV-Krimiserie im Ersten. Vor allem, weil seine Frau großer Fan ist, wie er sagt. Aber: "Die Tatort-Krimis im Fernsehen sind reine Unterhaltung, das dürfen wir nicht vergessen", sagt Wiesmann. Zwar laufe einiges im Vergleich zur Realität schon sehr ähnlich ab. Die Produktionsfirmen lassen sich seit Jahren von erfahrenen Kriminalern beraten. Aber einiges in der "Tatort"-Welt lässt ihn auch heute noch schmunzeln.
Lohnt sich der neue Franken-Tatort: "Ein Tag wie jeder andere"? Wir haben ihn schon gesehen
Etwa, wenn Ermittler mit gezogener Waffe kurz vor Mitternacht alleine in Lagerhallen rennen. Oder wenn der Bildschirm-Kommissar aufgeregt am abgesperrten Tatort herumstiefelt, alles hektisch durcheinander bringt und plötzlich doch die entscheidende Patronenhülse aus der Rückwand des Kleiderschrankes zieht - zur Verblüffung der Spurenexperten vor Ort. Auch die oft skurril überzeichneten, mental angeschlagenen Charaktere findet er übertrieben. "In der Realität arbeiten bei der Kripo psychisch gefestigte Menschen."
Wenn Wiesmann und seine Kollegen gerufen werden, rücken sie meist in größeren Teams aus. 14 Leute zählt die Bamberger K 7. Spektakuläre Fälle waren jüngst der Einbruch in einem Bamberger Juwelier und der Mord in einer Asylunterkunft in Unterleiterbach. Nachdem der Tatort ausreichend gesichert ist, suchen sie nach Spuren. Finden sie welche, müssen sie diese vermessen, fotografieren und einzeln verpacken. Eine peinlich genau geführte Spurenliste hilft bei der Dokumentation. "Es ist eine sehr akribische Arbeit", erklärt Wiesmann. Kein Wunder: Die Qualität ihrer Arbeit nimmt großen Einfluss auf den Ausgang etwaiger Gerichtsverfahren.
Manchmal gleicht die Spurensicherung der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Um auf keinen Fall selbst Spuren zu hinterlassen, schlüpfen die Profis in die aus der Filmwelt bekannten weißen Anzüge und streifen (meist sogar zwei Paar) Gummihandschuhe über. Denn an den Tatorten gibt es sowieso schon unzählige Spuren zu entdecken. Manche sind relevant, dann gibt es sogenannte Trugspuren und wieder andere werden absichtlich falsch gelegt. "Wir müssen alle beurteilen." Haben sie alles beisammen, schicken sie die Spuren zur wissenschaftlichen Analyse zum Landeskriminalamt nach München. Oder zu den Kollegen des Rechtsmedizinischen Instituts in Erlangen. Zwar gibt es auch in Bamberg ein Labor, aber darin werden die Spuren nur sichtbar gemacht.
Franken-Tatort: Eli Wasserscheid und Andreas Leopold Schadt im InterviewOft finden sie Fasern, Schuhabdrücke und Werkzeuge. All die Funde machen in der Regel weitere Ermittlungen nötig. Als Glücksfall für die Beamten stellen sich meistens Fingerabdrücke, sogenannte daktyloskopische Spuren, und DNA-Spuren heraus. "Die können einen Täter individuell überführen", sagt Wiesmann. Die Untersuchungsmethoden werden immer feiner, meint er. "Es ist also für einen Täter nicht leicht, Spuren zu vermeiden." Die Aufklärungsquote vor allem bei Mord ist sehr hoch. Das war nicht immer so. In den Archiven von Polizei und Staatsanwaltschaft findet sich manch ungelöster Fall. Einige werden neu aufgerollt, manchmal gibt es doch noch einen späten Erfolg.
Aber selbst nach Lösung eines Falls kann sich Wiesmanns K7 selten entspannt zurücklehnen. Der nächste Tatort wartet. Dass die Spurensicherer wohl nie eine Hauptrolle im kultigen Fernsehkrimi bekommen werden, "einfach, weil man die Darsteller in den weißen Anzügen gar nicht erkennen würde", stört ihn nicht. Er freut sich darüber, dass er zumindest am Sonntagabend nicht selbst zum Tatort gerufen wird. Außer, das Diensthandy klingelt plötzlich...