Klinikum Bamberg: Das Schaltjahr-Krankenhaus
Autor: Anna Lienhardt
Bamberg, Sonntag, 28. Februar 2016
Auch ein Gebäude kann nur alle vier Jahre Geburtstag haben: Am 29. Februar vor 32 Jahren zogen Krankenhaus und Frauenklinik an den Bruderwald.
Regina Welter passiert es regelmäßig, dass ihr Wildfremde zum Geburtstag gratulieren. Doch wenn man das erste Baby im neuen Bamberger Klinikum am Bruderwald war, kann das schon mal vorkommen. Heute, am 29. Februar, dem klassischen Schalttag, feiert sie ihren 32. Geburtstag. Gut möglich, dass auch diesmal jemand anruft, den sie nicht sofort zuordnen kann: "Das erste Kind im neuen Klinikum - da wissen schon ein paar Leute meinen Geburtstag", sagt Welter und lacht.
Sie erblickte just an jenem Tag das Licht der Welt, als ein Großumzug abgeschlossen wurde: Das alte Krankenhaus aus der Sandstraße und die damalige Frauenklinik am Markusplatz zogen zusammen in die nagelneuen Bettentürme am Bruderwald. Für 350 Millionen Deutsche Mark wurde das Haus mit 833 Betten errichtet und ersetzte damit den Vorgänger im Sand, der stolze 200 Jahre alt war. Brigitte Dippold, Sprecherin der Sozialstiftung - die das Klinikum betreibt - bringt ein Zitat des Mundartdichters Gerhard Krischker an: "Unsä alds Kranknhaus - a Krankheit!"
Viele Betten in einem Raum
Es habe noch Sechs- bis Acht-Bett-Zimmer gegeben, so Dippold; Detlev Pehle, heute stellvertretender Pflegedirektor, erinnert sich sogar noch an Säle mit zwölf bis 14 Betten. Er sagt: "Der Umzug in das neue Haus mit moderner Struktur war ein Quantensprung." Pehle machte die Gründung der Sozialstiftung im Jahr 2004 mit und das Entstehen der ersten medizinischen Versorgungszentren (MVZ) mit. Er stellt mit Blick auf die vergangenen 32 Jahre fest: Der medizinische Fortschritt spiegelt sich in der Versorgung wider. Die immer größere Spezialisierung habe zu neuen Strukturen geführt. Von der Akutmedizin bis zur Rehabilitation könne man die Patienten versorgen.Oder wie es Brigitte Dippold formuliert: "Der größte Unterschied zu vor 32 Jahren besteht darin, dass aus einem kommunalen Akutkrankenhaus mit einigen Fachabteilungen ein Gesundheitsunternehmen geworden ist, das eine nahtlose Versorgungs- und Behandlungskette anbietet."
Stichwort "Unternehmen": Mit der Gründung der Sozialstiftung wurden die Servicegesellschaften aufgebaut. Was das in der Praxis bedeutet, erklärt Gertrud Weisel - 1984 war sie Hauswirtschaftsleitung in der alten Frauenklinik am Markusplatz, heute hat sie den Posten im Klinikum am Michelsberg und im Seniorenzentrum inne. "Früher war die Reinigung an einen Dienstleister vergeben, dessen Arbeit ich überwacht habe. Dann wurden plötzlich wir zum Dienstleister: Die Sozialstiftung ist unser Kunde."
Der Arbeitsalltag sei geprägt durch den Servicegedanken, die Dienstleistungen und ein anspruchsvolles Qualitätsmanagement. Weisel spricht von zu überprüfenden Prozessabläufen, Dokumentationspflicht und Schulungen. "Heutzutage gibt es ständig Veränderungen, das war in den ersten 15 Jahren anders." Doch Gertrud Weisel macht die Veränderungen einfach mit. Sie arbeitet immer noch gerne beim Klinikum, spricht von Identifikation. "Ich bin mit dem Betrieb gewachsen."
Das sei für die heutige Zeit nicht mehr unbedingt typisch: Mitarbeiter würden häufiger den Arbeitgeber wechseln, weshalb die 55-Jährige in der "Mitarbeiterentwicklung" sehr gefordert sei. Ihre Leute sorgen für die Betten-Aufbereitung oder das Herrichten der Zimmer. "Wir putzen nicht, wir reinigen", betont sie.
Vor 32 Jahren hat sie sich auch schon mal als "Verkäuferin" erprobt: Nach dem großen Umzug im Februar '84 ist Weisel noch bis Mai in der alten Frauenklinik geblieben, um "alles zu verkaufen": Geschirr, Möbel, Dienstkleidung.
Als "Zivi" angefangen
Ihr Kollege Detlev Pehle, heute stellvertretender Pflegedirektor, hat im alten städtischen Krankenhaus in der Sandstraße als Zivildienstleistender angefangen. Er weiß: Früher lag der Patient durchschnittlich 15 Tage auf Station, heute sind es etwas mehr als sechs. Durch den medizinischen Fortschritt habe sich vieles verändert, doch für die rund 1300 Mitarbeiter in der Pflege gibt es nach wie vor genug zu tun. Krankenschwestern, Krankenpfleger und medizinische Fachangestellte - "unsere Disziplin ist mit allen anderen vernetzt", sagt Pehle.
Gertrud Weisel spricht auch bei der Hauswirtschaft von einer "Schnittstelle". Weitere wird es in Zukunft wohl auch im vergrößerten Klinikum am Bruderwald geben - dann, wenn der vierte Bettenturm gebaut wird. Brigitte Dippold merkt an: In diesem soll es dann maximal Zwei-Bett-Zimmer geben.