"Den schlag ich tot!"
Autor: Udo Güldner
Bamberg, Montag, 01. Juli 2019
Nach einer Schlägerei mit gefährlicher Körperverletzung kommt ein Sechzigjähriger vor dem Amtsgericht Bamberg noch relativ glimpflich davon.
Mit einem Jahr und drei Monaten Freiheitsstrafe zur Bewährung für eine gefährliche Körperverletzung, eine Bedrohung und eine Beleidigung ist ein 60-jähriger Arbeitsloser aus dem Landkreis Bamberg vor dem Amtsgericht noch ganz gut weggekommen. Der Angeklagte kam wohl nur deshalb nicht ins Gefängnis, damit er seinem Opfer die versprochenen 5000 Euro Schmerzensgeld zahlen kann - in monatlichen Raten à 20 Euro.
Zehn Jahre ist alles gut gegangen. Peter N. (Name geändert) ist nicht auffällig geworden. Keine Diebstähle und Sachbeschädigungen mehr, um an einige Flaschen Schnaps zu kommen. Die hatte es im Jahrzehnt zuvor haufenweise gegeben. Vielleicht ist der inzwischen 60-jährige Arbeitslose auch müde geworden. Nicht aber nüchtern. "Ich trinke jeden Abend vier Bier." Sonst hätte es den Vorfall am 28. September 2018 wohl nicht gegeben.
Damals ist Peter N. am frühen Abend unterwegs. Mit rund 1,8 Promille Alkohol im Blut. Auf dem Bahnhofsvorplatz gerät er mit seinem späteren Opfer aneinander. "Wegen einer Lappalie - es ging um eine Frau", so Rainer Werthmann, der Rechtsanwalt des Opfers. Peter N. lässt sich provozieren. Es kommt zum Streit, erst nur mit Worten, dann auch mit Taten. Die übliche Schubserei nimmt ihren Lauf. Plötzlich liegt Peter N. im Gebüsch. Verletzt hat er sich dabei nicht, nur sein Stolz hat Schaden genommen. Es dauert einige Zeit, bis sich Peter N. wieder aufrappeln kann.
Erst jetzt wird es gefährlich. Denn Peter N. hat noch immer seine Bierflasche zur Hand, inzwischen geleert. Die kommt nun zum Einsatz. Ohne Rücksicht auf die Folgen schlägt Peter N. seinem Widersacher damit ins Gesicht. Es kommt zu schlimmen Verletzungen, unter deren Folgen das Opfer heute noch leidet. Die Zahnprothese des Gegenübers geht dabei zu Bruch, drei Stiftzähne, die das künstliche Gebiss gehalten haben, brechen ab. Sein Mandant könne seither nicht mehr richtig essen, so Rechtsanwalt Werthmann. "Er ist Handwerker. Wenn die Kollegen ihr Leberkäsbrötchen essen, dann muss er zuschauen." Zudem brach bei der Auseinandersetzung das Nasenbein so unglücklich, dass noch in zwei Monaten eine weitere Operation ansteht. Er habe Probleme mit der Nasenatmung und ganz erhebliche Einbußen in Sachen Lebensqualität.
Anschließend gehen beide Streithähne erst einmal zu Boden. Dort wird heftig weiter gerangelt und geschlagen. Dabei geht auch die Bierflasche kaputt, deren Scherben wohl noch für eine Schnittverletzung am Hals des Opfers sorgen. Ganz klären lässt sich das angesichts der aufgeheizten Stimmung am Bahnhofsvorplatz nicht mehr.
Wie aufgebracht Peter N. ist, bekommen die angerückten Polizeibeamten zu hören, die ihn nach Leibeskräften wegzerren müssen. "Den schlag ich tot", heißt die erste Bedrohung. Und selbst auf dem Weg in den Streifenwagen ruft er noch ein "Wenn ich den noch mal sehe, mach ich den kalt. Den wenn ich erwisch, dann knallt's!" hinterher. Selbst in der Arrestzelle auf der Polizeiwache, derweil ist eine Stunde vergangen, hat sich Peter N. noch immer nicht unter Kontrolle. Als eine Polizistin kommt, um ihn zu befragen, schlägt ihr nur ein derbe Beleidigung entgegen.
Zivilrechtlicher Vergleich
"Der Angeklagte war sichtlich überrascht und schockiert, als er von den Verletzungen hörte", so Pflichtverteidiger Andreas Dräger (Strullendorf). "Er meinte nur: Scheiße, was ist denn da passiert." Vor Strafrichterin Christine Schäl räumt Peter N. alles ein, entschuldigt sich. Es kommt zu einem zivilrechtlichen Vergleich, der das Strafmaß nach unten drückt. Peter N. verspricht, seinem Opfer 5000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen. Da er derzeit kein Einkommen hat und erst Hartz 4 beantragen muss, liegen die monatlichen Raten bei 20 Euro. "Dann müssen Sie halt auf das eine oder andere Bier verzichten", so Nebenklägervertreter Werthmann.