Der erste Coronafall im Bamberger Ankerzentrum
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Dienstag, 31. März 2020
Das positive Testergebnis einer Bewohnerin des Ankerzentrums wirft die Frage auf, welche Vorkehrungen in der Massenunterkunft gegen Infektionsfälle getroffen werden
Anfang der Woche weckte eine Nachricht aus dem unterfränkischen Geldersheim auch in Bamberg schlimme Befürchtungen. Im Nachbarbezirk war die gesamte Aufnahmeeinrichtung mit über 600 Bewohnern nach dem positiven Testergebnis von sieben Bewohnern vom Gesundheitsamt unter Quarantäne gestellt worden.
Droht ein solches Szenario nun auch in Bamberg? Nur kurz nach der Abriegelung der Geldersheimer Massenunterkunft hat die Regierung von Oberfranken am Mittwoch auch in Bamberg den ersten Infektionsfall bestätigt. Eine junge Frau aus Schwarzafrika wurde in der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken (AEO) positiv getestet.
Doch noch gibt es keinen Grund zur Besorgnis. In der größten Stadt Oberfrankens leben zur Zeit 1244 Flüchtlinge verteilt auf über 20 Wohnblocks - neben gut 300 Behördenmitarbeitern und Security-Kräften. Anders als in Geldersheim, wo die Tore seit diesem Wochenende verschlossen sind, dürfen die Bamberger Flüchtlinge die Einrichtung weiter verlassen, um einzukaufen und spazieren zu gehen. Auch für sie gelten die gleichen gesetzlichen Vorgaben wie für alle, unter anderem für den Mindestabstand.
Drei Kontaktpersonen
Grund für die zurückhaltende Regelung in der Bamberger AEO: Die betroffene Frau war ein so genannter Neuzugang. Sie hatte nur mit drei Personen einen laut Regierung "relevanten Kontakt". Die Frau wurde nun zusammen mit diesen Personen in einem Quarantänebereich untergebracht und von den anderen Bewohnern getrennt. "Sie wird dort mit Lebensmitteln und anderen notwendigen Dingen versorgt", teilt Alexa Buckler, Sprecherin der Regierung von Oberfranken, mit. Es bestehe enger Austausch mit den zuständigen Gesundheitsbehörden. Die infizierte Person zeige keine Symptome. Sie soll nach dem Ablauf von 14 Tagen erneut auf Corona getestet werden.
Das Vorkommnis wirft Fragen auf: Wie geht man in dem Flüchtlingslager mit dem gewachsenen Infektionsrisiko um? Was passiert in den Unterkünften, was in der Kantine? Noch vor wenigen Tagen hatte Landtagsabgeordnete Ursula Sowa (Grüne) von "gefährlichen Missständen in der Massenunterkunft am Stadtrand" gesprochen. "Wie will man die Abstandsregeln und umfassenden Hygienemaßnahmen überhaupt umsetzen?" fragte Sowa. Ihre Forderung: "Das System Massenunterkünfte muss umgehend abgeschafft werden."
Glaubt man den Behörden, dann sind diese Ängste unbegründet. Wie es seitens der Regierung heißt, wurde Anfang März ein Maßnahmenpaket umgesetzt. Dazu gehört laut Buckler, dass alle Neuzugänge rückwirkend bis Januar systematisch getestet werden. Mittlerweile seien auf diese Weise 178 Bewohner überprüft worden. Bis auf einen Test verliefen alle negativ, das heißt die Getesteten waren gesund. Bis zum Vorliegen der Testergebnisse werden die Neuankömmlinge zudem in einem überwachten Transitbereich untergebracht, der überwacht werde und nicht verlassen werden dürfe.
Kommt es bei den Essensausgaben für 1244 Menschen zu Gedränge? Auch hier könnten sich Menschen anstecken, fürchten Flüchtlingshelfer wie Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Mit dem Betrieb einer Mensa verstoße der Freistaat zudem gegen seine eigene Verordnung.