Das neue Rathaus für Bamberg ist umstritten
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Freitag, 23. Sept. 2016
Für ihren Abrissvorschlag erntet die CSU Spott bei der politischen Konkurrenz und Zustimmung in der Bevölkerung.
Der geplante Umbau des ehemaligen Kreiswehrersatzamtes stürzt den Stadtrat in eine ungewohnte Kontroverse. Der Stadt steht einer Art Rückwärtsdebatte bevor.
Zwar ist der Kauf des fünfgeschossigen Gebäudes zum Preis von 2,5 Millionen Euro längst vollzogen und ein Architekturbüro hat die Arbeiten bereits aufgenommen. Dennoch könnte es sein, dass nun alles neu aufgerollt wird. Bambergs CSU unter Führung von Helmut Müller jedenfalls wertet die Einschätzung der Regierung, die die Feriensenatsbeschlüsse für unwirksam erklärt hat, als einen persönlichen Erfolg. "Wir haben es erreicht, dass der Antrag nun wieder in den normalen Geschäftsgang geht", sagt Müller.
Freilich: Der Kurswechsel der größten Bamberger Stadtratsfraktion provoziert böse Kommentare bei der politischen Konkurrenz: "Nichts ist verlässlicher als der Zickzack-Kurs der CSU", höhnen Bambergs Grüne diese Woche auf ihrer Internetseite. Doch auch in der Sache schenken die Grünen den Schwarzen nichts. So weist Ursula Sowa darauf hin, dass zwischen dem letzten einstimmigen Beschluss im Stadtrat für die Vergabe der Architektenleistungen an das Büro Rebhan und der Feriensenatssitzung nur zwei Monate lagen. "Da wird flott entschieden, erst danach überlegt, das aber wieder nicht gemeinsam ... " Die CSU-Politik sei getrieben von populistischen Blitz-Impulsen und irrationalen Schnapsideen.
Mindestens so umstritten wie die Abrisspläne ist der Wunsch der Bamberger CSU, 200 Parkplätze auf dem Grundstück des Kreiswehrersatzamtes zu bauen. Nicht nur die Grünen lehnen dies als einen Rückfall "in die verkehrspolitische Steinzeit" ab, auch vom Koalitionspartner SPD kommt Gegenwind. "Mit der Bamberger SPD wird es keine 200 Parkplätze neben dem ZOB geben", stellt Heinz Kuntke klar.
So fragwürdig der Meinungsumschwung bei der CSU ist - er hat doch eine Welle der Sympathie ausgelöst. Nicht nur auf infranken.de hat sich in einer nicht repräsentativen Umfrage eine große Zahl von Befürwortern dafür ausgesprochen, sich durch Abriss von einem als Bausünde empfundenen Gebäude zu trennen. Auch in sozialen Netzwerken sprechen sich viele Bamberger gegen den millionenteueren Erhalt einer ungeliebten Immobilie aus.
Ähnlich hatte sich auch Bürger-Block-Chef Norbert Tscherner aus Kostengründen dafür ausgesprochen, das Bauwerk abzureißen und neu aufzubauen. Aber auch aus Sicht der GAL-Fraktion steht das so genannte Bürgerrathaus noch auf wackeligen Beinen. Peter Gack bemängelt, dass wichtige Voraussetzungen fehlen, um eine Entscheidung treffen zu können. Der haushaltspolitische Sprecher seiner Fraktion vermisst nach wie vor klare Aussagen darüber, welche Ämter mit wie vielen Mitarbeitern eigentlich ins neue Rathaus umziehen sollen und welche Raum- und Finanzeinsparungen dadurch zu erwarten seien. Auch die energetischen Folgekosten des neuen Rathauses seien unbekannt.
Bambergs OB Andreas Starke (SPD) verteidigt die Sanierungsentscheidung. Für ihn ist das neue Rathaus ein unverzichtbarer Baustein, etwa um die unvermeidliche und langwierige Sanierung von Schloss Geyerswörth, jetzt Sozialrathaus, leisten zu können. Auch soll geprüft werden, andere Ämter am ZOB zusammenzuführen, die jetzt noch in der Stadt verteilt sind. "Dieser Vorstoß ist nicht wirklich ernst gemeint", ist sein Fazit zum CSU-Abriss-Antrag.
Standpunkt des Autors:
Braucht Bamberg wirklich
ein weiteres Ämtergebäude?
Was bitteschön ist ein Bürgerrathaus? Kann es sein, dass es in dieser Stadt Rathäuser gibt, die nicht für den Bürger da sind, die nicht von ihm gewollt sind - und vor allem: die nicht von ihm finanziert werden?
Der beschönigende Zusatz vor dem sich selbst erklärenden Wort Rathaus steht im krassen Widerspruch zum sonstigen Informationsstand rund um ein Zehn-Millionen-Projekt. Die Beschlüsse sind gefällt, auch die Werbefloskel wirkt bereits. Aber es fehlt an der Grundvoraussetzung für das Vorhaben dieser Art - einem konkreten Konzept mit allen Folgekosten.
Das aber ist unverzichtbar, weil man nur so den sparsamen Umgang mit öffentlichen Geldern nachvollziehen kann. Und es gibt noch eine zweite Frage: Ist in einer Zeit mit großem Mangel an bezahlbaren Wohnungen, mit anstehenden Riesenaufgaben der Neubau eines Rathauses wirklich zwingend nötig?
Von einem "Bürger-Stadtrat" im Bürger-Rathaus mit Bürger-OB könnte man hier mehr Aufklärung erwarten. Bürger-Informationen so zu sagen.
