Dem Biber auf den Zahn fühlen
Autor: Sebastian Schanz
Litzendorf, Sonntag, 16. Dezember 2018
Mehr als 800 Biber leben im Landkreis Bamberg. Langsam, aber sicher sind alle Bachläufe besetzt - für Gemeinden, Bauern und Behörden eine Herausforderung.
In Bamberg hätte er vor zwei Jahren beinahe die Regnitz umgeleitet und die Altstadt geflutet - und auch im Landkreis nagt er an den Nerven von Bauern und Bürgermeistern: der Biber. Die Rückkehr des fränkischen Ureinwohners ist aus ökologischer Sicht eine große Erfolgsgeschichte. Seine jahrtausendelange Erfahrung in der Umgestaltung von Bachläufen stellt seine menschlichen Nachbarn jedoch regelmäßig vor Herausforderungen.
Das zeigt sich eindrucksvoll östlich von Litzendorf. Dort hat der Biber den Ellernbach nach seinem Gusto gestaltet. Gleich mehrere Dämme stauen das Wasser auf - denn darauf legt der Nager größten Wert: Die Zugänge zu seinen Erdhöhlen müssen stets unter Wasser liegen. So hat der Biber keine natürlichen Feinde zu fürchten.
So mancher Litzendorfer Bauer würde ihm aber wohl gerne die Zähne ziehen. Der Ellernbach läuft in Regenzeiten über seine Ufer und überschwemmt die Äcker. "80 Prozent macht er gut, 20 Prozent macht er Unfug", sagt Jürgen Vollmer dazu. Der Biberberater im Auftrag des Landkreises steht bis zu den Knöcheln im Matsch und deutet auf die Dämme und auf ein Loch im Boden: Immer wieder bricht unter der Last der landwirtschaftlichen Maschinen ein Erdtunnel ein.
"Bayern ist das einzige Bundesland, in dem es keine zehn Meter breite Zone rechts und links der Gewässer gibt, die nicht beackert wird", erklärt Vollmer. 90 Prozent der gesamten Biberschäden entstünden in eben diesen Zonen, argumentiert er für eine solche Regelung, die Bauernvertreter freilich kritisch sehen.
Selbstjustiz auf dem Acker
"Wir hätten den Biber nicht gebraucht in unserer dicht besiedelten Landschaft", macht Kreisobmann Edgar Böhmer keinen Hehl aus seiner Meinung. Biberschäden werden im Freistaat aus dem Biberfonds entschädigt. Erfahrungsgemäß würden rund 80 Prozent der Einbußen ausgeglichen, erklären die Biberberater.
Manchem Landwirt reicht das nicht. Er übt sich in Selbstjustiz - und entfernt Biberdämme eigenmächtig. Doch davor warnen Vollmer und seine Kollegen. "Einen Biberbau zu zerstören ist kein Kavaliersdelikt", betont Jürgen Reinwald, Fachbereichsleiter für Umweltschutz am Landratsamt. Vielmehr handele es sich dabei um eine Ordnungswidrigkeit, die nach dem Bundesnaturschutzgesetz mit einer Geldbuße von bis zu 50 000 Euro oder bei vorsätzlichem Handeln sogar mit Freiheitsentzug von bis zu fünf Jahren geahndet werden könne. Außerdem lasse sich ein Biber auf diese Weise eh nicht vertreiben.
"Wenn Bauern ein Problem mit einem Damm haben, sollten sie sich bei uns melden. Dann finden wir schon eine Lösung", erklärt Biberberater Stephan Salzbrenner und zeigt eine andere heikle Biberstelle. Am Ellernbach weiter flussaufwärts bei Lohndorf hat die Gemeinde enorme Kosten und Mühen mit überfluteten Feldern. Hier bauen Gemeindearbeiter gegen den Biber an. Ein nahezu aussichtsloser Wettstreit, denn das Tier kennt weder Feierabende noch Wochenenden.