Debatte um Fenster für St. Elisabeth: austauschen oder vorblenden?
Autor: Jutta Behr-Groh
Bamberg, Mittwoch, 11. Januar 2017
Eine Bamberger Kirche bekommt farbenprächtige Fenster, entworfen von "Maler-Fürst" Markus Lüpertz. Nun wird um die Art des Einbaus gestritten.
Zumindest darin sind sich die streitenden Parteien einig: Die Fenster, die Markus Lüpertz für die Kirche St. Elisabeth im Sand entworfen hat (oben), werden das Augenmerk von Kunstfreunden aus aller Welt auf Bamberg richten. Und Lüpertz' "Predigt aus Glas" - den Begriff hat Pfarrer Hans Lyer geprägt - wird ein Gotteshaus in den Blickpunkt rücken, das bis jetzt im Schatten des Domes und anderer, wertvoller ausgestalteter Bamberger Kirchen steht.
Obwohl das erste der acht Künstler-Fenster noch dieses Jahr installiert werden soll, sind sich die Beteiligten uneins, wie dies geschehen soll. Blendet man sie im Innenraum vor die alten Fenster oder setzt man sie anstelle der vorhandenen ein? Um diese Frage wird seit geraumer Zeit hinten den Kulissen gerungen und gestritten.
Die Stadt - Eigentümerin der 1803 säkularisierten Kirche - beharrt darauf, dass die alten Fenster an Ort und Stelle bleiben. So war es von Anfang an vereinbart. Das belegen Protokolle über mehrere Gesprächsrunden seit 2014. Auch die Sprecher der Fenster-Initiative gingen anfangs davon, dass die Lüpertz-Fenster vorgeblendet werden sollten.
Inzwischen treten sie für einen Austausch der Fenster ein. Nur so werde die Glaskunst des international bekannten Malers optimal zur Geltung kommen. Zu Fürsprechern dieser Lösung haben sich vor allem die beiden Bamberger Architekten Birgit Dietz und Christoph Gatz gemacht. Sie führen mehrere Gründe an. Das Wabenmuster der vorhandenen Fenster würde - je nach Lichteinfall - an den weißen Stellen der Lüpertz-Fenster durchscheinen.
Eine "Doppelverglasung" würde die Strahlkraft der Farben beeinträchtigen. Und: Man würde die Kunstwerke von außen kaum wahrnehmen. Ein weiteres Argument, das sie ins Feld führen: Angeblich fordern erste Sponsoren ihr Geld für den Fall zurück , dass die Künstler-Fenster nur vorgeblendet werden. Das 450 000 Euro teure Projekt finanziert sich ausschließlich durch Spenden.
Das Umdenken in der Initiative hat bei den Verantwortlichen in der Stadtverwaltung vor allem eines ausgelöst: Unmut. Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) spricht von einem "merkwürdigen Gebaren". Er zeigt kein Verständnis dafür, dass die bisherige Abmachung nicht mehr gelten soll. "Ohne diese Regelung hätte es auch nicht meine Bereitschaft gegeben, Schirmherr zu werden," so Starke. (Weiterer Schirmherr für das Vorhaben ist Erzbischof Ludwig Schick.)
Die Künstler-Fenster vorzublenden sei von Anfang an die "Geschäftsgrundlage" gewesen, betont der Projektkoordinator, Kulturreferent Bürgermeister Christian Lange (CSU). Finanzreferent Bertram Felix, dem in seiner Eigenschaft als städtischer Stiftungsreferent so etwas wie die Bauherren-Funktion für St. Elisabeth zukommt, lehnt eine andere Lösung aus einem weiteren Grund ab: Er weist darauf hin, dass die Fenster erst kürzlich für einen fünfstelligen Betrag restauriert wurden.
Die Entscheidung dazu sei während der Generalsanierung der Kirche gefallen und nach Rücksprache mit Gatz von der Fenster-Initiative. Der Austausch der Fenster sei bis dahin kein Thema gewesen. Felix wie Lange berufen sich zudem auf die Denkmalpflege. Die lege angeblich Wert auf den Erhalt der Fenster.
Eine Nachfrage der Lokalredaktion beim Landesamt für Denkmalpflege (LfD) ergab, dass ein Austausch der Fenster keineswegs ein Tabu ist. Landesamts-Sprecherin Dorothee Ott äußerte nach Rücksprache mit der zuständigen Referentin aus Schloss Seehof keine grundsätzlichen Bedenken, "wenn der historische Bestand beim Austausch nicht beschädigt wird".
Christoph Gatz bestätigt die Chronologie, wie sie seitens der Stadt berichtet wird. Tatsächlich seien er und alle Mitstreiter längere Zeit von der Vorblend-Lösung ausgegangen. Im Lauf des Prozesses habe sich aber herausgestellt, dass es die zweitbeste Lösung wäre, mit "furchtbaren ästhetischen Konsequenzen". Deshalb setze er sich jetzt dafür ein, die alten Fenster zu entfernen. Das wäre, sagt er, die beste Lösung.
Der Architekt wünschte sich, dass darüber stressfrei diskutiert würde. Am Ende, so seine Prophezeiung, würden alle, auch die Verantwortlichen im Rathaus, am Ergebnis gemessen.
Und was sagen Glasfenster-Experten zu der Streitfrage? Ihre Antwort ist eindeutig: Das Vorblenden wäre technisch möglich, aber "eine schlechte Lösung". Es wäre "nichts Halbes und nichts Ganzes", so Glasmalermeister Roland Prahl von der Derix Glasstudios GmbH in Taunusstein auf Anfrage. Das Unternehmen arbeitet eng mit Lüpertz zusammen und wird auch dessen Entwürfe für Bamber realisieren.
Prahl ist nach eigenen Worten der für Lüpertz-Entwürfe zuständige Projektleiter bei Derix. Einer Doppelverglasung steht der Fachmann kritisch gegenüber, sofern die zweite Schicht gemustert ist wie im konkreten Fall. Je nach Lichteinfall werde das Sechseckmuster durchkommen, warnt er. Das werde die Wirkung der Farben und Darstellungen schmälern. Nach Prahls Auskunft bedürfen die Künstler-Fenster keiner Schutzverglasung. Sie erfüllten alle an ein Fenster zu stellenden Anforderungen.