Datenverkehr: Alle Wege führen nach Bamberg
Autor: Sebastian Schanz
Bamberg, Sonntag, 07. Oktober 2018
Die Telekom kontrolliert vom Standort an der Memmelsdorfer Straße aus den Datenverkehr auf der deutschen Glasfaser-Autobahn. 160 Mitarbeiter sorgen im Netzwerk-Management-Zentrum dafür, dass es darauf zu keinen Staus kommt.
Der Kontrollraum erinnert an die Nasa. Nur der Countdown fehlt. Stattdessen zeigen die Bildschirme der Computerspezialisten unzählige Zahlen und Daten, Graphen und Messpegel - das deutsche Internet auf einer Großleinwand. Alle Informationen laufen im Netzwerk-Management-Zentrum (NMC) der Telekom zusammen, in einem speziell abgesicherten Gebäude an der Memmelsdorfer Straße in Bamberg.
"Wir überwachen an 365 Tagen rund um die Uhr alle physikalischen Fest- und Mobilfunknetze der deutschen Telekom", erklärt der Leiter, Ralf Acker, Chef von 160 Mitarbeitern. Ein zweites solches Zentrum in Bonn managt die Mobilfunkdaten und den Down- und Upload der Privatkunden. Bamberg kümmert sich um die "dicken Leitungen", die Backbones, das Rückgrat des deutschen Internets.
Viele Knotenpunkte
"Es gibt nicht das Internet an sich", erklärt Harald Metzner, Leiter für IT-Backbone in Bamberg. Das deutsche Netz habe zu viele Knotenpunkte und zu viele Aufhängungen, um es abzuschalten - anders als in anderen Ländern dieser Erde, was sich mancher Machthaber bereits zu Nutze gemacht hat. Selbst wenn das Bamberger Kontrollzentrum zusammen mit ein paar Knotenpunkten ausfallen würde, würden die Daten sich andere Wege suchen, versichert Metzner und deutet auf die riesige Kontrollwand. "Das Internet in Deutschland würde auch ohne uns weiterlaufen." Falle ein Router aus, springe ein anderer ein.
Das Netz heilt sich selbst
"Selbstheilendes Netz" nennen das die Fachleute. Doch die digitalen Selbstheilungskräfte geraten an Grenzen, wenn reale Leitungen durchtrennt werden. Auf den Anzeigeschirmen der Kontrolleure erscheinen Router, die ungewöhnlich hohe Datenvolumen übertragen. Das kann ein Hinweis für eine Störung sein. Fällt eine Start-End-Verbindung aus, müssen die defekten Leitungen lokalisiert werden. Dafür hat jedes Glasfaserkabel eine eigene Prüfader, mit deren Hilfe das Leck geortet werden kann. Verknüpft mit den Plänen für den Breitbandausbau weiß der Techniker, wo er suchen muss.
Zum Schutz vor Sabotage gelten strenge Sicherheitsregeln. Das Innerste des NMC wäre ein Eldorado für Hacker. "Wir haben ein physikalisch getrenntes Netz zur Steuerung der Wartung und Aufrechterhaltung des Internets", erklärt Acker. Jeder Mitarbeiter wird einem Sicherheitstest unterzogen. Das Gebäude ist speziell geschützt. Die Software wird durch eine hauseigene Sicherheitsabteilung abgeschirmt. "Ziel ist es, Störungen im Netz zu erkennen, bevor der Kunde es merkt", lautet der Anspruch im NMC.
Nicht erkannt wird laut Acker, was über die Glasfaser- und Kupferleitungen hin und hergeschickt wird. Der Inhalt der Übertragungen wird laut Telekom nicht ersichtlich, nur die Datenmenge.
Die variiert je nach Tageszeit. "Deutschland geht um 23 Uhr ins Bett", scherzt Metzner und deutet wieder auf die Kontrollwand, wo sich die Graphen und Datenpegel nach oben und unten bewegen. Anhand der Auslastung der Router sehen die Techniker, wie sich das Nutzerverhalten ändert. In der Mittagspause nimmt die Telefonzeit ab und die mobilen Daten steigen an. Bei Fußballspielen gehen in den Pausen die Datenströme nach oben. "Am meisten Belastung ist üblicherweise an Silvester", sagt Metzner.