Vier Millionen Menschen demonstrierten weltweit in 161 Ländern für den Klimaschutz. In Bamberg war es die größte Kundgebung seit langem.
Langsam schreitet der schwarze Holzsarg mit seinen sechs Trägerinnen nach vorne. Ein Blumenstrauß ziert den Deckel. Im Hintergrund läuten die Glocken der Kirchen. Ein junger Mann hält das Bild der Verstorbenen in den Händen: Mutter Erde. In Schwarz-Weiß. Es ist die Beerdigung ihrer Zukunft. Und zu ihrem Begräbnis haben sich allein in Bamberg 3500 Trauergäste versammelt, welche vom Bahnhofsvorplatz bis zum Maxplatz zogen.
In der Hauptwachstraße geht ein älterer Mann auf den Trauerzug zu und fragt, ob die Schülerinnen wieder aus dem Urlaub zurückgeflogen seien. Die Trägerinnen bleiben ruhig. Solche Provokationen hätten sie öfters erlebt, als sie zu diesem dritten weltweiten Klimastreik aufgerufen haben. "Ihr habt kein Recht die Erde zu zerstören!" schallt es von den Fassaden. Auch wenn die Sonne strahlt, macht der Trauerflor eins klar: Die Lage ist ernst.
Bei den ersten Demonstrationen in der Weltkulturerbestadt wurde noch eine aufgeblasene Weltkugel verspielt von einem Teil der Demo zum anderen gestoßen. Damals gingen gut 1000 jungen Menschen, zumeist Schüler und Studierende auf die Straßen. Debatten ums Schule-Schwänzen, wechselten mit Lobhudeleien von Seiten der Politik. Das ist gerademal ein halbes Jahr her. Nun ist die Woche gekommen, in welcher sich die weltweite Fridays-for-Future-Bewegung nicht länger mit dem Abwarten abfinden möchte, sondern endlich Ergebnisse sehen will. Am selben Tag legt nämlich die Bundesregierung ihr Klimapaket vor, damit Deutschland seine Ziele in Sachen Treibhausgasausstoß wenigstens noch bis 2030 einhalten kann. Und am heutigen Montag tritt die UN zu einer Krisensitzung zum Klimaschutz zusammen, um einen Weg zu finden, die Erderwärmung doch noch auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Eine schwierige Aufgabe, bevor das Klima in einer sich selbstverstärkenden Spirale zunehmend außer Kontrolle gerät.
Mehr Wissenschaftler und Ältere
"Wer glaubt, dass wir die Klimakrise allein durch technischen Fortschritt lösen können, hat den Blick für die Realität verloren", meint Michael Lorenz in seiner Rede auf dem proppenvollen Maxplatz. Der Naturwissenschaftler ist Teil der 25 000 Forscher, welche als "Scientists for Future" der jungen Klimabewegung den Rücken stärkt. Während auf der einen Seite der Welt Menschen in bitterer Armut lebten, genössen die anderen das Privileg, "Konsumjunkies" zu sein, welche die Meere vermüllen, meint Lorenz. Nichtsdestotrotz sieht er eine Chance, dass es mit der Menschheit nach vorne geht. Der wichtigste Schritt? "Fangen wir endlich an, unser eigenes Handeln zu überdenken!", fordert Lorenz.
Anders als bei den vorangegangenen Streiks sind wesentlich mehr Erwachsene unter den Demoteilnehmern. Die Flaggen bekannter Umweltorganisationen und Protestgruppen wehen neben denen der Gewerkschaften. Allein das Meer aus Fahnen und bunten Transparenten, Schildern und Bannern zeigt, wie die Bewegung gewachsen ist. Auch die Stadtspitze und der Landrat haben sich dazugesellt. Die städtischen Mitarbeiter konnten sich freistellen lassen.
Erzbischof lässt Glocken läuten
Für Erzbischof Ludwig Schick ist das Anliegen der jungen Klimakämpferinnen und Klimakämpfer wichtig und er stellt sich hinter sie. Als Zeichen lässt als er die Glocken aller Kirchen zur Mittagszeit läuten. "Auch der Papst hat den Klimaschutz als wichtiges Element zur Bewahrung der Schöpfung erkannt", schildert Leonhard Waldmüller, Klimaschutzmanager des Erzbistums, die Situation. Und die Bischöfe folgten dieser Erkenntnis.
"Ich bin hier, weil ich Teil von einem großen Ganzen sein will", erklärt die 19-jährige Julia Wippich. Zusammen mit ihrer gleichaltrigen Freundin Soya Then ist sie das zweite Mal auf einer Klimademo: "Es ist wichtig, nicht zu Hause auf dem Sofa zu sitzen und zu meckern. Man muss Gesicht zeigen!". Jeder kleine Schritt sei wichtig. Ein älterer Mann schaut sich das Geschehen schweigend an und meint: "Hier demonstrieren gar nicht die Menschen, die von den Maßnahmen betroffen sind."