Debatte wegen Job-Regelung für Flüchtlinge: "Jammern auf hohem Niveau"
Autor: Christian Pack
Bamberg, Dienstag, 16. August 2016
Die Arbeitssuche für Asylbewerber wird erleichtert. In einigen Bezirken Frankens gilt die Neuerung nicht. Einige Politiker haben dafür kein Verständnis.
Für Christiane Laaser von der Bamberger GAL-Fraktion ist die Änderung bei der sogenannten Vorrangprüfung eigentlich eine gute Sache. Eigentlich. Denn die Neu-Regelung im Zuge des Integrationsgesetzes gilt für Teile Bayerns nicht. "Die Staatsregierung untersagt es elf Bezirken mit einer Arbeitslosenquote größer als drei Prozent, die Vorrangprüfung abzuschaffen. Bayern jammert auf hohem Niveau", ärgert sich das Mitglied des Flüchtlingshilfevereins "Freund statt fremd".
Worum geht es? Um ihnen den Weg zu einer Beschäftigung zu erleichtern, wurde die Vorrangprüfung bei der Beschäftigung von Flüchtlingen mit guter Bleibeperspektive für die Dauer von drei Jahren ausgesetzt. Bisher musste bei einer Job-Möglichkeit zum einen die Ausländerbehörde zustimmen.
Diese Prüfung fällt nun bundesweit in den meisten Arbeitsagenturbezirken weg. Nur 23 von 156 sind davon ausgenommen. In Bayern, so ein Sprecher des bayerischen Staatsministeriums, orientiere man sich dabei konkret an der Durchschnittsarbeitslosenquote von 3,6 Prozent für das Jahr 2015. Sprich: Der Bezirk, der darüber lag, muss weiter prüfen.
"Unsinn ein Ende machen"
In Franken gilt dies in den Bezirken Bamberg-Coburg, Fürth und Nürnberg. Hier sollen die angespannten Arbeitsmärkte nicht zusätzlich belastet werden. Christiane Laaser findet jedoch, dass die Vorrangprüfung zusätzlichen bürokratischen Aufwand bedeute und Geld kostet.
Die bayerische Wirtschaft und die Politik sei gefordert, "diesem Unsinn ein Ende zu machen". Unterstützung erhält Laaser von Jonas Merzbacher. Bei den derzeitigen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt - gerade auch in Bayern - mache es Sinn, die Vorrangprüfung auszusetzen, so der SPD-Vorsitzende des Bezirks Bamberg-Forchheim. Der Zugang zum Arbeitsmarkt dürfe nicht von Hürden, sondern müsse von Chancen geprägt sein. "Die Staatsregierung wird die Realität an dieser Stelle überholen. Die Vorrangprüfung erzielt ihren Nutzen nicht und kostet viel", sagt der Bürgermeister von Gundelsheim im Landkreis Bamberg.
Grüne: Qualifikationen der Bewerber entscheidend
Ähnlich sieht das der Sprecher der Grünen in Bayern, Thomas Rose.
"Angesichts des boomenden Arbeitsmarkts mit 100 000 offenen Stellen in Bayern halten wir es für falsch, Menschen das Arbeiten zu verbieten, die dann auf Sozialhilfe angewiesen sind." Es sei "befremdlich", wenn von 23 Bezirken in ganz Bayern gleich elf wieder ausgenommen werden. "Aus unserer Sicht könnte die Vorrangprüfung auch hier ausgesetzt werden." Denn dies bedeute nicht automatisch, dass ein Asylbewerber den ausgeschriebenen Job bekommt. "Nach wie vor sind die Qualifikationen der Bewerber dafür entscheidend."
AfD: Aussagen typisch für Vertreter der "Willkommenskultur"
Die Alternative für Deutschland (AfD) sieht die Neuverordnung kritisch. Wie bisher sollten inländische Arbeitnehmer bei der Besetzung von offenen Stellen bevorzugt werden, betont der stellvertretende Landesvorsitzende der AfD-Bayern, Ralf Steinmeier.
"Durch die neue Verordnung ist zu befürchten, dass es zu einem Verdrängungswettbewerb im Niedriglohnsektor kommt."Die Aussagen von Christiane Laaser seien typisch für eine Vertreterin der "Willkommenskultur" wie es die Politiker der GAL und der Grünen seien. "Ohne die wirtschaftspolitischen Folgen der neuen Verordnung zu bedenken, werden aus rein politischem Kalkül die bayerischen Behörden kritisiert."
Die Gesetzeslage - und wo die Vorrangprüfung weiterhin gilt
Flüchtlinge, über deren Antrag auf humanitären Schutz noch nicht entschieden wurde, haben nach drei Monaten grundsätzlich Zugang zum Arbeitsmarkt.
Bisher wurde seitens der Bundesagentur für Arbeit generell zuvor geprüft, ob Bewerber mit deutschem oder EU-Pass für die Beschäftigung zur Verfügung stehen (Vorrangprüfung) und die Flüchtlinge nicht "zu ungünstigeren Bedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer" beschäftigt werden (Prüfung der Beschäftigungsbedingungen). Die Änderung bei der sogenannten Vorrangprüfung gilt nicht für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten. Sie müssen während des gesamten Asylverfahrens in Aufnahmeeinrichtungen bleiben und unterliegen damit einem Beschäftigungsverbot.Die 23 Agenturbezirke, in denen weiterhin innerhalb der ersten fünfzehn Monate des Aufenthalts eine Vorrangprüfung durchgeführt wird, befinden sich in Bayern (Aschaffenburg, Bayreuth-Hof, Bamberg-Coburg, Fürth, Nürnberg, Schweinfurt, Weiden, Augsburg, München, Passau, Traunstein), in Nordrhein-Westfalen (Bochum, Dortmund, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Oberhausen, Recklinghausen) sowie in Mecklenburg-Vorpommern. Dieses Bundesland wurde vollständig ausgenommen.