"Das sind unsere Freunde!"
Autor: Marion Krüger-Hundrup
Bamberg, Mittwoch, 01. Februar 2017
Der Verein "Zukunft für Menschen in Südindien" zieht nach seiner jüngsten Reise Bilanz.
Für Walter Ries steht fest: "Wir bringen nicht einfach Geld nach Südindien und gehen dann wieder weg. Wir bekommen Freundschaft, Dankbarkeit, Kultur zurück!" Der Stegauracher Pfarrer und frühere Seelsorger von Gundelsheim fügt denn auch hinzu: "Das sind unsere Freunde!"
Freunde auf Augenhöhe, die der von ihm ins Leben gerufene Verein "Zukunft für Menschen in Südindien" im Laufe der vergangenen Jahre auf dem fernen Subkontinent gewonnen hat. Mit dazu beigetragen hat der indische Partner Pater Jeremias George, der den Stegaurachern und Gundelsheimern durch seine Besuche bestens bekannt ist. "Jeremias ist in der Diözese Kottar im Bundesstaat Tamil Nadu gut vernetzt und garantiert den zweckgebundenen Einsatz unserer Spendengelder", haben sich Ries und eine Reisegruppe jüngst vor Ort überzeugt.
Daheim angekommen, zieht er eine Bilanz der bisherigen Südindienhilfe, die sich sehen lassen kann: Jährlich kommen rund 230 000 Euro Spenden zusammen. Inzwischen gibt es 1000 Kinderpatenschaften: Franken ermöglichen mit zehn Euro im Monat ihrem jeweiligen Patenkind den Schulbesuch, decken die Kosten für Lernmaterial und Schuluniformen und unterstützen die Familie finanziell. Vier Euro ihrer monatlichen Spende fließen gesondert in Rücklagen für die spätere Berufsausbildung des Patenkindes. "Mit diesem Beitrag wird verhindert, dass ein weiteres Kind in Indien unter teils lebensgefährlichen Bedingungen arbeiten muss, um zur Familienversorgung beizutragen", weiß Ries.
300 Patenschaften für Senioren
Zu seiner Bilanz gehören auch 300 Patenschaften für Senioren, die bereits mit fünf Euro im Monat eine Grundversorgung und Bargeld bekommen. "Altersarmut ist nicht nur bei uns ein Thema", so der Pfarrer. Die finanzielle Schwäche der Familie treibe in Indien ältere Menschen auf die Straße, weg von ihren Familien, denen sie zur Last fallen: "Die Schicksale der Alten, die nicht in ihren Familien leben können, sind das Deprimierendste, Erschütterndste!" Umso froher habe ihn gestimmt, zu sehen, wie Senioren durch die Unterstützung des Südindienvereins förmlich aufblühen.Der Verein, der auch beim Hausbau für Bedürftige hilft, medizinische Projekte und Behinderteneinrichtungen fördert oder Toilettenanlagen in Schulen finanziert, hat sich nun einer neuen Aufgabe gestellt: nämlich die Ausbildung von jungen Frauen zur Krankenschwester in der St. Anthony Nursery School in Ammanathantarai/Colachel. In dieser Schule werden derzeit 70 Mädchen zwischen 18 und 22 Jahren aus ärmsten Verhältnissen in drei Jahren zur Krankenschwester und Hebamme ausgebildet. Ries spricht von einer "Jobgarantie" in diesen Berufen und davon, dass diese jungen Frauen durch die Selbständigkeit und Unabhängigkeit eine starke Stellung in der indischen Gesellschaft, aber auch in ihren Dörfern und Familien erhalten: "Oft erledigt sich das Mitgift-Thema, wenn die Mädchen einen eigenen Beruf haben und somit zum Familienunterhalt beitragen können", erklärt Ries.
"Wir fragen nicht nach der Religion
Bisher hat der Südindienverein für diese Ausbildung 25 Patenschaften à 60 Euro im Monat übernommen. "Wir hätten gern noch mehr", lässt Walter Ries werbend wissen. Zumal auch das Niveau der Nursery-School ein hohes sei, wie drei Ärztinnen, die zu seiner Reisegruppe zählten, bescheinigt hätten."Es ist eine Bereicherung des Lebens, Indien kennenlernen zu dürfen, punktuell helfen zu können und damit etwas zu erreichen", sagt auch Ries' Reisegefährte Andreas Höllein aus dem Vereinsvorstand. "Wir helfen Christen, Hindus, Muslimen, fragen nicht nach der Religion", fügt er hinzu. "Wir sind nicht die großen Geber von Oben", ergänzt Pfarrer Ries. "Wir sind eben Freunde!"