Druckartikel: Darum hat Kunigunde keinen Sportauspuff

Darum hat Kunigunde keinen Sportauspuff


Autor: Sabine Christofzik

Bamberg, Donnerstag, 12. Januar 2017

Was ist das goldene Objekt an der rechten Seite der Kunigundenstatue auf der Unteren Brücke in Bamberg?
Allzu lange strahlt die Pflugschar (links unten) noch nicht so deutlich gülden. Jetzt dürfte sie einigen Betrachtern mehr sofort ins Auge fallen - und Fragen zurücklassen.  Foto: Sabine Christofzik


Da schaut was unten raus. Die Sonne eines Januarmittags lässt es auffällig golden leuchten neben dem Gewandsaum der Kaiserin Kunigunde auf der Unteren Brücke. War das schon immer da, dieses Teil, das bei flüchtigem Hinschauen aussieht wie der Sportauspuff eines Autos? Und vor allem: Was ist es?

Hundert-, manchmal tausendfach am Tag wird sie angeschaut, die Statue der Bamberger Bistumsheiligen. Aber längst nicht jeder, der zu der Mitte des 18. Jahrhunderts entstandenen Sandsteinfigur aufschaut (seit 1989 eine Kopie, das Original befindet sich in der Jakobskirche) weiß mit allem, was er sieht, etwas anzufangen. Schließlich ist nicht immer ein Kunstführer bei der Hand.


Die Legende vom Gottesurteil

Aber fragen kann man jemanden. Christine Freise-Wonka zum Beispiel, die seit mehr als zwei Dutzend Jahren Touristen durch die Stadt führt. Nachhilfe ist schließlich keine Schande.

Schon am Telefon hat die Kunsthistorikerin das Rätsel gelöst: Es ist eine Pflugschar, die Bezug nimmt auf die Legende, dass die Kaiserin - des Ehebruchs bezichtigt - über mehrere dieser Eisenteile schreiten musste. Glühende Pflugscharen selbstverständlich. Da ihr das unversehrt gelungen sein soll, war der Vorwurf vom Tisch und ihre Unschuld und Jungfräulichkeit bewiesen. Hört sich gut an. Hat sich aber so wohl nicht zugetragen.

Mittlerweile vor dem Objekt stehend und die an neugierige Fragen gewöhnte Fachfrau neben sich, fasst man freilich nach: Moment, Jungfräulichkeit? Die Gute war doch verheiratet.


Nicht viel los auf dem Ehelager?

Das, so Christine Freise-Wonka, war das große Problem für Kunigunde und ihren Gatten Heinrich: Sie blieben ohne Nachkommen. Ein Umstand, der den Fortbestand einer Dynastie nicht gerade fördert. Auf dem Ehelager des Herrscherpaars soll sich wenig bis nichts abgespielt haben. "Und so wurde in alle Richtungen agiert, um die Kinderlosigkeit plausibel erscheinen zu lassen."

Mal war ein Eber schuld, der den Monarchen an einer entscheidenden Körperstelle verletzte, mal waren es die Sarazenen. Sogar der Erzengel Michael wurde bemüht, der Heinrich als Strafe für ein Fehlverhalten die Fruchtbarkeit genommen haben soll.

In diesen Kontext gehört auch die Pflugscharprobe. "Die Pflugschar ist ein Fruchtbarkeitssymbol. Das, was man hier als Öffnung sieht, ist der Teil des Werkzeugs, der am Holz befestigt war."