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"Cubaboarische" in Bamberg


Autor: Rudolf Görtler

Bamberg, Donnerstag, 28. April 2016

Die "Cubaboarischen" verschmelzen bayrische Blas- und kubanische Volksmusik.
Völkerverständigung durch Musik: Yinet Rojas Cardona und Leonhard Meixner spielen in Bamberg den Son. Fotos: Matthias Hoch


Dass da keine gewöhnliche Humtata-Kapelle auftreten würde, verriet die mit Instrumentarium vollgestopfte Bühne des Hegelsaals am Donnerstagabend. E-Kontrabass, akustische Gitarren, vor allem Perkussion jeder Form und Größe: Es war mehr zu erwarten als traditionelle bayrische Blasmusik. Dazu im Hintergrund Bilder von Stränden und Palmen - so sieht projizierte Sehnsucht an einem kalten fränkischen Frühlingsabend aus.
Doch gemach: Zuerst marschierten sie ganz traditionell ein, die sieben Mann aus Vagen im Mangfalltal, gleich neben dem Irschenberg. Und dann kam gleich das Alleinstellungsmerkmal dieser originellen "Cubaboarischen": Mit "Bienvenidos" (herzlich willkommen) begann ein gut zweistündiges Konzert in spanisch-bayrischem Kauderwelsch - erstaunlich, wie gut sich der weiche oberbayrische Dialekt nicht nur dem Blues und Rock, sondern auch Rumba und Son andient.

Denn diese karibischen Musikstile haben die Brüder Meixner, die den Kern der "Cubaboarischen" bilden, eher beiläufig im Urlaub auf Kuba kennen gelernt und sich dieses Idiom mit deutscher Gründlichkeit und auf erstaunlich perfekte Weise angeeignet. Zumindest instrumental ist kaum mehr ein Unterschied zwischen z. B. Sierra Maestra und den Meixner-Brüdern zu finden. Dass sie nicht das Sentiment des Buena Vista Social Club rüberbringen (können), ist verständlich und entschuldbar. Seit Ibrahim Ferrer, Compay Segundo und Mitstreiter durch Platte und Film 1996 weltberühmt wurden, wiegt man sich auch in Europa gern zu kubanischen Son- oder Salsa-Rhythmen. Freilich beeinflusste kubanische Musik als Mambo und Rumba bereits in den 1950ern stark Jazz und Tanzmusik.


Vollblutmusiker

Aber diesen perfekten Übergang von Zwiefachem und Landler in fließenden Son hat es auch in der fusionsversessenen Weltmusik-Szene noch nicht gegeben. Es stehen ja auch Vollblutmusiker auf der Bühne, bis auf den Junior Leonhard Meixner nicht mehr die Jüngsten, die z. B. Kirchenmusik, Posaune oder Jazz-Gitarre studiert haben. Eindeutig dominiert das kubanische Element an diesem Abend, wenn auch der "Alte Dessauer" mit Michael Mayer an der Solotrompete oder der schnelle "100 Galopp" urbayrischer Tradition verhaftet bleiben. Doch vier eben aus Kuba angereiste einheimische Musikerinnen und Musiker mit der auch optisch anmutigen, vortrefflich Gitarre spielenden Yinet Rojas Cardona verbündeten sich mit den Oberbayern, spielten auch mal zu zweit auf der Bühne einen Bolero - diese Musik kann auch süßlich sein.

Ansonsten promoteten die an etlichen Instrumenten firmen Vollprofis - Leonhard Meixner etwa kann neben Posaune auch die steirische Ziehharmonika - brav ihre neue CD und spielten Titel davon wie "Barfuaß durchn Schnee" oder "El Loco". Hits wie "Rehragout" oder "Eisenbahn" überzeugen nun nicht gerade durch textliche Brillanz, doch das tun die oft zweideutigen kubanischen Lieder auch nicht. Jodelnde Kubaner, karibische Bayern in Lederhosen: So ergibt sich eine Feel-good-Musik, der nur eines fehlt - eine Bühne im Freien und 30 Grad Celsius. Deshalb entwickelte sich die Stimmung im nüchternen Hegel-Saal etwas zäh.

Erst als der an Klarinette und Saxophonen brillierende Hans Förg bei einem Merengue-Titel am Schluss ein wunderbares Solo blies, erhoben sich die Zuhörer von den Plätzen. Schön wäre es gewesen, diese sympathische Band beim jüngsten Blues- und Jazzfestival auf dem Bamberger Maxplatz gehört zu haben. Bei 30 Grad plus.