Druckartikel: Das Balkanzentrum in Bamberg füllt sich langsam

Das Balkanzentrum in Bamberg füllt sich langsam


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Freitag, 09. Oktober 2015

Rund 360 Menschen leben mittlerweile in der "Aufnahme- und Rückführungseinrichtung". Das Zentrum scheint seinen politischen Zweck zu erfüllen. 19 Personen wurden mittlerweile abgeschoben. 66 Menschen wollen freiwillig zurückreisen.
Mitte September zeigten sich Flüchtlinge im neuen Aufnahmezentrum in Bamberg noch demonstrativ zuversichtlich. Mittlerweile soll sich Ernüchterung breit gemacht haben.  Foto: Rinklef


Christiane Laaser hat es kommen sehen: "Die Stimmung ist denkbar schlecht. Es überwiegen Enttäuschung und Frustration." Die GAL-Stadträtin, Mitglied des Flüchtlingshilfevereins "Freund statt Fremd", hat in den letzten Tagen immer wieder ernüchternde Rückmeldungen bekommen. Mit dem Befinden vieler Menschen in der Mitte September eröffneten Aufnahme- und Rückführungseinrichtung (ARE II) im Bamberger Osten sei es nicht zum Besten bestellt.

Der Grund für den Stimmungswandel liegt auf der Hand und wird auch von den Behörden nicht bestritten. Laaser: "Es hat sich unter den dort lebenden Menschen herumgesprochen, dass es keine normale Flüchtlingsunterkunft ist, in der sie leben, sondern eine Einrichtung zum Zwecke der schnellen Abschiebung."
Dreieinhalb Wochen sind mittlerweile vergangen, seit die bayerische Sozialministerin Emilia Müller (CSU) das Quartier für bis zu 1500 Flüchtlinge unweit der Pödeldorfer Straße besucht und in Betrieb genommen hat. Mittlerweile leben rund 360Menschen hier, ausschließlich aus Balkanstaaten, die meisten von ihnen stammen aus dem Kosovo oder aus Albanien. Der Zustrom beginnt sich unzweifelhaft auch im Stadtbild bemerkbar zu machen. Die Flüchtlinge dürfen sich frei bewegen und machen sich auf den Weg, um Bamberg kennenzulernen, wie es bei der Polizei heißt.

Das politische Ziel, das die Staatsregierung mit der Rückführungseinrichtung verfolgt, ist immer noch umstritten, weil sie die Flüchtlinge mit geringer Bleibewahrscheinlichkeit von anderen trennt. Die Argumente dafür wiegen dennoch schwer: Das Zusammenlegen von allen an den Asylverfahren beteiligten Ämtern und Institutionen kann die Asylverfahren für Balkanflüchtlinge deutlich verkürzen.

2014 lag die Durchschnittsdauer zwischen Antrag und Entscheidung bundesweit noch bei sieben Monaten. 2015 ist man bei 5,3 Monaten angelangt. Wie lange ein Verfahren in Bamberg dauern wird? Darauf kann man beim Bundesamt für Migration derzeit keine Antwort geben. Die kleinste statistisch erfasste Einheit seien die Länder, heißt es auf unsere Frage. Immerhin: Bei der Eröffnung von ARE war gegenüber Emilia Müller davon die Rede gewesen, dass zwischen Antragstellung und Entscheidung künftig nur noch wenige Tage liegen würden.


19 Abschiebungen aus Bamberg

Fakt ist: Auch nach einer negativen Entscheidung folgen die Abschiebungen nicht auf den Fuß und sind mit hohem Personal- und Finanzaufwand verbunden, wie man bei der Bamberger Polizei weiß. Bei den 19 von Polizei und anderen Diensten begleiteten Abschiebungen, die aus dem Bamberger Balkanzentrum vorgenommen wurden, handelte es sich ausschließlich um den Rücktransport von Menschen, die bereits von anderen Unterkünften zugewiesen worden waren - so genannte Altfälle. Wegen der auch für die Beamten psychisch belastenden Aufgabe ist man bei der Bamberger Polizei heilfroh darüber, dass die Zahl der Menschen wächst, die sich die Rückreiseberatung zu Herzen nehmen und es nicht zur Abschiebung kommen lassen.

Laut Martin Steiner von der Regierung von Oberfranken haben sich von den Bewohnern von ARE bisher 66 Personen bereit erklärt, freiwillig zurückzureisen. Allerdings: Erst ein kleiner Teil ist tatsächlich ausgereist, und auch die erforderlichen Bestätigungen fehlen noch. "Wir können erst dann sicher sein, dass Deutschland verlassen wurde, wenn die Grenzübertrittsbescheinigung bei uns wieder eingegangen ist. Noch ist keine bei uns eingegangen", sagt Steiner.

Gab es bereits strafrechtliche Auffälligkeiten im Zusammenhang mit dem Zuzug von Flüchtlingen in Bamberg? Die Bamberger Polizei beobachtet die Lage mit großer Aufmerksamkeit und kann dank Unterstützung aus anderen Dienststellen mittlerweile auch verstärkt Streife fahren. Erfreulich: Grund zur Beunruhigung sieht der Leiter der Polizeiinspektion Bamberg-Stadt, Udo Skrzypczak, nicht. Eher im Gegenteil: "Es gab zwar bereits einige wenige Straftatsermittlungen, etwa wegen Diebstahls oder körperlicher Auseinandersetzungen. Doch insgesamt sind wir noch weit weg von dem, was wir befürchtet hatten."


Kripo ermittelt noch

Bislang nicht erhärtet haben sich auch Mutmaßungen, dass die Spuren einer versuchten Vergewaltigung Ende August in eine Bamberger Flüchtlingsunterkunft führen könnten. Die Vorwürfe richten sich gegen einen unbekannten etwa 15- bis 20-jährigen dunkelhäutigen Mann mit lockigen Haaren. Er sprach gebrochen Deutsch und soll versucht haben eine 47-jährige Frau zwischen Moos- und Starkenfeldstraße zu vergewaltigen. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren, heißt es bei der Polizeidirektion Bayreuth.